US Open:"Es ist abscheulich, wie sie uns behandeln"

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Kristina Mladenovic unterlag bei den US Open auf höchst kuriose Weise. (Foto: AP)

Kristina Mladenovic verliert nach 6:1, 5:1-Vorsprung und beschwert sich heftig über die Situation angesichts der Pandemie - die für die Französin noch längst nicht vorbei ist.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Beim Video zum grandiosen Tennislied "Hello" von Martin Solveig ist es ja so: Der Protagonist holt bei den French Open einen 0:6, 0:6, 0:5-Rückstand auf, weil zum dramaturgisch idealen Zeitpunkt die Angebetete das Stadion betritt und ihm Novak Djokovic beim Protest hilft. Er gibt jedoch bei eigenem Matchball im fünften Satz auf, weil die junge Frau lieber mit Gael Monfils knutscht. Am Mittwoch war es umgekehrt bei den US Open, Kristina Mladenovic führte 6:1, 5:1, ein Spiel später hatte sie vier Matchbälle. Die vergab sie, das Ergebnis am Ende: Varvara Gracheva (Russland) gewann 1:6, 7:6 (2), 6:0 - und natürlich muss die Frage erlaubt sein: Was ist da passiert?

"Es war ein Total-Zusammenbruch", sagte Mladenovic danach, sie war den Tränen nahe: "Ich würde gerne darüber reden, was hier los ist: Es ist abscheulich, wie sie uns behandeln. Hätte ich das gewusst, hätte ich niemals teilgenommen. Ich will aber keine Ausreden für die Niederlage suchen. Ich habe 6:1, 5:1 geführt, es ist nicht der Fehler des amerikanischen Tennisverbandes USTA, dass ich vier Matchbälle vergeben habe." Es ist dennoch interessant und auch wichtig, was Mladenovic gesagt hat, und wie sie es gesagt hat. Das Problem nämlich: Ohne Journalisten (erlaubt sind nur die TV-Kommentatoren des Sportsenders ESPN) dringt nicht allzu viel Heikles aus dieser Blase, es braucht Kronzeuginnen wie Mladenovic.

Sie gehört zu den Kontaktpersonen von Benoit Paire (Frankreich), der positiv auf Corona getestet worden und von den US Open ausgeschlossen worden war. Diese Personen, die USTA hat die konkrete Zahl oder gar Namen mit Hinweis auf deren Privatsphäre noch immer nicht veröffentlicht, mussten zusätzliche Sicherheitsprotokolle unterschreiben, um an den US Open teilnehmen und Antritts- und Preisgeld bekommen zu dürfen. "Ich habe den Eindruck, dass wir Gefangene oder Verbrecher sind", sagte Mladenovic: "Wir müssen bei jeder Bewegung Erlaubnis einholen, obwohl wir mittlerweile insgesamt 39 negative Tests hatten. Die Bedingungen sind einfach nur scheußlich."

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Die französischen Männer Adrian Mannarino, Grégoire Barrère, Richard Gasquet und Èdouard Roger-Vasselin sowie die belgischen Frauen Kirsten Flipkens und Ysaline Bonaventure hatten Kontakt zu Paire - sie haben es selbst öffentlich gemacht. Noch immer wird spekuliert, dass ein Topspieler zu denen gehört, die sich nun nicht mehr frei bewegen und im Hotel den Aufzug nicht mehr benutzen dürfen, sondern in Begleitung über die Treppe zu ihren Zimmern gelangen müssen. Mladenovic war bislang ausschließlich negativ getestet worden, beim Kartenspiel mit Paire habe sie Abstand gehalten und eine Maske getragen.

"Ich will nur noch meine Freiheit wiederhaben", sagte Mladenovic. Nun, das könnte schwierig werden. Zum einen tritt sie mit Timea Babos (Ungarn) im Doppel an, das Paar ist auf Platz eins gesetzt. Zum anderen: Selbst bei einer weiteren Niederlage muss Mladenovic dem aktuellen Protokoll zufolge bis zum 12. September in Quarantäne in New York bleiben. "Wir kämpfen für unsere Freiheit", sagte sie. Es heißt, dass die Behörden an einer Lösung arbeiten, die betroffenen Spieler schon eher nach Europa zu bringen.

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