Stürze bei der Tour de France:Glück im Unglück - noch

Lesezeit: 2 min

In diesem Jahr ebenfalls schwer gestürzt: Tony Martin (Foto: REUTERS)

Radsport ist gefährlich. Doch es ist zu diskutieren, wie sehr die Streckenführung die Gefahren verstärkt. Langsam sehen das auch die Fahrer so.

Kommentar von Johannes Aumüller

Vor ein paar Tagen ist der Tross der Tour de France mal wieder über den Col de Portet-d'Aspet gefahren, am Streckenrand haben die Fahrer eine Gedenktafel sehen können. Vor 20 Jahren stürzte der Italiener Fabio Casartelli an diesem Berg, wenige Stunden später verstarb er an seinen schweren Kopfverletzungen. Casartellis Tod ist eine Mahnung daran, wie gefährlich dieser Sport sein kann.

Am Montag ist das Feld kurz vor der Etappenankunft in Gap wieder einmal den Col de Manse hinab gebrettert. Es ist eine schmale, schwierige Abfahrt mit engen Kurven, sie stand in der jüngeren Tour-Geschichte häufiger im Blickpunkt. 2003 brach sich der Spanier Joseba Beloki dort den Oberschenkelhals, vom Sturz erholte er sich nie mehr. Lance Armstrong nutzte damals die Verwirrung, er kürzte ab und setzte an jener Stelle zu einer legendären Querfeldeinfahrt an. 2013 kam der Spanier Alberto Contador zu Fall, dieses Jahr erwischte es Geraint Thomas. Ein Kontrahent versteuerte sich und schubste den Briten von der Straße, Thomas knallte mit dem Kopf gegen einen Laternenpfahl aus Holz und stürzte die Böschung runter.

Es sah fürchterlich aus, doch Thomas hatte Glück im Unglück. Er krabbelte hoch, schaffte es, nur 38 Sekunden auf die Gruppe zu verlieren, im Ziel begann sogleich das Scherzen. Thomas gab an, dass ihn nun wohl der Arzt fragen werde, wann er Geburtstag habe und ob er seinen Namen noch wisse? "Chris Froome!" Der britische Humor im Team Sky, der Verweis auf den Führenden der Tour, ist zu verstehen, wenn ein solcher Moment halbwegs glimpflich ausgeht. Doch die Rad-Zunft insgesamt muss Gefahren ja nicht immer erst dann diskutieren, wenn etwas Schlimmes passiert.

Radsport ist gefährlich. Er findet auf nur zwei Rädern statt, die Fahrer jagen bei jedem Wetter auf schmalen Pneus über den Asphalt. Zudem wird der Fahrstil immer extremer. Aber es ist schon zu diskutieren, wie sehr die Streckenführung die Gefahren verstärkt.

Radprofi John Degenkolb
:Meister der verpassten Siege

John Degenkolb will ein Etappensieg auf der Tour de France einfach nicht gelingen - doch sein starkes Radsport-Jahr lässt er sich nicht vermiesen. Eine Hoffnung hat er noch: Die Champs-Élysées.

Von Johannes Aumüller

Eher leise, aber doch schon vernehmbar sind die Stimmen von Fahrern, die fragen, wie spektakulär es auf den Etappen zugehen muss, es zugehen darf. Dazu gehört die Frage, ob Abfahrten wie in Gap sein müssen. Zudem extra eingebaut als Scharfrichter, kurz vor dem Ziel, um das Finale zu dramatisieren. Die Pyrenäen und die Alpen sind so groß, so schön, da gibt es genügend Abfahrten, die harmloser sind. Zumindest harmloser erscheinen.

© SZ vom 22.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: