TV-Experte Mehmet Scholl hat sich nach dem deutschen EM-Halbfinalsieg gegen Italien in Rage geredet und besonders die Gilde der Scouts und Taktik-Einflüsterer kritisiert. Chefscout Urs Siegenthaler "möge bitte seinen Job machen, morgens liegenbleiben, die anderen zum Training gehen lassen und nicht mit irgendwelchen Ideen kommen", schimpfte der langjährige Nationalspieler in der ARD nach dem deutschen Sieg im Elfmeterschießen gegen Italien.
Bundestrainer Joachim Löw war für das Spiel von seiner bisherigen Erfolgstaktik abgewichen. "Ich weiß nicht, ob es nur Siegenthaler ist, aber Jogi Löw wacht nicht nachts auf und sagt: 'Dreierkette, Dreierkette, Dreierkette'", sagte Scholl, dessen einzige Trainerstation Bayern München II war: "Das hätte man auch anders lösen können."
Scholl: "So gewinnt man Titel"
Eine funktionierende Mannschaft sei durch die plötzliche Umstellung auf eine Dreierkette aus dem Gleichgewicht gebracht worden. "Warum bringt man eine Mannschaft, die so funktioniert, in so eine Situation?", fragte Scholl und nannte Beispiele: "2008: angepasst und gegen Spanien verloren. 2010: angepasst an die Spanier - rausgeflogen. 2012 angepasst an die Italiener - rausgeflogen. Und jetzt kommt der Clou: 2014 hat Löw der Mannschaft vertraut und ab dem Viertelfinale mit der gleichen Aufstellung gespielt. So gewinnt man Titel."
Später nahm Scholl (45) nochmals Bezug auf die Taktik. "Warum sind wir Weltmeister geworden? Weil wir die schwachsinnigste Idee aller Zeiten, mit vier Innenverteidigern zu spielen, über Bord geworfen haben! Weil wir ein Gebilde hatten, das durchgelaufen ist", sagte er. "Jetzt haben wir wieder ein Gebilde und müssen dabei bleiben."
Löw hatte gegen die Italiener Benedikt Höwedes als dritten Innenverteidiger aufgeboten, bei gegnerischem Ballbesitz spielten die Weltmeister mit einer Fünferkette in der Abwehr.