Laura Dahlmeier bei Olympia:"Ich bin nun mal keine Maschine"

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Will Spaß haben in Korea: die siebenmalige Weltmeisterin Laura Dahlmeier. (Foto: dpa)
  • Nach den medaillenlosen Spielen in Sotschi hat sich die Stimmung im Frauen-Team komplett gedreht. Nicht nur Laura Dahlemeier kann aufs Treppchen laufen.
  • Bei den Biathlon-Männern sieht die Siuation dagegen nicht so entspannt aus.
  • Hier geht es zum Zeitplan und zu den Ergebnissen in Pyeongchang.

Von Saskia Aleythe, Pyeongchang

Franziska Preuß kann heute wieder lachen und das ist vorab schon mal eine gute Nachricht. Man hat die Biathletin viel weinen sehen vor vier Jahren in Sotschi, sie war 19 Jahre alt bei ihren ersten Olympischen Spielen und dann brannte sich dieses Bild ein: Wie sie da hockt im Schnee, mit Verzweiflung im Gesicht, nur 600 Meter weit war sie als Startläuferin gekommen, bevor sich die Ski in einem Gerangel mit den Latten einer Konkurrentin verhedderten, Preuß fiel kopfüber in den Schnee. Am Schießstand liefen ihr schon die Tränen übers Gesicht, an diesem 21. Februar vor vier Jahren war Preuß das Gesicht des deutschen Biathlons: Es waren die Spiele der Enttäuschung, oder, wie Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig kommentierte: "Verdammte Spiele."

Verdammte Spiele von Sotschi, dass diese gerademal vier Jahre her sind, ist dann schon erstaunlich, verglichen mit der aktuellen Stimmungslage. "Wir können uns alle auf die Spiele freuen, als emotionalen Höhepunkt", sagt Gerald Hönig heute, sein Job hatte damals ja auch zur Debatte gestanden, nachdem die Biathletinnen am Schwarzen Meer zum ersten Mal überhaupt ohne olympische Medaille geblieben waren. Die Männer retteten mit einem zweiten Platz für Erik Lesser im Einzel und Staffel-Silber ihre Bilanz. Was noch prägender war, hatte allerdings weniger mit dem sportlichen Abschneiden zu tun: Als kurz vor dem Staffelrennen ein positiver Dopingbefund bei Evi Sachenbacher-Stehle bekannt wurde, verfiel ein ganzer Verband in Schockstarre. Und nun?

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Die Biathlon-Arena in Pyeongchang in Südkorea ist über Siebentausend Kilometer von der Arena in Sotschi entfernt und so eine räumliche Trennung tut oft ja auch ganz gut. "Es ist richtig schön hier in Korea", findet Laura Dahlmeier, der Himmel leuchtet hellblau im Sonnenschein, "überall sieht man die Olympischen Ringe. Sehr viele Sportler sind da, alle sind gut drauf. Es macht einfach Spaß, da zu sein." Sie selber war in Sotschi ja auch schon dabei gewesen, "es war alles neu, alles spannend, es war fast wie ein großer Abenteuer-Spielplatz", sagt sie heute, sie belegte einen 46., 30., 13. Platz in den Einzelrennen und einen elften Platz mit der Staffel. Vier Jahre später dürfte aber klar sein: Die Zeit des Spielens ist vorbei.

"Ich weiß, was ich kann"

Aus den Debütantinnen von damals sind erfahrene Biathletinnen geworden, und in Form von Dahlmeier seitdem eine insgesamt siebenmalige Weltmeisterin und Siegerin des Gesamtweltcups, was die Ausgangslage für die Spiele in Sotschi dann doch schon recht positiv beeinflusst. Was ihr bei der WM im Vorjahr in Hochfilzen in Österreich mit allein sechs Medaillen gelungen war, bezeichnet sie immer wieder als "einmalig", es ist eine bewusste Wortwahl, sie weiß ja: Im Biathlon eine Siegesserie hinzulegen, ist schon ein Kunststück. In der aktuellen Saison haben sie Infekte zwei Mal ausgebremst, der Weg zurück war beschwerlich, sie musste sich Tränen verkneifen, wenn es doch mal nicht so lief. "Ich bin nun mal keine Maschine", sagt Dahlmeier, "aber ich weiß, was ich kann und das habe ich in diesem Winter auch schon gezeigt".

Selbst mit drei ausgelassenen Rennen ist sie schon wieder auf Rang vier im Gesamtweltcup angekommen, stand bei den vergangenen vier Starts drei Mal auf dem Treppchen. Und nun, Olympiasiegerin werden? So klar formuliert sie das nicht. "Ich will Spaß und eine gute Zeit haben", sagt Dahlmeier, die am Samstag in ihr erstes Rennen startet, "wenn ich meine Bestleistungen abrufen kann, wäre ich zufrieden". Was sie mit einer Medaille dennoch sicher besser fände als mit einem 13. Platz.

Heute ist den Beteiligten klar, dass es damals bei der Vorbereitung auf Sotschi auch Fehler in der Trainingssteuerung gegeben hat, viele waren körperlich kaputt, man hat daraus gelernt. Bei Medaillenerwartungen sind sie im deutschen Betreuer-Team vorsichtig geworden, Gerald Hönig formuliert die Antwort darauf mittlerweile so: "Ein bis zwei in den Einzelwettbewerben und eine mit der Staffel wären ein sehr gutes Ergebnis."

Wobei dann auch Athletinnen in den Fokus rücken, die damals noch gar nicht dabei waren. Denise Herrmann gewann in Sotschi noch als Langläuferin Bronze mit der Staffel, nun ist sie Biathletin und immer öfter die Schnellste im ganzen Feld. Auch Franziska Hildebrand, Vanessa Hinz, Maren Hammerschmidt und Franziska Preuß sind über die Saison verteilt schon unter den besten Acht gelandet. "Wir haben nun sechs Leistungsträgerinnen, die in der Lage sind, im Spitzenbereich anzukommen", sagt Hönig, der bei jedem Rennen nur vier Athletinnen einsetzen darf. Doch dass alle in Südkorea zum Zug kommen, hat er seiner Mannschaft schon versprochen.

Derlei Luxusprobleme quälen Männerbundestrainer Mark Kirchner nicht, zumindest seine Staffelbesetzung dürfte klar sein: Er hat mit Simon Schempp, Erik Lesser, Arnd Peiffer und Benedikt Doll vier Weltmeister im Team, alle außer Peiffer haben ihre Medaillen nach den verdammten Spielen von Sotschi errungen. "Alle unsere Olympiastarter, einschließlich der Neulinge Roman Rees und Johannes Kühn, haben diesen Winter schon Top-Sechs-Ergebnisse erzielt", zählt Kirchner auf, der sich trotz Schießproblemen zuletzt Hoffnungen auf eine Staffelmedaille und in einem Einzelwettbewerb durch einen seiner Athleten macht. Um sich auf die späten Rennen am Abend einzustellen, hätte man einen besonderen Schlafrhythmus gewählt, erklärte sein Kollege Hönig noch. "Wir schlafen bis zehn, elf und gehen erst zwischen zwei und drei ins Bett." Was dann doch nach einem recht entspannten Start in Pyeongchang klingt.

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