Tod des Leicester-Klubpräsidenten:"Die Welt hat einen großartigen Mann verloren"

Lesezeit: 3 min

Nach dem Absturz kondolierten am Sonntag vor dem Stadion junge und alte Stadtbewohner. (Foto: AFP)
  • Der thailändische Präsident von Leicester City, Vichai Srivaddhanaprabha, stürzt mit seinem Hubschrauber ab. Er und vier weitere Personen sterben.
  • Srivaddhanaprabha war in Leicester sehr populär, seit er den Klub 2016 überraschend zum Meistertitel geführt hat. Sein Tod versetzt die Stadt in tiefe Trauer.
  • "Für mich warst du eine Legende, ein unglaublicher Mann, der alles für mich, meine Familie und den Klub getan hat", sagt Stürmer Jamie Vardy.

Von Barbara Klimke, Leicester/München

Am frühen Sonntagmorgen kamen die Ersten zum Stadion am Filbert Way, um Blumengebinde und Kerzen abzulegen. Jemand hatte ein Bild der Hindu-Gottheit Ganesha an die Wand gelehnt. Reihen von blauweißen Schals des FC Leicester City waren davor drapiert, aber auch Trikots in den Farben von Aston Villa oder Manchester City. Das Wort "Danke" stand auf einer schlichten Karte.

Auch am Tag nach dem Absturz des Hubschraubers des Klubpräsidenten Vichai Srivaddhanaprabha war unklar, wie es zu der Katastrophe kommen konnte, die viele, die dem Verein und seinem Eigner nahestanden, Fans, Zuschauer, aber auch Angestellte von Leicester City, aus kürzester Distanz erleben mussten. Dass der Helikopter des Präsidenten nach jedem Heimspiel mit dem Chef an Bord vom Rasen abhob, war seit 2010, dem Jahr, als der thailändische Unternehmer Srivaddhanaprabha den Klub übernommen hatte, zur Tradition geworden.

Unglück in England
:Besitzer von Leicester City stirbt bei Hubschrauber-Absturz

Der thailändische Besitzer von Leicester City, Vichai Srivaddhanaprabha, ist beim Hubschrauberabsturz am Stadion des englischen Erstligisten tödlich verunglückt.

Auch am Samstag, eine Stunde nach Abpfiff des 1:1 gegen West Ham, drehten sich wie üblich die Rotoren. Die Maschine, eine Agusta Westland AW169, überquerte das Stadiondach und begann dann unkontrolliert wie ein Kreisel zu trudeln, berichtete ein Augenzeuge dem Sender BBC Radio Leicester. Auch Peter Shilton, früher englischer Nationaltorwart und in Leicester geboren, sah, wie der Hubschrauber nach dem Aufprall um 20.30 Uhr in Flammen aufging, wie er später auf Twitter schrieb: "Ich bete für alle, die von dem Unglück betroffen sind." Leicesters Keeper Kasper Schmeichel soll als einer der Ersten zum Unglücksort gelaufen sein.

Jamie Vardie in tiefer Trauer

Die Absturzstelle liegt außerhalb der King Power Arena auf dem Stadiongelände in einem Teil des Parkplatzes, der von den Klubangestellten genutzt wird. Ob Passanten am Boden durch das Unglück verletzt wurden, blieb zunächst unklar, ebenso die Zahl der Helikopter-Passagiere und die Frage, ob Srivaddhanaprabha tatsächlich an Bord gewesen war. Erst am späten Sonntagabend bestätigte der Klub per Twitter und "mit tiefstem Bedauern und gebrochenem Herzen", dass Vichai Srivaddhanaprabha bei dem Absturz ums Leben gekommen ist, ebenso wie vier weitere Personen. Aiyawatt Srivaddhanaprabha, der Sohn des Klubeigners, der auch als Vizepräsident fungiert, war an diesem Samstagabend nicht im Stadion.

"Die Welt hat einen großartigen Mann verloren. Einen Mann voller Freundlichkeit und Großzügigkeit. Er hat Leicester geführt wie eine Familie", teilte der Klub mit. Auch Jamie Vardy, der englische Nationalstürmer von Leicester, machte seiner Trauer Luft: "Es ist schwierig, die richtigen Worte zu finden. Aber für mich warst du eine Legende, ein unglaublicher Mann, der alles für mich, meine Familie und den Klub getan hat", schrieb Vardy bei Instagram.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Dass Leicester, die Stadt und der Klub, dem thailändischen Gönner viel zu verdanken haben, steht außer Frage. Als "sehr, sehr großzügigen Menschen", beschrieb ihn am Sonntag Sven-Goran Eriksson, der erste Trainer, den Vichai Srivaddhanaprabha verpflichtet hatte, als er vor acht Jahren für 39 Millionen Pfund Sterling den Fußball-Zweitligisten übernahm - einen Klub mit großer Tradition, aber damals ohne nennenswerte Perspektive. In Thailand ist Srivaddhanaprabha mit Duty-Free-Läden zum Milliardär geworden, sein Unternehmen King Power betreibt unter anderem die Ladenflächen in Thailands größtem Flughafen Bangkok-Suvarnabhumi; nach diesem Geschäftserfolg ist auch das Stadion in Leicester benannt.

Die Generosität des Firmengründers erstreckte sich nicht nur auf das kickende Personal. Dass er, anders als der Rest der Oligarchen und Tycoons in der Premier League, auch die Menschen im Ort an seinem Reichtum teilhaben ließ, hat ihn zu einem der beliebtesten Klubbesitzer auf der Insel gemacht. Er hat ein neues Kinderkrankenhaus mit zwei Millionen Pfund unterstützt und der Medizinischen Fakultät der Uni Leicester eine Million Pfund vermacht. Im April, zu seinem 60. Geburtstag, verschenkte er sechzig Jahreskarten an Vereinsmitglieder, und regelmäßig spendierte er Freibier und Hot-Dogs im Stadion am Filbert Way.

Was ihm in der 300 000-Einwohner-Stadt in den Midlands jedoch eine Verehrung einträgt, die der für die Gottheit Ganesha nur wenig nachsteht, ist der Umstand, dass sein Investment Leicester City im Jahr 2016 einen gänzlich unerwarteten triumphalen Meistertitel in der Premier League ermöglichte - der Logik der Branche zum Trotz. Noch zu Beginn der Saison 2015/2016 hatte Leicester damals als Abstiegskandidat Nummer eins gegolten.

Srivaddhanaprabha hatte den Trainer gefeuert, der Italiener Claudio Ranieri übernahm und führte ein Team ohne große Namen mit taktischer Detailarbeit und klugem Management zu einer derart stürmischen Überlegenheit, dass es Klubs wie Chelsea, Liverpool oder Manchester City besiegte - Mannschaften, die zehnmal teurer waren. In Leicester reiften damals Spieler wie Jamie Vardy heran, ein Akteur, der acht Jahre zuvor noch in der siebten englischen Liga kickte und in einer Fabrik arbeitete, weil er wegen seiner schmächtigen Statur keinen Profivertrag bekam.

Mit dem Titelgewinn 2016 hat Leicester nicht nur unter Beweis gestellt, dass die Hegemonie der Finanzgewalt in der Premier League zu brechen ist. Der kleine Klub hatte der Liga, zumindest für eine Saison, auch die Faszination zurückgegeben, die das Fußball-Publikum in die Stadien zieht: die Unvorhersehbarkeit des Ausgangs einer Partie. Auch dafür haben die Fans, die am Sonntag ihre Schals, Trikots und Blumen an der Mauer ablegten, dem Präsidenten Vichai Srivaddhanaprabha gedankt.

© SZ vom 29.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Premier League
:Leicester City rettet das Herz des Fußballs

Je vorhersehbarer der Fußball wird, desto dringender braucht er Geschichten wie die unmögliche Meisterschaft von Leicester City.

Kommentar von Martin Schneider

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: