Leichtathletik-WM in Berlin:Kugelstoßer Bartels holt Bronze

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Erster WM-Tag, erste Medaille für den DLV: Ralf Bartels stößt persönliche Bestleistung - und weckt Hoffnungen auf eine erfolgreiche deutsche Mannschaft.

T. Hummel

Es sieht ja immer ein wenig bedrohlich aus, wenn zwölf sehr große, sehr breite und sehr starke Männer in einer Ecke des Stadions auf wenigen Quadratmetern zusammengepfercht sind. Da suchen sich viele ihre fünf Meter, auf denen sie mit vorgeschobener Brust auf und ab gehen, wie Eisbären im Tierpark, die ihr Revier abstecken wollen.

Ralf Bartels gewann schon am ersten Wettkampftag der Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Berlin die erste Medaille für den DLV. (Foto: Foto: Reuters)

Peter Sack aus Leipzig und Ralf Bartels aus Neubrandenburg liefen besonders energischen Schrittes hin und her. Ihr Auftreten wurde begleitet mit den vagen Hoffnungen des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) auf eine Medaille am ersten Wettkampftag ihrer Heim-WM. Vor allem Bartels, Europameister aus dem Jahr 2006, wurden gute Wünsche zuteil. Doch sollte er mit den starken Amerikanern und mit dem Überwerfer der Saison, dem Polen Tomasz Majewski, wirklich mithalten können?

Er konnte. Ralf Bartels gewann in Berlin die erste Medaille für den DLV. Mit persönlicher Bestleistung erklomm der 31-Jährige den dritten Platz. "Ich bin schon sehr überrascht, dass es gereicht hat. Das Publikum war wohl der entscheidende Faktor", sagte Bartels.

Als er seinen dritten Stoß hinausgeschleudert hatte, hatte er die mächtigen Arme in die Luft gehoben und die Faust geballt. Aus der Tribünenkurve hinter dem Kugelstoßereck hallte ein mächtiger Jubel durch das Rund. Die Kugel hatte sich weit hinter der 21-Meter-Linie in den Rasen gebohrt, die Messrichter liefen hektisch zur Einschlagstelle, ihre Messung ergab genaue 21,37 Meter. Damit stand Bartels, vorher Achter, plötzlich auf Platz zwei. Die Zuschauer stimmten spontane "Ralf-Bartels"-Sprechchöre an.

Da war der zweite Deutsche im Finale der besten Zwölf schon ausgeschieden. Peter Sack hatte drei ungültige Versuche gezeigt. Vielleicht hatte er sich zu sehr über die gute Qualifikation gefreut, in der er mit 20,20 Meter Neunter geworden war. "Ich bin sehr zufrieden. Das ist mein international größter Erfolg", frohlockte der Leipziger. U20-Eurpameister David Storl war dem Druck noch nicht gewachsen gewesen und mit enttäuschenden 19,19 Meter ausgeschieden.

Bartels hingegen hielt sich im Wettbewerb, fiel aber schnell einen Platz zurück, weil Majewski nun ernst machte. Der Pole und Christian Cantwell übertrafen sich gegenseitig und schraubten sich auf 22,03 (Cantwell, Gold) und 21,91 Meter (Majewski, Silber). Vor dem letzten Durchgang hielt Bartels aber immer noch Platz drei inne und ging wieder am Rande des Kugelstoßer-Areals auf und ab, schob die Brust nach vorne und blickte bange auf die Konkurrenz. "Wenn die anderen stoßen, hakt man innerlich nur noch ab und rechnet, wer einem noch gefährlich werden könnte", beschrieb Bartels später. Der Puls sei recht schnell geworden.

Der Fünftplatzierte Adam Nelson stieß: ungültig. Dann kam Reese Hoffa, der eine Saisonleistung von 21,89 Meter nach Berlin mitgebracht hatte. Hoffa stieß weit, weiter als 21 Meter. Die Zuschauer raunten, die Weitenmesser liefen wieder hektisch zur Einschlagstelle. Es vergingen Sekunden, lange Sekunden. Und dann zeigte die Anzeigetafel: 21,28 Meter. Ralf Bartels hatte die Bronzemedaille sicher. Wieder hallten Sprechchöre.

Zum letzten Versuch ging er schon mit einem Lächeln in den Ring. Er stieß die Kugel noch einmal auf 21,20 Meter, verließ lächelnd den Ring und streckte wieder seine mächtigen Arme in die Luft. Eine Stunde später betrat er lächelnd die Pressekonferenz und wirkte immer noch so aufgedreht, als würde er am liebsten auf und ab gehen.

Er kündigte das "ein oder andere Bierchen an, dass ich mit Freunden oder einem DLV-Verantwortlichen trinken werde". Der entsprechende DLV-Verantwortliche wird wohl die Rechnung übernehmen, denn diese frühe Medaille nimmt viel Druck vom Verband. Die enttäuschende Bilanz der Olympischen Spiele in Peking ist damit nämlich schon egalisiert. Und Bartels wies bereits den Weg für die nächsten Tage: "Ich hoffe, ein Ruck geht durch die Mannschaft, dass Unmögliches eben doch möglich ist."

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