Machtkampf in der Formel 1:Formel 1 auf Crashkurs

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Acht Rennställe wollen die Formel 1 verlassen und eine eigene Serie gründen. Die Fia lässt den Streit eskalieren. Rivalisierende Serien von Grand-Prix-Rennwagen wären indes kein Novum.

René Hofmann, Silverstone

Das Mitteilung der großen Rennställe, die in der Teamvereinigung Fota versammelt sind, klingt fatalistisch und endgültig: "Es wurde jedoch eindeutig, dass die Teams keine Kompromisse mehr eingehen können bei den fundamentalen Werten dieses Sports und haben deshalb ihre Anmeldung zur Weltmeisterschaft 2010 zurückgezogen. Diese Mannschaften haben keine andere Alternative, als eine eigene Meisterschaft vorzubereiten, welche die Werte der Teilnehmer und Partner widerspiegelt."

Zwei Ferrari-Autos fahren aus der Boxengasse. Womöglich verabschiedet sich der Rennstall von der Formel 1. (Foto: Foto: dpa)

Der Formel-1-WM in ihrer bisherigen Form droht das Ende. Seit Monaten tobt der Streit zwischen dem Automobilweltverband Fia und acht Teams, die derzeit in der Serie antreten. Die Rennställe Ferrari, McLaren-Mercedes, BMW-Sauber, Renault, Toyota, Red Bull, Toro Rosso und Brawn GP haben sich unter der Führung von Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo in der Formula One Teams Association (Fota) zusammengeschlossen.

Der Automobil-Weltverband Fia hat nach der Ausstiegsankündigung der acht Formel-1-Spitzenteams rechtliche Schritte gegen die Rennställe angekündigt. "Die Aktionen der Teamvereinigung Fota und im besonderen von Ferrari laufen auf ernsthafte Rechtsverletzungen hinaus", teilte der Verband am Freitag in einer Pressemitteilung mit. Dies habe die Prüfung durch die Anwälte des Dachverbands ergeben.

Aus Sicht der Fia verstoßen die Teams damit bewusst gegen vertragliche Verpflichtungen. Vor allem Ferrari breche rechtliche Auflagen. Zudem sei der Schritt der abtrünnigen Rennställe eine "erhebliche Verletzung des Wettbewerbsrechts", befand der Verband. "Die Fia wird ohne Verzug gerichtliche Schritte einleiten", hieß es in der Mitteilung. Neben der sofortigen Einleitung rechtlicher Schritte kündigte die Fia an, die Veröffentlichung der endgültigen Teilnehmerliste für 2010, die ursprünglich für Samstag vorgesehen war, auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Vorher müsse der Verband seine Rechte wahren.

In der Nacht zum Freitag kündigten die acht Teams an, die "Vorbereitungen einer neuen Meisterschaft" vorantreiben zu wollen. Der Ankündigung war ein vierstündiges Treffen der Fota-Vertreter in der Fabrik des Formel-1-Rennstalls von Renault in Enstone in Mittelengland vorausgegangen. Die Teams sind mit dem Reglement nicht einverstanden, das Fia-Präsident Max Mosley im kommenden Jahr in der Formel 1 einführen will. Dieses sieht vor, dass jedes Team pro Jahr nur noch gut 45 Millionen Euro für den Bau und Einsatz seiner zwei Prototypen-Rennwagen ausgeben darf.

Wer diese Budget-Deckelung ablehnt, muss drastische Einschränkung bei der Konstruktion der Autos hinnehmen. Die Fota-Teams lehnen diesen Ansatz ab. Ihr Argument: Das neue Reglement sei nicht transparent und würde der Fia zu viel Macht geben. Der Konflikt über dieses Thema hat sich seit September vergangenen Jahres aufgebaut. Alle acht Fota-Teams hatten sich zwar für die Fia-WM 2010 eingeschrieben, diese Meldung aber an Bedingungen geknüpft.

Auf der anderen Seite argumentieren der Weltverband und sein Präsident Max Mosley, dass es nicht angehen könne, dass die Teilnehmer die Regeln diktieren. Er war nicht von seiner Bedingung abgerückt, dass die Teams sich erst vorbehaltlos in die Starterliste für die Formel-1-Saison 2010 eintragen sollten, ehe über eine Lösung des Konflikts um die Budgetobergrenze von 45 Millionen Euro verhandelt werden könne.

Die Fia hatte den Rennställen bis zu diesem Freitag Zeit gegeben, die Bedingungen zurückzunehmen. Mit der Ankündigung einer Konkurrenz-Serie kamen die Fota-Teams einem Rauswurf zuvor. Die neue Serie solle "eine transparente Führung" und "ein einheitliches Reglement haben", kündigt die Fota in einem Statement an.

Außerdem nennt sie als Ziele: mehr Teilnehmer, mehr Rücksicht auf die Wünsche der Fans und geringere Eintrittspreise. Einen Namen hat das Projekt noch nicht. Bei einem ähnlichen Streit vor Jahren war eine "Formel gold" angedacht. Auf welchen Strecken die Konkurrenz-Serie antreten könnte, ist ebenfalls ungewiss.

Formel-1-Vermarkter Bernie Ecclestone befindet sich in einer starken Position: Mit den meisten Kursen, auf denen seine Serie fährt, hat er Exklusiv-Kontrakte. Die Fia, die seit Gründung der Formel-1-WM im Jahr 1950 als Regelhüter fungiert, reagierte auf die Ankündigung mit einer eigenen Erklärung: Man sei "enttäuscht", aber nicht "überrascht".

"Einige Elemente" der Fota, hätten von Anfang an nicht konstruktiv verhandelt, sondern bewusst den Bruch gesucht. Angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise könne der Verband es nicht erlauben, dass die Formel-1-WM weiter ein "finanzielles Wettrüsten" sei. Welche Teams 2010 in der Formel 1 antreten, will die FIA an diesem Samstag bekannt geben.

Von den bisherigen haben sich lediglich Williams und Force India bedingungslos eingeschrieben, beide Rennställe drohen nun aber, ihre Motoren-Partner Toyota und Mercedes zu verlieren. Drei weiteren Teams traut die Fia zu, bis zum kommenden Frühling Formel-1-Autos zu bauen: Campos (Spanien), Manor (Großbritannien) und dem Team US F1, das sich in den USA im Aufbau befindet. Weitere Bewerbungen liegen der FIA vor.

Mit Ferrari, Red Bull und Toro Rosso droht ein ausdauernder Rechtsstreit, weil es nach Auffassung der FIA Verträge gibt, in welchen die Teams ihre langfristige Zusage gegeben haben, in der Formel 1 anzutreten. Die Fahrer sind, wenn sie über Mehr-Jahres-Veträge verfügen, in der Regel an ihre Teams gebunden. Der zweimalige Weltmeister Fernando Alonso hat bereits angekündigt, in keinem Fall in einer Serie antreten zu wollen, in der die Budgets beschränkt sind. Die deutschen Teilnehmer Nick Heidfeld und Timo Glock beschränkten sich auf die Aussage, für sie sei lediglich die "höchste Motorsportkategorie" interessant.

Welche das sein wird, muss sich in den kommenden Monaten erst noch zeigen. Kommt es tatsächlich dazu, dass zwei rivalisierende Serien von Grand-Prix-Rennwagen gegeneinander antreten, wäre das kein Novum: In den USA konkurrierten lange Indy und Champ Cars - zum finanziellen Nachteil beider. Im vergangenen Jahr verschmolzen die Serien. (sueddeutsche.de/jja)

© Mitarbeit: Jürgen Schmieder - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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