Golf:Willkommen zurück - oder auch nicht

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Vorerst sein letzter Besuch in München? Martin Kaymer in Eichenried. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Die europäische Tour gibt Sperren für die Spieler der Saudi-Tour bekannt. Das betrifft auch Martin Kaymer - und bringt eine ungewisse Zukunft für den globalen Golfsport.

Von Felix Haselsteiner, Eichenried

Die Tribüne an Loch 18 wird in München-Eichenried auch in diesem Jahr wieder gesäumt von der Elite des Turniers. Seine Aushängeschilder präsentieren die BMW International Open im Großformat: Mit dem Masters-Sieger Sergio Garcia, dem österreichischen Ryder-Cup-Spieler Bernd Wiesberger, dem British-Open-Sieger Louis Oosthuizen und mit dem zweifachen Major-Sieger Martin Kaymer lässt sich gut werben. "Welcome back" heißt es auf dem Plakat, Willkommen zurück. Nur ist seit Freitagvormittag mehr als unklar, wie lange diese Botschaft noch gilt.

Die vier genannten Spieler sowie zahlreiche weitere, die keine ganz so großen Namen haben oder aber diese Woche nicht in München antreten, hatten sich zuletzt zur neuen saudi-arabischen Turnierserie LIV Golf angemeldet, ohne dass dies von ihrer Heimattour in Europa aus genehmigt worden war. Nun verkündete die europäische DP World Tour die Sanktionen dafür: 100 000 Pfund Strafe müssen die Spieler zahlen, zudem sind sie für zunächst drei Events gesperrt, unter anderem für die prestigeträchtigen Scottish Open Anfang Juli.

Weitere Sanktionen seien zudem möglich, sollten Kaymer, Garcia und die anderen erneut an LIV-Events teilnehmen - dies dürfte allerdings bereits in der kommenden Woche der Fall sein, wenn die Saudi-Serie in Portland, Oregon gastiert. "Ihre Entscheidungen sind nicht fair gegenüber der Mehrheit der Mitglieder (der European Tour, d. Red.), weshalb wir die heute angekündigten Sanktionen unternehmen", sagte Keith Pelley, der CEO der DP World Tour, in einer Aussendung am Freitag, die während des laufenden Turniers in München verschickt wurde.

Hätte Europa die abtrünnigen Spieler nicht gesperrt, wäre dies einer Akzeptanz der Saudi-Tour gleichgekommen

Dementsprechend kurios waren die Szenen, die sich um die Mittagszeit abspielten: Nacheinander kamen Spieler von ihrer Vormittagsrunde herein und erfuhren die Entscheidung von ihren Managern. Geredet und diskutiert wurde viel, allerdings fast ausschließlich intern, in kleinen Gruppen rund um das Übungsgrün. Medienanfragen lehnten die meisten Spieler ab, man wolle sich "aus Respekt vor dem Hauptsponsor nicht während des Turniers zu dieser Entscheidung äußern", hieß es etwa aus dem Management von Garcia und Oosthuizen. Es sei "relativ schwierig nachzuvollziehen, dass es so weit kommen musste", sagte Kaymer nach seiner Runde: "Ich glaube, die Spieler, die die LIV Tour gespielt haben, haben viel für die European Tour getan."

Es war in der Tat eine schwierige Entscheidung, die Europas Golfserie treffen musste. Anders als die amerikanische PGA Tour, die am Mittwoch verkündet hatte, von der kommenden Saison an 160 Millionen mehr Preisgelder auszubezahlen, hat die DP World Tour nicht die Finanzkraft, um auf das saudi-arabische Vorgehen mit mehr Geld zu antworten. Stattdessen fand sich Europa in einem Zwiespalt wieder: Hätte es die abtrünnigen Spieler nicht gesperrt, wäre dies einer Akzeptanz der Saudi-Tour gleichgekommen. Jetzt dürften bei vielen zukünftigen Turnieren einige große Namen fehlen, von denen die DP World Tour weitaus mehr abhängig ist als ihr amerikanisches Pendant. Im schlechtesten Fall könnte das weitreichende Folgen haben: Sponsoren könnten abspringen, und aus sportlicher Sicht ist unklar, wie das europäische Ryder-Cup-Team sich nun formiert. Vier der zwölf Athleten, die im vergangenen Jahr in Wisconsin für Europa antraten, sind mittlerweile auf der Saudi-Tour engagiert.

Im besten Fall könnte sich die amerikanische Tour nun Richtung Europa öffnen

Auch deshalb ließen Pelley und der Vorstand der DP World Tour sich mit der Entscheidung länger Zeit als die USA, die bereits wenige Tage nach dem ersten LIV-Turnier Sperren verkündet hatten, die sofort in Kraft treten würden. Offenbar bis spät in die Nacht wurde an den vergangenen Tagen in den europäischen Gremien darüber debattiert, was der beste Umgang mit der neuen Bedrohung aus Nahost wäre, nicht in allen Punkten dürfte Einigkeit geherrscht haben. Zudem war die rechtliche Absicherung ein Thema: Ob die Strafzahlungen und die Sperren letztlich vor den Sportgerichten standhalten werden, ist derzeit noch fraglich. Von Seiten der DP World Tour heißt es, man bewege sich innerhalb der vertraglich festgelegten Regeln.

Die Hoffnung der DP World Tour und damit auch die für das europäische Golf liegt nun vermehrt in einer Allianz mit der PGA Tour in den USA. Schon vor dieser Saison hatten sich beide Touren angenähert und unter anderem neue Turniere ins Leben gerufen, bei denen Spieler beider Touren Startberechtigungen erhalten. Diese Zusammenarbeit - mitsamt einem Aufkauf von Anteilen an der DP World Tour durch die PGA Tour - könnte nun weiter forciert werden.

Im besten Fall, so die Einschätzung mancher Experten abseits der Mikrofone, könnte das eine Öffnung der amerikanischen Tour in Richtung Europa bedeuten. Ein Schritt, den die US-Tour aufgrund der Heimatverbundenheit ihrer Sponsoren bislang vermieden hat - der nun, im Lichte der globalen, finanzstarken LIV Tour, die einzige Lösung sein könnte. "Ich habe immer dafür geworben, dass die Touren enger zusammenarbeiten und ein Model entwickeln, das dem der ATP (Welt-Tennisverband, d. Red.) ähnelt", sagte aus der Reihe der globalen Aushängeschilder zuletzt der Nordire Rory McIlroy, der in den USA spielt.

Bei aller Ungewissheit, die die Golfwelt aktuell nach dem Einstieg Saudi-Arabiens begleitet: Vieles spricht dafür, dass der Sport in Zukunft globaler wird. Mit anderen Worten hieße das für Turniere wie die BMW International Open möglicherweise: Weniger "Welcome Back" für die bekannten Europäer wie Kaymer und Garcia - dafür aber möglicherweise mehr Spieler aus den USA.

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