Leichtathletik-WM:Als wäre nichts gewesen

Lesezeit: 1 min

Die Sperre von fünf jamaikanischen Sprintern ist wieder aufgehoben worden. An den grundsätzlichen Zweifeln an Bolt & Co. ändert dieses kuriose Intermezzo nichts.

Thomas Hahn

Jamaikas Leichtathleten gibt es jetzt auch mit nationalem Anti-Doping-Kampf. Was für eine schöne Nachricht so kurz vor der WM in Berlin. Denn lange lebte der Verdacht, Jamaikas Akkord-Weltrekordler Usain Bolt und seine Nebenschnellläufer könnten auf ihrer Karibikinsel nicht nur Sonne und Reggae genießen, sondern auch den Schutz vor unabhängigen einheimischen Fahndern.

Sheri-Ann Brooks darf doch bei der WM in Berlin starten. (Foto: Foto: Reuters)

Und jetzt? Ein Gebilde namens Jamaikanische Anti-Doping-Kommission (Jadco) hat sich fünf selbstgetestete Stimulans-Fälle aus Jamaikas WM-Team vorgeknöpft. Hat sie befragt. Beurteilt. Und ... freigesprochen, zugegeben, in erster Linie weil die Jadco-Funktionäre keine Schuld erkennen konnten. Trotzdem: Das war ein Akt für mehr jamaikanische Glaubwürdigkeit. Oder?

Eher nicht, denn die Affäre erweist sich nach anfänglicher Aufregung als so harmlos, dass Jamaikas Leichtathleten am Ende sogar damit werben können für sich: Seht her, bei uns wird getestet. Außerdem verlief der Prozess wenig transparent, dafür sehr glatt für die Verdächtigen. Yohan Blake und Marvin Anderson, zwei Mitglieder des Bolt-Vereins Racers Track Club, die 400-Meter-Läufer Spence und Fothergill sowie die Commonwealth-Games-Gewinnerin Brooks waren laut Medienberichten bei Jamaikas Meisterschaften positiv auf Methylxanthine.

Was schon deswegen stutzig macht, weil die Gruppe der Methylxanthine laut Wilhelm Schänzer, Leiter des Kölner Antidoping-Labors, nicht auf der Dopingliste steht. Und alle hatten die gleiche unbedeutende Substanz intus? Da kann man ein gesteuertes Komplott nicht ganz ausschließen, das sich nun ja auch vollends in Wohlgefallen aufgelöst hat - gerade noch rechtzeitig vor der WM.

Es ist, als wäre nichts gewesen, und deswegen ändert dieses Jadco-Intermezzo nichts an der Situation um Jamaikas Sprinter, die bei Olympia 2008 erstmals dominierten. Ihr Tempo fasziniert, aber keiner weiß, was außer Talent und Training noch dahinter steckt. Ihre Nicht-Affäre passt glänzend zu dem klugen Gedanken, den die Mainzer Stabhochspringerin Anna Battke gerade erst in einem Interview gefasst hat. "Warum werden wohl immer nur die mittelmäßigen Athleten erwischt?", fragt sie und weiß die Antwort selbst: "Sie haben einfach nicht das nötige Kleingeld für das edle Designer-Doping."

© SZ vom 11.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Leichtathletik
:Weltrekorde der Männer

Der britische Leichtathletik-Verband will alle Weltrekorde zurücksetzen. Darunter sind auch einige, die erst vor kurzem aufgestellt wurden.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: