Lage des HSV:Gerettet, aber schwer gezeichnet

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Provokante Jubelgesten: Pierre-Michel Lasogga (links) und Matthias Ostrzolek nach dem Sieg in Karlsruhe (Foto: dpa)

Warum spielen Fußballer beim HSV gefühlt viel schlechter als anderswo? Trotz des Klassenerhalts bleibt die Lage an der Elbe prekär. In Karlsruhe liefern die Spieler auch noch fatale Bilder.

Kommentar von Carsten Eberts

Der Hamburger SV steht da wie vor einem Jahr - gerettet und erleichtert, aber schwer gezeichnet. Doch diesmal ist es noch ein wenig schlimmer. Im vergangenen Jahr hatte der Klub den Absturz in die zweite Liga mit zwei Unentschieden in der Relegation gegen Greuther Fürth knapp vermieden. Die Freude war groß, die Aufbruchstimmung riesig. Nie wieder sollte der HSV in so eine Situation geraten.

Ein ereignisreicher Sommer folgte. Die Fußball-Abteilung wurde ausgegliedert, neue Millionen von Edelfan Klaus-Michael Kühne generiert, das Führungspersonal ausgetauscht. Dietmar Beiersdorfer, Bernhard Peters und Peter Knäbel kamen, und tatsächlich wunderten sich viele, wie es dem HSV gelingen konnte, drei solche Hochkaräter für die Kommandobrücke zu verpflichten. Auch in die Mannschaft wurde investiert: Lewis Holtby wurde angeworben, ein Nationalspieler. Auch Nicolai Müller, den die halbe Bundesliga wollte. Und Matthias Ostrzolek, der in Augsburg überzeugt hatte.

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Das Resultat war jedoch das gleiche. Wieder war der Klub zwischenzeitlich Tabellenletzter, erneut gelang die Rettung erst in der Relegation. Diesmal noch dramatischer, durch ein Freistoßtor nach einem fragwürdigen Schiedsrichterpfiff in der Nachspielzeit und einen Treffer in der Verlängerung. Verbessert hat sich bei dem Klub wenig, obwohl alle dachten, endlich auf dem richtigen Pfad zu sein.

Nun sind zwei Rückschlüsse möglich. Entweder dauert es länger als ein Jahr, um den maroden HSV zu renovieren. Oder es liegt an der Aura des Vereins, dass alle guten Leute, die zu ihm stoßen, gefühlt 30 Prozent schlechter agieren als anderswo.

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Holtby, Müller und Ostrzolek glichen sich schnell dem Niveau ihrer Teamkollegen an. Auch Beiersdorfer und Knäbel wurden für ihre vorherige Arbeit in Sankt Petersburg und beim Schweizer Verband geschätzt; in Hamburg haben sie dazu beigetragen, dass das Chaos doch nicht aufhört. Erinnert sei nur an die Episode mit Knäbel, der für zwei Spiele vom Sportdirektor zum Interimstrainer wurde, ehe allen auffiel, dass er gar kein Trainer war.

Wieder verschliss der HSV drei Übungsleiter in nur einer Saison, der vierte musste es richten. Bruno Labbadia hat es immerhin geschafft, die Spieler an ihrer Ehre zu packen. Sie standen kurz davor, den erstmaligen Bundesliga-Abstieg zu verantworten - anschließend wären sie wohl alle aus der Stadt gejagt worden. So zeigten sie punktuell, was mit 30 Prozent mehr möglich wäre.

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Trotzdem werden unrühmliche Bilder in den Köpfen bleiben. Am Montagabend bestürmten in der 120. Minute etliche HSV-Spieler den Karlsruher Rouwen Hennings, der eben seinen Elfmeter verschossen hatte. Im Moment des Triumphs bauten sie sich vor ihm auf, knallten ihm Sprüche an den Kopf, lachten den Karlsruher aus. Fast wie vor einem Jahr, als sich Pierre-Michel Lasogga nach dem Relegationssieg gegen Fürth aufplusterte und den unterlegenen Gegner nach Kräften verhöhnte.

So mögen viele Spieler in Diensten des HSV auf wundersame Weise um 30 Prozent schlechter agieren als bei ihren vorherigen Vereinen. Viele kommen sich trotzdem größer vor als sie sind.

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