Viele Wege führen nach Rom, aber nur zwei in die Champions League. Bevor es die Fußballer von Bayer Leverkusen im Europa-League-Halbfinale demnächst mit AS Rom zu tun bekommen im Kampf ums Finale und um ein goldenes Ticket für die Champions League, müssen sie in der Bundesliga erst noch alles dafür tun, den Kontakt zu den Top-Vier herzustellen. Und auch auf diesem Weg versuchen, sich einen Weg in die europäische Meisterklasse zu bahnen.
Zu diesem Zweck war der 2:0 (1:0)-Sieg am Sonntagabend gegen RB Leipzig ein weiterer Fortschritt. Seit zwei Monaten hat Bayer kein Spiel mehr verloren. Den Conference-League-Platz sechs hat man bereits erreicht. "Es läuft zurzeit überragend bei uns", freute sich hernach der Abwehrmann Jonathan Tah, "und wir sammeln immer mehr Energie für die nächsten Spiele." Am Samstag steht mit der Partie bei Union Berlin der nächste Test an. Die Champions-League-Aspiranten prüfen sich dieser Tage gegenseitig auf Herz, Nieren und taktische Schwächen. Am 11. Mai gastieren die Leverkusener dann zum Europa-League-Halbfinal-Hinspiel in Rom.
Auch für die Leipziger scheiden sich jetzt die Geister. Auch sie haben zwar noch einen Zweitwettbewerb in petto - sie spielen am 2. Mai ein DFB-Pokal-Halbfinale beim SC Freiburg -, allerdings geht es im Pokal nicht um eine Karte für die Champions League, nur für die Europa League. Das wäre den Leipzigern zu wenig. Umso bedeutsamer sind die nächsten Spiele in der Bundesliga. Am Samstag empfangen sie die TSG Hoffenheim.
Die Leverkusener, mit zwölf Pflichtspielen ohne Niederlage als derzeit formstärkstes Team der Liga in dieses Duell gegangen, mussten auf ihren wichtigsten Mittelfeldspieler Florian Wirtz verzichten. Der 19-Jährige saß mit Magen-Darm-Verstimmung immerhin auf der Tribüne, sah von dort aber zunächst eine aktivere Leipziger Mannschaft. Deren Trainer Marco Rose hatte kurz vor dem Spiel bei Dazn verraten, dass man "Chancen im Rücken von Jeremie Frimpong" suchen werde. Frimpong ist Bayers supertorgefährlicher Rechtsaußenstürmerverteidiger, der vom niederländischen Nationaltrainer Ronald Koeman wegen Defensivschwächen aber ignoriert wird. Koeman sieht in ihm irgendwie gar keinen Abwehrmann.
Die Leipziger fanden trotz weitgehender Überlegenheit keine Chancen im Rücken von Frimpong. Stattdessen platzierte Leverkusens Piero Hincapié nach 30 Minuten einen trockenen 30-Meter-Lattenschuss als Warnung, ehe Adam Hlozek in der 40. Minute die 1:0-Führung für die Gastgeber erzielte. Der Angriff war über rechts erfolgt, über die Seite von Frimpong und Moussa Diaby, der auch die Vorlage zum Treffer gab. Im Rücken von Frimpong jubelten die Leverkusener Abwehrspieler.
Bei Leipzig kam nach der Pause Christopher Nkunku für Kevin Kampl. Das sächsische Spiel benötigte im rheinischen Dauerregen mehr Vertikalität. Dies erschwerten ihnen die Leverkusener allerdings dadurch, dass sie sich sehr weit zurückzogen. So gingen die Leipziger Bälle horizontal von links nach rechts und zurück. Chancen ergaben sich trotzdem, etwa durch Standards, das Eckenverhältnis lautete am Ende 9:0 für Leipzig. Allein, ein Tor blieb ihnen versagt.
Ausgerechnet Frimpong, mit breiter Brust statt anfälligem Rücken, entschied die Partie fünf Minuten vor Schluss für Leverkusen. Seinen Konter beendete Leipzigs Dominik Szoboszlai im Strafraum per Foul, was ihm die gelb-rote Karte einbrachte und Bayer einen Elfmeter, den Nadiem Amiri in der 86. Minute zum 2:0 einschoss. "Einige Statistiken gewonnen zu haben, bringt uns nichts", klagte Leipzigs Benjamin Henrichs, "wir waren in entscheidenden Szenen nicht konsequent genug."