Manchesters Fußballklubs:United verzückt, City vertröstet

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Mit Rückenwind gegen Wolfsburg: Manchester United ist mit Trainer van Gaal (rechts) und Zugang Bastian Schweinsteiger in der Liga Erster. (Foto: Carl Recine/Reuters)
  • Manchester United und Manchester City trennt in der Liga nur ein Punkt. Die Gemütslage könnte bei den Stadtrivalen jedoch nicht unterschiedlicher sein.
  • Das liegt an der Ausstrahlung der beiden Trainer Louis van Gaal und Manuel Pellegrini.
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Von Raphael Honigstein, London

Nur ein Punkt trennt aktuell Manchester United (16, Platz eins) und Manchester City (15, Platz zwei) an der Spitze der Premier League, das Torverhältnis der Lokalrivalen aus dem Nordwesten ist sogar identisch. Auch in der Champions League nehmen sich Rote und Hellblaue bisher nichts - die beiden Klubs sind mit jeweils null Zählern und mehr oder minder schmählichen 1:2-Niederlagen (gegen den PSV Eindhoven bzw. Juventus Turin) gestartet.

Den vielen Übereinstimmungen zum Trotz könnte die Atmosphäre in beiden Lagern vor den Spielen an diesem Mittwoch gegen die Bundesligisten Wolfsburg (United) und Mönchengladbach (City) aber kaum unterschiedlicher sein. Während bei City nach drei Niederlagen in Serie erneut über Mentalitätsprobleme im Kader und die grundsätzliche Eignung des farblosen chilenischen Trainers Manuel Pellegrini gegrübelt wird, hat es Louis van Gaal geschafft, den Rekordmeister wenigstens auf nationaler Ebene wieder ganz nach oben zu führen. United steht nach dem lockeren 3:0 gegen Abstiegskandidat Sunderland zum ersten Mal seit dem Abschied von Epochentrainer Sir Alex Ferguson im Mai 2013 an erster Stelle im Klassement.

Van Gaal überzeugt, Pellegrini verwirrt

Prompt hatte der kantige Niederländer van Gaal sogar warme Worte für einen Angestellten im Old Trafford übrig: "Ich habe zu dem Sicherheitsmann gesagt: 'Sie sind jetzt der Sicherheitsmann des Tabellenführers'", erzählte der 64-Jährige beschwingt, "das macht einen großen Unterschied, auch für ihn. Wir sind beide stolz." Auf der Insel findet man derart schrullig verpacktes Eigenlob einigermaßen bewundernswert, das grenzenlose Selbstvertrauen, das aus "LVG" spricht, wird von Fans und Berichterstattern gar als unverzichtbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Spitzentrainer-Karriere angesehen.

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Im Vergleich zu van Gaal, dem irgendwie lustigen Onkel mit dem Super-Ego, fällt der grau melierte Pellegrini mit Stehsatz-Analysen ("Müssen weiter hart arbeiten") in brüchigem Englisch stark ab. Der 62-Jährige gewann zwar 2014 die Meisterschaft, aber ihm fehlt das Temperament für große Gesten; bezeichnend war, dass nach dem jüngsten 1:4 bei den Tottenham Hotspur selbst ein seltener Wutausbruch unfreiwillig komisch in Kulanz mündete:

Pellegrini war im Stadion an der White Hart Lane beim Journalisten-Gespräch entrüstet in einen Korridor gestürmt, nachdem die Rede auf seine Passivität an der Seitenlinie gekommen war ("ob ich mich ärgere oder nicht ist nicht wichtig. Noch Fragen? Ok!"), musste aber nach kurzer Zeit umkehren, weil er sich in ein von den Spurs eingerichtetes Klassenzimmer für örtliche Schulkinder verirrt hatte. Pellegrini blieb auf dem Rückweg bei den verdutzten Reportern stehen und bot an, doch weiter "über Fußballdinge" zu reden, "aber nicht über Blödsinn". Die Szene erinnerte in Großbritannien an die Auftritte eines anderen Manuel: den tollpatschigen spanischen Kellner aus der BBC-Komödie "Fawlty Towers - Das verrückte Hotel".

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Das seit 2008 von Scheich Mansour aus Abu Dhabi betriebene ManCity hat in zwei Jahren unter Pellegrini zumindest zwei Mal die Gruppenphase in der Champions League überstanden, das war Vorgänger Roberto Mancini nicht gelungen. Pellegrinis Prophezeiung, wonach der Klub bald auch international so erfolgreich werde, wie es den Gesamtinvestitionen von rund 1,7 Milliarden Euro in sieben Jahren für Personal und Infrastruktur entspricht, wird aber skeptisch gesehen: "Unser Team verbessert sich jedes Jahr, das wird so weitergehen", sagte er, "ich bin überzeugt, dass wir zu einem wichtigen Team werden, das die Champions League gewinnt."

Ob Pellegrini dann noch auf der Bank sitzt? Sein Vertrag wurde bis 2017 verlängert, auch um Spekulationen um Pep Guardiola klein zu halten. Doch seine im Sommer für 192 Millionen Euro unter anderem mit Wolfsburgs Kevin De Bruyne verstärkte Auswahl präsentiert sich zurzeit abermals als Einzelkönner-Elf ohne inneren Zusammenhalt in der Defensive. Der fürs emotionale Binnenklima wichtige Kapitän Vincent Kompany wird in Gladbach wohl fehlen, sein Innenverteidiger-Kollege Eliaquim Mangala ist ebenfalls fraglich. All die imposante Muskelkraft und feine Kunst, die im Team steckt, kommt international selten zur Geltung, weil es kein ersichtliches Konzept für das Spiel ohne Ball gibt.

Manchester United macht's besser

Die Nachbarn von United wirken in dieser Hinsicht deutlich stabiler. Bastian Schweinsteiger (FC Bayern) und Morgan Schneiderlin (Southampton) wurden als neue Sechser mit Spielverständnis verpflichtet, zudem scheinen sich die Reds langsam mit der Arbeitsweise van Gaals anzufreunden. Unlängst hatte Kapitän Wayne Rooney im Auftrag der Mitspieler beim Trainer die ewig langen Taktikbesprechungen und positionellen Zwänge auf dem Platz moniert; van Gaal gab sich gesprächsbereit.

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Vor allem aber hat der 50 Millionen Euro teure Teenager Anthony Martial seit seiner Ankunft vom AS Monaco Tempo in das von vielen Pässen geprägte Angriffsspiel gebracht. Der 19 Jahre alte Stürmer bereitete ein Tor von Rooney gegen Sunderland vor und wurde von van Gaal als "einer der Gründe für den Sieg" gelobt.

United verbreitet zwar noch nicht wieder Angst und Schrecken, aber dafür immerhin ein bisschen Aufregung. Viel mehr wird angesichts der enttäuschenden Resultate der englischen Teams in Europa in den vergangenen Jahren gar nicht verlangt.

© SZ vom 30.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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