Krise im Mannschaftssport:Publikum verzweifelt gesucht

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Die Liga-Chefs von Handball, Eishockey und Basketball befürchten, dass die Wirtschaftskrise bald bei den Fans ankommt. Die Spielergehälter sinken bereits erheblich.

Ulrich Hartmann

Im alten Eisstadion an der Brehmstraße war es immer zugig und kalt, trotzdem pilgerten die Düsseldorfer stets treu dorthin. Die Brehmstraße ist ein Eishockey-Mythos. Seit drei Jahren spielt die DEG nun in einer modernen Arena nördlich der Stadt. Zum jüngsten Heimspiel kamen nur noch 3816 Zuschauer in die das Vierfache fassende Halle. Klubmanager Elmar Schmellenkamp sagt, dass es so nicht weitergehe und meinte kürzlich gar in der Lokalpresse, man denke zunächst nicht über eine Rückkehr an die Brehmstraße nach. Diese Art Dementi lässt aufhorchen.

Die Show stimmt, aber wenn das Licht angeht, ist die Realität in der Düsseldorfer Arena unübersehbar. Zuletzt kamen nur 3816 Besucher zur DEG. (Foto: Foto: Getty)

In Köln haben die Fans Flugblätter verteilt. In der Nacht zum Sonntag warfen sie 300.000 selbst bezahlte Blättchen in Briefkästen und riefen zum Besuch beim örtlichen Eishockeyklub auf, nach dem Motto: Publikum - verzweifelt gesucht. Zu den bisher neun Heimspielen der Haie kamen im Schnitt 9476 Zuschauer, pro Spiel 3235 weniger als vor vier Jahren.

In Köln, ebenso wie in Düsseldorf und damit an zwei der traditionsreichsten Standorten, sinkt die Zahl der Zuschauer seit vier Jahren, und weil bei den Klubs der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) die Spieltagserlöse ein Drittel des Umsatzes ausmachen, wächst die Sorge.

Skepsis statt Überschwang

Eishockey zieht nach dem Fußball die meisten Zuschauer in Deutschland an. Statistische 6105 Besucher kamen in der vergangenen Saison zu jedem der 460 Saisonspiele. Zu den Partien der Handball-Bundesliga (HBL) kamen durchschnittlich 4804 Zuschauer, zu jenen der Basketball-Bundesliga (BBL) 3863.

Diese Zahlen stammen ebenso aus einer Studie der Wirtschaftsberatergesellschaft "Deloitte" wie die über das Umsatzwachstum in besagten Profiligen. Demnach steigerten alle drei Spielklassen ihren Umsatz (ohne Transfers) in den vergangenen sechs Jahren kontinuierlich: die Eishockeyliga seit 2003 um 34 Prozent auf 95 Millionen Euro, die Basketball-Bundesliga um 80 Prozent auf 59,3 Millionen und die Handball-Bundesliga sogar um 82 Prozent auf 78,1 Millionen Euro.

Es gab also eigentlich Anlass zum Überschwang am Montag bei einem Klubmanager-Forum in Köln. Doch die Geschäftsführer von Eishockey-, Handball- und Basketball-Liga tauschten mindestens so viele Sorgen über die Zukunft aus wie Freude über das Erreichte. "Alle drei Ligen haben in den vergangenen Jahren einen schönen Aufstieg genossen", sagt BBL-Geschäftsführer Jan Pommer, "aber jetzt ist uns bewusst, dass wir erst mal ein Stück am Kamm gehen müssen." Pommer wäre schon froh, wenn seine 18 Basketballklubs in dieser Saison die 59,3 Millionen Euro Gesamtumsatz der vergangenen Saison erreichen würden.

"Die Stimmung beim Forum war diesmal vorsichtiger als in den vergangenen Jahren", sagt Frank Bohmann. Der Geschäftsführer der HBL erwartet zwar in dieser Saison ein weiteres Umsatzwachstum von 78,1 auf 82 Millionen Euro, doch genießt er diese Prognose verhalten. "Es sind die Topvereine, die das Tempo hoch halten", relativiert Bohmann. "Die Klubs müssen sich auf einfache kaufmännische Tugenden besinnen." In der vergangenen Saison hatten Essen, Nordhorn und Stralsund die Segel streichen müssen, mit Dormagen und Gummersbach sind auch in der laufenden Spielzeit zwei Vereine zeitweise in Sorge geraten. "Ein neues Bewusstsein ist nötig", fordert Bohmann, "die Vereine dürfen nicht zu viel Risiko aufnehmen."

Die wachsende Besorgnis scheint die Risikofreudigkeit bereits zu regulieren. "Die Spielergehälter bei Neuverträgen sind im Eishockey um 15 bis 20 Prozent gesunken", schätzt Gernot Tripcke. Der DEL-Geschäftsführer hat beim Managerforum "eine gesunde Skepsis" festgestellt "nach vorsichtigem Optimismus in den vergangenen Jahren". Die Sorgen um Konsumentenverluste wie in Köln und Düsseldorf hält er für bezeichnend.

Spannender Herbst

"So ein Zuschauerverlust geht jetzt schneller als früher, zumal in Köln keiner versteht, wenn Klubs wie Straubing oder Iserlohn in der Tabelle plötzlich besser stehen." Tripcke kalkuliert in dieser Saison mit einem von 95 auf 93 Millionen Euro leicht sinkenden Liga-Umsatz, der angesichts einer Reduzierung der Klubs von 16 auf 15 aber effektiv sogar einen minimalen Anstieg bedeuten würde.

Handball, Eishockey und Basketball erleben gerade eine Saison, die die Steigerungsraten der Vergangenheit auf die Probe stellt, und BBL-Chef Pommer glaubt nicht, dass danach alles überstanden ist. "Die Krise ist im Geldbeutel der Konsumenten noch gar nicht angekommen", sagt er. Wenn das stimmt, wird das Forum der Manager im nächsten Herbst mindestens genauso spannend wie am Montag.

© SZ vom 18.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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