Korruption bei der Fifa:Schluss mit dem Sonderrecht

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Absurder geht's nicht: Die Fifa will ihre Korruption aufklären - jener Verband, dem im Juni ein Strafgericht öffentlich attestierte, er vertusche die Korruption im eigenen Haus.

Thomas Kistner

Sepp Blatters Auftritt letzte Woche war die Schlüsselszene im aktuellen Bestechungsskandal um den Fußballweltverband Fifa. Anlässlich der Suspendierung zweier mutmaßlich korrupter Vorstandsmitglieder warnte der Boss eindringlich vor Verallgemeinerung solcher Einzelfälle und rief: "Lassen Sie uns unsere Arbeit machen und die Sache aufklären!"

Fifa-Präsident Sepp Blatter: "Lassen Sie uns unsere Arbeit machen und die Sache aufklären!" (Foto: REUTERS)

Absurder geht's nicht.

Die Fifa klärt ihre Korruption auf - jener Verband, der Spitzenfunktionäre alimentiert, die Schmiergelder kassiert haben und dem im Juni ein Strafgericht öffentlich attestierte, er vertusche die Korruption im eigenen Haus - indem er zuließ, dass Amtsträger klammheimlich 5,5 Millionen Franken an den Verband zurückführen durften, um so einen Strafprozess zu vermeiden. Bei dem wären ja Namen publik geworden. Diese Fifa, die mit steten Bereicherungsvorwürfen lebt, weil Vorständler mit Tickets oder TV-Rechten Vermögen scheffeln - die klärt jetzt ihre Korruption auf? Viel Erfolg.

Die gute Nachricht ist, dass es der Schweiz, dem bisher so servilen Gastgeber der meisten Sportweltverbände, nun doch zu peinlich wird. Bislang unterliegen die Verbände nicht der strafrechtlichen Korruptionsverfolgung - der Dreh, mit dem der Bundesrat das einst eingefädelt hat, sieht so aus: Die Großverbände sind ja formal nicht an Gewinn orientierte Vereine - also nahm man sie vom Schweizer Gesetz aus. Es galt, die Verbände im Lande zu halten, wegen des Renommees und wohl auch wegen der, nun ja, üppigen wirtschaftlichen Großwetterlage im Sport.

Nun soll Schluss sein mit Sonderrechten. Das wird Zeit, und ist das Einzige, was dem rasant in die - teilweise organisierte - Kriminalität abdriftenden Sport helfen kann. Dass für ihn immer noch weltweit Autonomie gilt, befeuert all die Exzesse, die heute die Kehrseite des Sports bilden: Korruption, Doping, Spielbetrug. Autonomie brauchte der Sport zu Turnvater Jahns Zeiten, als Ehrenämtler und Mäzene am Werk waren. Seitdem ist er zu einer global vernetzten Milliardenindustrie gewachsen.

Zugleich sind es nur einige Handvoll oft obskurer Geschäftsleute, die den Staaten vor WM- oder Olympiavergaben Steuer- und Zollgeschenke abpressen, plus Arbeitserlaubnis für die Mitglieder ihrer sogenannten Sportfamilie. Dann stimmen sie ab - unkontrolliert, ohne Rechenschaft geben zu müssen. Eine Parallelwelt aber, die nur ihren eigenen Gesetzen folgt, kann nur mit viel Druck von außen geändert werden.

© SZ vom 27.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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