Leichtathletik-WM:Stabhochsprung mit Defibrillator

Lesezeit: 2 min

Springt mit einem Defibrillator: Katharina Bauer. (Foto: Michael Steele/Getty)
  • Sportlich verlief die WM in Doha nicht besonders erfolgreich für Stabhochspringerin Katharina Bauer, nach nur drei Sprüngen war Schluss.
  • Trotzdem genießt die 29-Jährige ihre WM-Premiere, nur dank einem Defibrillator kann sie überhaupt dabei sein.
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Von Saskia Aleythe, Doha

Manchmal kann auch Zuschauen eine Belohnung sein. Der Sport war für Katharina Bauer in Doha schnell vorbei, drei Sprünge absolvierte sie nur, drei Mal flog die Latte mit ihr am Freitagabend wieder nach unten. Also setzte sich Bauer und schaute zu. Wie die anderen Stabhochspringerinnen ihre Qualifikation fürs Finale absolvierten, eineinhalb Stunden lang, um sie herum das riesige Khalifa Stadion mit ein paar Tausend Zuschauern. Für Bauer war das ja alles eine Premiere, mit 29 Jahren das erste Mal bei einer WM dabei zu sein. "Wenn ich schon hier bin, dann sauge ich das auch auf", sagte sie.

Bauer ist dieser Tage eine viel gefragte Sportlerin, eine wie sie hat es bei einer WM noch nicht gegeben: Unter dem Herzen trägt sie einen Defibrillator, der ihr im Frühjahr 2018 eingesetzt wurde und sich im Notfall einschaltet, wenn das Herz verrückt spielt. Die Ärzte rieten ihr damals zum Karriereende, man hat ja keine Erkenntnisse, wie gut so ein Gerät und Spitzensport miteinander harmonieren. Doch wenn das Herz am Stabhochsprung hängt, dann ist das mit dem Aufhören eben auch nicht so einfach.

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"Mein Lachen habe ich auf jeden Fall noch nicht verloren", sagte Bauer nun in Doha, nachdem sie mit den vermaledeiten Sprüngen an der Einstiegshöhe 4,20 Meter gescheitert war, "wenn man so viel aufsaugt, ist das superschön, ich freue mich ja auch für die anderen Mädels". Ihre Bestleistung liegt bei 4,65 Metern, gesprungen 2015, vor dem Defibrillator.

Bauer will neue Geschichten schreiben

Die Probleme mit dem Herzen hatte Bauer schon als Kind, bis zu 6000 Schläge machte ihr Herz pro Tag zusätzlich. Eine erste OP brachte nicht den gewünschten Erfolg, 2017 schlug das Herz dann 18 000 Mal zu oft am Tag. Noch eine Operation, wieder waren die Probleme nicht gelöst. Per EKG wurde ein Herzschlag gefunden, der Kammerflimmern auslösen und im schlimmsten Fall zum Tod führen könnte. So war der Defibrillator schließlich die letzte Option. Im Wettkampf in Doha hatte sie aufgrund des klimatisierten Stadions keine Probleme, draußen machte die Hitze Bauer aber schon mehr zu schaffen als anderen Sportlern. "Die Hitze macht dem Defi nichts aus, aber dem Herz. Ich habe dann schon gemerkt, das Stolpern ist dann mehr da", sagte sie, "wenn es so heiß ist und es mir auf den Kreislauf geht, merke ich auch mein Herz mehr".

Dass sie in Doha dabei sein kann, hat sie einer Einladung des Weltverbandes zu verdanken, es sollte eine Belohnung für die gute Hallensaison sein, in der sie 4,55 Meter überquerte. Die Nachricht bekam sie erst Anfang September, vor ein paar Wochen also. "Ich bin gerade fassungslos", schrieb sie damals auf Instagram. "Klar war es ein Geschenk, bei der WM zu sein", sagte Bauer nun, "aber natürlich wollte ich hier nochmal Saisonbestleistung zeigen oder mich steigern." Dabei sein kann gar nicht alles sein für eine wie sie, die so vieles schon in Kauf genommen und überstanden hat. Bei einem Wettkampf vor den Olympischen Spielen verletzte sie sich so schwer an der Hand, dass sie operiert werden musste.

Doch das sind die alten Geschichten, Bauer will jetzt ihre neuen schreiben. Die Erfahrungen von Doha will sie mitnehmen und sich den Traum von Olympischen Spielen erfüllen. Was sie bei der WM erlebt und beobachtet hat, soll Motivation geben für die anstehenden Herausforderungen. "Es macht ja alles so seinen Sinn. Was immer das jetzt auch bedeutet", sagte sie noch und war dann auch schon wieder verschwunden.

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