Leichtathletik-WM:"Schönen Feierabend" - Harting verabschiedet sich früh

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Christoph Harting in Doha. (Foto: Getty Images)
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Diskuswurf, Männer: Christoph Harting grinste und blieb nach dem nächsten verpassten Diskus-Finale nur ganz kurz vor den Reportern stehen. "Vielen Dank für das Interesse an meiner Person, ich bleibe aber meinem Weg treu: Ich gebe bis zum Abschluss der olympischen Saison keine Interviews und bedanke mich für Ihr Verständnis. Schönen Feierabend", sagte der Olympiasieger lapidar, nachdem der Berliner bei der Leichtathletik-WM in Doha mit 63,08 m bereits in der Qualifikation gescheitert war.

Dabei hätte es viel zu besprechen gegeben, schließlich hat Harting nach seinem Rio-Triumph nun schon das dritte große Finale in Serie verpasst. Harting hatte sich nach seinem Goldcoup von 2016 ein Jahr später nicht für die WM in London qualifizieren können. Bei der Heim-EM in Berlin 2018 schaffte der Polizeimeister keinen gültigen Versuch. Dieses Missgeschick wiederholte sich in Doha nicht. Harting, der in diesem Jahr mit einigen Verletzungsproblemen zu kämpfen hatte und bei den deutschen Meisterschaften in Berlin Anfang August ankündigte, bis zu den Olympischen Spielen in Tokio 2020 nicht mehr mit der Presse reden zu wollen, legte im ersten Versuch zunächst 60,31 m hin, steigerte sich dann über 62,04 m auf 63,08 m. Damit blieb er knapp drei Meter unter seiner Saisonbestleistung (66,01). "Soweit ich es mitbekommen habe, ist ihm nach dem Einwerfen der Kreislauf abgesackt", sagte sein Trainer Torsten Lönnfors im ZDF: "Wir wissen nicht, woher das kommt. Jetzt hatten wir es zum ungünstigsten Zeitpunkt."

Dabei waren sie im Verband davon ausgegangen, dass Harting nach einigen Querelen in Katar wieder in die Spur finden würde. Harting habe "Besserung gelobt", sagte DLV-Präsident Jürgen Kessing dem SID im Vorfeld: "Und ich denke auf dem Weg zum Erwachsenwerden wird er auch eine tolle Leistung bringen." Der deutsche Meister Martin Wierig (Magdeburg) schaffte es mit 63,65 m hingegen ins Finale, sein Trainingspartner David Wrobel (62,34) schied wie Harting aus. "Dafür, dass es in den letzten Tagen bei mir nicht so rund lief, war die Qualifikation eigentlich ganz gut. Ich hatte Probleme im linken Hüftbeuger und gestern auch Probleme mit der Hitze, mit Migräne, ich habe mich schlapp gefühlt", sagte Wierig: "Die medizinische Abteilung hat mich wieder aufgepäppelt, einen lieben Dank dafür."

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Der Weltjahresbeste Daniel Stahl (67,88) aus Schweden, der starke Jamaikaner Fedrick Dacres (65,44) sowie Titelverteidiger und Europameister Andrius Gudzius (64,14/Litauen) gaben sich keine Blöße und kämpfen um die Medaillen.

100 Meter, Frauen: Die Europameisterschaftszweite Gina Lückenkemper hat das Halbfinale über 100 Meter bei der Leichtathletik-WM in Doha erreicht. In 11,29 Sekunden kam die 22-jährige Sprinterin vom SCC Berlin eine Runde weiter. Auch die Paderbornerin Tatjana Pinto qualifizierte sich mit 11,19 Sekunden für das Halbfinale, das am Sonntag (20.20 Uhr MESZ) ausgetragen wird. "Nachdem ich den Start in den Sand gesetzt habe, bin ich geflogen. Das macht mich stolz", sagte Lückenkemper, die mit dem Startblock und einer darunter montierten Kamera haderte.

"Was mich zuversichtlich stimmt, ist, dass ich hintenraus echt gut ins Rennen reingefunden habe, obwohl die ersten 20 Meter wirklich schlecht waren", sagte Lückenkemper, die beim Start große Probleme mit dem ungewohnten Startblock mit installierter Kamera hatte, den sie zuvor nicht testen konnte: "Daran muss ich mich jetzt auf jeden Fall schnell gewöhnen."

Hammerwurf, Frauen: DeAnna Price hat bei der Leichtathletik-WM in Doha erstmals in der Geschichte Gold im Hammerwerfen für die USA gewonnen. Die Weltjahresbeste setzte sich am Samstag mit 77,54 m vor der EM-Dritten Joanna Fiodorow aus Polen (76,35) durch. Bronze sicherte sich die Chinesin Wang Zheng mit 74,76 m. Hinterher hüpften Price und Fiodorow Arm in Arm vor Freude auf und ab. Weltrekordlerin Anita Wlodarczyk (Polen), die zuletzt dreimal in Folge den WM-Titel geholt hatte, war wegen einer Knieverletzung in Doha nicht am Start. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hatte erstmals seit die Disziplin 1999 ins Programm aufgenommen wurde, keine Hammerwerferin zur WM geschickt. 2007 hatte Betty Heidler in Osaka Gold gewonnen.

5000 Meter, Männer: Guinea-Bissau trägt Aruba ins Ziel: Die Leichtathletik-WM in Doha hat schon am ersten Tag ihren ersten großen Herzensmoment erlebt. Im Vorlauf über 5000 m klemmte sich der hoffnungslos abgeschlagene Läufer Braima Suncar Dabo aus Guinea-Bissau seinen völlig entkräfteten Kontrahenten Jonathan Busby von der Karibikinsel Aruba unter den Arm und schleppte ihn unter dem tosenden Jubel der Zuschauer quasi über die letzte Runde.

Um die große Geste perfekt zu machen, schob Dabo seinen neuen Freund fürs Leben, der die brutale Hitze in Katar offenbar gnadenlos unterschätzt hatte, noch vor sich über seine Ziellinie - rund fünf Minuten hinter Sieger Selemon Barega aus Äthiopien.

"Ich wollte ihm einfach nur helfen, das Ziel zu erreichen. Ich denke, jeder hätte es genauso gemacht", sagte Dabo, der in Portugal studiert. Für beide Außenseiter stand letztlich eine persönliche Bestzeit zu Buche, für Busby blieb die Uhr bei 18:10,68 stehen, für Dabo bei 18:10,87 - allerdings hatten beide zuvor noch kein offizielles 5000-m-Rennen bestritten. Der Weltverband zeigte jedoch wenig Herz, disqualifizierte Busby, weil er gemäß Regel 144.3 unerlaubte Hilfe genossen hatte. Vorerst waren beide aber in den sozialen Medien die gefeierten Helden der noch jungen WM.

Marathon, Frauen: Die Kenianerin Ruth Chepngetich hat beim ersten Nacht-Marathon bei Leichtathletik-Weltmeisterschaften der Hitze getrotzt und Gold gewonnen. Die 25-Jährige setzte sich am Samstag in Doha bei mehr als 30 Grad Celsius nach 2:32:43 Stunden durch. Es war die langsamste Siegeszeit der WM-Geschichte. Nur 40 der 68 gestarteten Teilnehmerinnen kamen in Katars Hauptstadt ins Ziel. "Es war ein hartes Rennen. Ich bin sehr glücklich über den Sieg und darüber, Gold nach Kenia zu bringen. Ich möchte eine weitere in Tokio gewinnen", sagte Chepngetich nach der Tortur über 42,195 Kilometer und mit Blick auf die Olympischen Spiele 2020.

Als Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, das Staatsoberhaupt des Emirats, um Mitternacht den Startschuss gab, wurden 32,7 Grad und eine Luftfeuchtigkeit von 73,3 Prozent gemessen. Auf dem Kurs über sechs Runden á 7 Kilometer an der Strandpromenade Corniche verschärfte Chepngetich bei einer Verpflegungsstation nach 35 Kilometern entscheidend das Tempo und setzte sich ab. Silber ging an Bahrain und Titelverteidigerin Rose Chelimo: Die gebürtige Kenianerin kam nach 2:33:46 Stunden ins Ziel vor Helalia Johannes aus Namibia (2:34:15). "Es war sehr heiß, die Luftfeuchtigkeit war sehr hoch", sagte Johannes, während ihr Sturzbäche von Schweiß über den Körper liefen. Eine deutsche Teilnehmerin auf der klassischen 42,195-Kilometer-Strecke war nicht am Start. Mit zunehmender Renndauer hatten immer mehr Teilnehmerinnen aufgegeben.

Die Marathon- und Geher-Wettbewerbe finden erstmals in der WM-Geschichte mitten in der Nacht statt. Nur am Anfang standen noch zahlreiche Zuschauer an der Strecke. Bei Chepngetich Zieleinlauf war kaum Jubel zu hören. Immerhin bekam die Siegerin ein Küsschen von Weltverbandspräsident Sebastian Coe. Die Kenianerin hatte sich mit ihrem Streckenrekord beim Dubai-Marathon Ende Januar als WM-Favoritin empfohlen. Damals gewann sie in 2:17:08 Stunden - die drittbeste je gelaufene Zeit. Nur Weltrekordlerin Paula Radcliffe (Großbritannien/2:15:25) und Afrika-Rekordlerin Mary Keitany (Kenia/2:17:01) waren schneller.

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