Tennis:Weltrangliste mit Sternchen

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Zurück an der Spitze der Tennis-Weltrangliste: Angelique Kerber. (Foto: Getty Images)

Angelique Kerber gewinnt zurzeit kaum Matches auf der Tour. Und doch wird sie bald schon wieder die Spitze im Welttennis übernehmen. Über ein wunderliches Ranglistensystem.

Von Gerald Kleffmann

Achtung, breaking news, so ging die New York Times als erstes Medium auf den Markt mit der Nachricht, dass Serena Williams in letzter Minute ihre Teilnahme für das Turnier in Indian Wells zurückgezogen habe, offiziell wegen einer Knieverletzung. Ihre Absage ist umso mehr von Belang, weil die Amerikanerin den Platz als Erste der Weltrangliste damit einbüßen wird. Vom 20. März an, wenn das neue Ranking erscheint, wird Angelique Kerber wieder oben geführt. Die Kielerin nimmt dann zum zweiten Mal in ihrer Karriere die Pole Position ein.

Nach einem tollen Jahr mit zwei Grand-Slam-Siegen hatte Kerber nach den vergangenen US Open 20 Wochen die Spitze innegehabt, die 29-Jährige löste nationale Euphorie aus. Ihre Leistung war fürwahr speziell. 17 Jahre nach Steffi Graf war sie die erste Deutsche, die es auf Rang eins geschafft hatte. Nun aber ist die gefühlte Anteilnahme, so schnelllebig ist der Sport, eine andere, nüchterne. Denn Kerber hat bisher keine gute Saison gespielt.

Man darf sich also darüber wundern, dass es zu dieser Rochade kommt, aber natürlich ist sie faktisch berechtigt. In New York stemmte Kerber den Pokal und wurde quasi kraft frischer Erfolge Nummer eins. Das war leichter zu verstehen. Diesmal spielt das Punktesystem der Rangliste eine Rolle - und die Karrierephase von Williams. Diese Zusammenhänge, die Kerber in die Karten spielen, sind komplexer.

Bei den Australian Open jüngst hat jeder gesehen: Williams ist an normalen Tagen, wenn keine Gegnerin über sich hinauswächst wie Kerber 2016, die Beste. Sie gewann ihren 23. Grand-Slam-Titel und löste Kerber wieder ab, die als Titelverteidigerin im Achtelfinale verlor. In die Weltrangliste fließen die Punkte der vergangenen zwölf Monate ein, erzielte Punkte bei einem Turnier aus dem vergangenen Jahr werden durch jene beim gleichen Turnier im neuen Jahr ausgetauscht. Noch liegt Williams 375 Zähler vor Angelique Kerber. Als Finalistin von 2016 hatte sie in Indian Wells allerdings 650 Punkte zu verteidigen. Diese fallen nun weg - Kerber kann den Vorsprung gar ausbauen; sie verlor im vergangenen Jahr ihr Auftaktmatch.

Williams fühlt sich weiter als Nummer erins der Welt

Da Williams auch für Miami abgesagt hat, wird Kerber mindestens bis 2. April oben bleiben. Vielleicht länger, auch ohne große Siege. Williams hat in Melbourne betont, dass sie 2017 wenig spielen wird. Sie muss sich nicht mehr jedes Turnier ohne Grand-Slam-Status antun. Sie hat sich verlobt, als Unternehmerin hat sie viele Projekte laufen. Wenn es nach ihr ginge, würde sie nur noch in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York antreten. Die Weltrangliste müsste man mit einem Sternchen versehen - weil Williams außer Konkurrenz ist.

Die 35-Jährige sieht das eigentlich auch so. Als sie im Januar gefragt wurde, wie sie sich als Nummer zwei gefühlt habe, sagte sie: "Nicht viel anders. Ich habe mich noch als Nummer eins gefühlt."

© SZ vom 09.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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