United schlägt City:Das Theater der Träume feiert wieder

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Bruno Fernandes (rechts) feiert das erste Tor mit Casemiro (links) und Antony. (Foto: PHIL NOBLE/REUTERS)

Manchester United besiegt Manchester City und rückt in der Tabelle bis auf einen Punkt an den Stadtrivalen heran. Hauptdarsteller sind Marcus Rashford - und Schiedsrichter Stuart Attwell, der eine umstrittene Abseitsentscheidung trifft.

Von Sven Haist, Manchester

Auf dem Weg zum Stadionausgang schubste Bruno Fernandes mit beiden Händen seinen Mitspieler Marcus Rashford nach vorn - und damit auf die Fans des Manchester United Football Club zu. Hinter Rashford, der etwas unfreiwillig der Aufforderung nachkam, allein in den Mittelpunkt zu treten, forderte Fernandes die Anhängerschaft mit schwingenden Armen zu Szenenapplaus auf. Immer wieder deutete er dabei auf seinen Teamkollegen. So wie man das etwa aus einem Theaterstück kennt, an dessen Ende der Hauptdarsteller oft mit Ovationen überschüttet wird. An dieser Assoziation kam man am Samstag fast nicht vorbei: Denn das Heimstadion von Manchester United wird im Volksmund ja auch Theater der Träume genannt ("Theatre of Dreams").

Im konkreten Fall hatte Rashford im 189. Manchester-Derby weder sich selbst noch einen anderen nachgespielt, sein Siegtor zum 2:1 für United gegen City in der 82. Spielminute war in jeder Hinsicht absolut echt. Ebenso wie die damit verbundenen Einträge in die Vereinschronik: Als erstem Spieler seit Cristiano Ronaldo im April 2008 gelang Rashford, 25, in sieben aufeinanderfolgenden Pflichtspielen jeweils ein Treffer für United. Zudem egalisierte das Eigengewächs den beachtlichen Rekord eines gewissen Dennis Viollet. Die Klublegende erzielte vor 64 Jahren in neun Pflichtspielen nacheinander ein Tor im heimischen Stadion Old Trafford.

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Die Freude bei Rashford kannte nach seinem Treffer auch deshalb nahezu keine Grenzen, weil er mehr oder weniger symbolisch stand für das Ende seiner Schaffenskrise in der vergangenen Saison - und darüber hinaus womöglich auch für das Ende der Talsohle seines Klubs. Nach seinem verschossenen Elfmeter für England im verlorenen Penaltyschießen des EM-Finales 2021 sah sich Rashford üblen Anfeindungen ausgesetzt. Sie setzten seinen Leistungen unweigerlich zu, worunter sein Verein in der Vorsaison ebenfalls massiv litt.

Zusammen haben sich beide, Rashford und Manchester United, unter dem seit Sommer amtierenden Trainer Erik ten Hag schrittweise berappelt. Der erste Heimerfolg über den Erzrivalen seit knapp drei Jahren brachte das nun zu Papier. Mit dem neunten Pflichtspielsieg in Serie rückte United in der Premier League bis auf einen Punkt an City heran. Die Stadtnachbarn führen das Verfolgerfeld hinter dem enteilten Tabellenführer Arsenal an, der am Sonntag bei Tottenham Hotspur zu Gast ist.

Marcus Rashford erzielt das zweite Tor für United. (Foto: PHIL NOBLE/REUTERS)

Für das erfolgsverwöhnte City ist die Niederlage der nächste Rückschlag, nachdem der Klub in dieser Woche überraschend schon das League-Cup-Viertelfinale verlor. Der Frust des Teams von Trainer Pep Guardiola entlud sich diesmal insbesondere am Schiedsrichter. Stuart Attwell erteilte dem Ausgleichstreffer für United durch Fernandes in der 78. Minute die Gültigkeit, obwohl sich Rashford bei einem für ihn gedachten Steilpass im Abseits befand und kurzzeitig sogar unmittelbar neben dem Ball herlief - bis er realisierte, dass sich der herbeieilende Fernandes in einer besseren und vor allem regelkonformen Position befindet. Im Regelwerk der International Football Association ist für diese Saison verankert, dass ein Spieler nur dann im Abseits steht, wenn er in einer solchen Situation entweder den Ball berührt oder die Gegner beeinträchtigt. Beides war in dieser Situation nicht der Fall, weshalb es vertretbar war, den Treffer zu geben.

Allerdings räumte selbst ten Hag ein, er wäre "nicht glücklich", ein solches Gegentor hinnehmen zu müssen. Er könne "die andere Seite" durchaus verstehen, weil es ein "verwirrender Moment" für die Abwehr gewesen sei. Citys Coach Pep Guardiola fand, Rashford habe sich "im Abseits" aufgehalten, weil er "unseren Torwart und unsere Verteidiger" irritiert hätte - weshalb das Tor aus seiner Sicht nicht hätte zählen dürfen. Trotz der strittigen Spielszene stellte sich jedoch die Frage, warum sich City in der Schlussphase nach dem herrlichen Führungstreffer durch Jack Grealish (1:0/60.) nicht viel weiter zurückzog. Denn den besten Vorstößen von United im Spiel gingen immerzu Steilpässe in die Tiefe voraus, denen vor allem Rashford mit seiner Schnelligkeit nachjagte. Auch das Siegtor folgte diesem Prinzip, wieder ließ sich City fast naiv auskontern.

Fernandes sagt, nun sei United ein "richtiges Team"

Uniteds Comeback hingegen unterstreicht den bisherigen Saisonverlauf. Erst vor drei Monaten musste der englische Rekordmeister in der Hinrunde gegen City ein chancenloses 3:6 über sich ergehen lassen. Seitdem hat sich der Verein bei nur einer Niederlage in 19 Pflichtspielen erstaunlich berappelt. Im Doppelinterview beim Sender "BT Sport" auf dem Spielfeld mit den beiden United-Torschützen schwärmte Fernandes unter dem Jubel der Zuschauer, dass man nun ein "richtiges Team" sei, das "hart" füreinander arbeite. In der Vergangenheit, gestand er, sei dies nicht immer der Fall gewesen, weil zu oft "jeder nur auf sich geschaut" hätte. Das Spiel sei daher durchaus ein "wenig speziell", ergänzte Rashford und kündigte für den weiteren Saisonverlauf an: "Alles ist möglich."

Dann machten sich beide zum Ausgang auf - und Marcus Rashford erhielt auf Aufforderung von Bruno Fernandes von den Fans jene Beifallsbekundungen, die einer großen Theateraufführung glichen.

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