2:0 gegen Stuttgart:Leverkusen siegt im "kleinen Endspiel"

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Kevin Volland macht das 2:0 gegen Stuttgarts Torhüter Ron-Robert Zieler. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Durch zwei Tore von Kevin Volland gewinnt Bayer Leverkusen gegen den VfB Stuttgart.
  • Nationalspieler Kai Havertz spricht von einem "kleinen Endspiel".
  • Ab Dezember wird Simon Rolfes neuer Sportdirektor beim Klub. Jonas Boldt hatte angekündigt, zum Saisonende aufzuhören.

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Das Spiel war gerade vorbei, als Rudi Völler im Souterrain des Stadions dort erschien, wo die Spieler und Trainer vom Feld kommen. Dem Sportvorstand von Bayer Leverkusen sah man die Erleichterung an, er umarmte jeden, dessen er habhaft werden konnte, darunter auch Stuttgarts Trainer Markus Weinzierl und Stuttgarts Sportdirektor Michael Reschke. 2:0 hatte Leverkusen gegen den VfB gewonnen, mit zwei Treffern in der letzten Viertelstunde des Spiels.

Für Völlers Klub war es ein erzwungener Pflichtsieg - ganz ohne Glanz. Für Weinzierls Mannschaft war es im fünften Spiel unter ihm als Trainer die vierte Niederlage ohne eigenen Treffer. Den Unterschied machten die Stürmer. Während Mario Gomez im fünften Spiel nacheinander und seit nunmehr 7:36 Stunden ohne Torerfolg blieb, rettete Kevin Volland seine Leverkusener durch zwei späte Treffer (76. und 83. Minute) und erhöhte sein Saisonkonto auf fünf Tore. "Er ist einfach verlässlich", sagt der Trainer Heiko Herrlich über jenen Spieler, der ihn damit auch ein Stückweit gerettet hat. "Das war ein kleines Endspiel", sagte Leverkusens Nationalspieler Kai Havertz hinterher erleichtert, und das musste man ja außer auf die Tabellensituation auch ein bisschen auf den angezählten Trainer Herrlich münzen.

Herrlich bekommt nun aber überraschenderweise einen neuen Chef. Schon ab dem 1. Dezember wird Simon Rolfes Sportdirektor in Leverkusen werden, wie der Verein am Samstag mitteilte. Der Ex-Kapitän wird dann bereits Jonas Boldt nachfolgen, der Leverkusen gegen Saisonende verlassen wird. Rolfes arbeitete nach seiner aktiven Karriere bereits in der Jugendabteilung des Klubs. Wohin es den von einigen Klubs umworbenen Boldt verschlägt, ist ungewiss. "Ich kenne Jonas Boldt als ganz kleinen Jungen, er war immer unheimlich ehrgeizig", sagte der frühere Leverkusener Manager Reiner Calmund bei Sky. "Ich glaube, er hat gewisse Vorstellungen, will noch mehr Einfluss, noch mehr Entscheidungsgewalt bekommen. Ich glaube, das ist in der Konstellation mit Bayer Leverkusen nicht so einfach möglich."

Leverkusen zeigt allzu selten eine stabile Mentalität

Die wichtigste Personalie scheint aber derzeit Kevin Volland zu sein. Die letzten drei Bundesligasiege sind den Leverkusenern nur deshalb gelungen, weil Volland beim 2:1 in Düsseldorf beide Treffer, beim 6:2 gegen Bremen ein Tor und zwei Vorlagen und nun gegen Stuttgart wieder beide Treffer beigesteuert hat. Die zwischenzeitlichen fünf Bundesligaspiele, in denen ihm kein einziger Scorerpunkt gelungen ist, hat Leverkusen nicht gewonnen.

Bei Gomez in Stuttgart ist es ganz anders. Bei den einzigen beiden VfB-Siegen (2:1 gegen Bremen und 2:0 in Nürnberg) hat Gomez kein Tor erzielt, und bei seinen drei Treffern in den Partien in Freiburg (3:3) und Hannover (1:3) hat Stuttgart nicht gewonnen. In allen anderen acht Bundesligaspielen hat der VfB kein einziges Tor erzielt. Obwohl Gomez' Tore bislang folglich nur für einen einzigen Punkt gut waren, nennt Stuttgarts Abwehrspieler Andreas Beck seinen Kollegen Gomez "unseren Schlüsselspieler". Man müsse ihn einfach viel häufiger und besser in Szene setzen, sagt Beck. Gegen den FC Augsburg, jenen Klub, bei dem Weinzierl als Trainer einst bekannt geworden ist, wollen die Stuttgarter dies am kommenden Samstag erneut versuchen. "Wir müssen in Schlagdistanz bleiben", sagt Beck: Der Abstand nach vorne darf nicht zu groß werden.

Leverkusen will keinen Abstand wahren, Leverkusen will nach oben klettern, aber dazu bedarf es mal einer Konstanz, die bislang die Krux ist beim Werksklub. "Entscheidend ist jetzt, dass wir den Hunger beibehalten", sagt der Trainer Herrlich, der offenbar selbst vor jedem Spiel rätselt, in welcher Verfassung sich seine wechselhafte Mannschaft wohl diesmal präsentiert. "Manchmal fragt man sich schon, warum das nicht jede Woche so funktioniert", sagte er nach dem Sieg gegen Stuttgart.

Für die Antwort bräuchte er bloß mal Aussagen etwa seiner Torhüter Ramazan Özcan und Lukas Hradecky aus den vergangenen Wochen aus den Medien zusammenzusammeln. Sie beklagen sich darin über eine von der jungen Mannschaft bislang allzu selten gezeigte stabile Mentalität. Wenn's läuft, läuft's - wenn nicht, eben nicht. "Unsere Leistungsschwankungen sind unerklärlich", behauptet derweil Nationalspieler Julian Brandt.

Mit dem Sieg nun bestehen allerdings gewisse Chancen, aus der Euphorie heraus als nächstes auch in Nürnberg und danach gegen Augsburg zu gewinnen und dann wäre Leverkusen wieder oben dran. Angestellte der Branche könnten sich dann schon mal auf innige Umarmungen von Rudi Völler gefasst machen.

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