Fußball:Der vorschriftsmäßige Abstiegskampf der Bundesliga

Lesezeit: 2 min

Bobby Wood vom Hamburger SV schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen. Vor dem alljährlichen Abstiegskampf des HSV gibt es aber anscheinend kein Entkommen. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Die etatschwächsten Teams und der HSV kämpfen um den Klassenverbleib - das ist so gewöhnlich wie lange nicht mehr. Nächste Saison wird es dafür unvorhersehbar.

Kommentar von Christof Kneer, München

Für alle Mannschaften, die in Zukunft vorhaben abzusteigen, war das doch ein tröstliches Bild. Die Darmstädter liefen hinaus in ihre Kurve und hoben die Hände zum Himmel, und die Fans feierten. Abstieg muss nicht wehtun und kann vielleicht sogar Spaß machen, das war die Botschaft, die dieses Bild im Untertitel mit sich führte, und wer mag, kann sich dieses Bild nun einrahmen und im Trainingslager übers Bett hängen. Man schläft dann vielleicht besser, wenn man in Zukunft sogenannte Abstiegs-Endspiele vor sich hat.

Die Liga ist Anfang Mai eigentlich andere Bilder gewöhnt, in Stuttgart stürmten vor einem Jahr Hunderte von teils vermummten Fans den Rasen, ähnliche Bilder kennt man aus den Jahren zuvor aus Frankfurt, Berlin oder Köln. Hat Darmstadt, dieses tapfere, kleine Darmstadt also im 54. Jahr der Bundesliga den Abstiegskampf neu erfunden, haben sie ein Exempel statuiert für die kommenden Jahre?

Schön wär's, aber die Antwort muss natürlich heißen: leider nein. Es wird auch weiterhin Platzstürme und Busblockaden geben, denn es ist ja so: Darmstadts sich lange anbahnender Abstieg, der seit dem 0:1 in München end-end-endgültig feststeht, ist keine Katastrophe und schon gar keine Sensation. Er ist normal - so normal, wie auch ein Abstieg des FC Ingolstadt wäre, der aber nach dem 1:1 gegen Leverkusen weiterhin zumindest auf die Relegation spekulieren darf. Und dass diese Hoffnung auch mit dem HSV zu tun hat, ist inzwischen auch irgendwie normal - bei den Hamburgern passen zwar weder die Ansprüche noch das Gehaltsgefüge in den Tabellenkeller, aber das ist dem Tabellenkeller seit einigen Jahren schon spektakulär egal. Der FC Bayern wird Meister und der HSV Sechzehnter: Wer das vor einer Saison wettet, wird demnächst wahrscheinlich im Falle einer korrekten Vorhersage für einen Euro Einsatz etwa 99 Cent zurückbekommen.

Dass sich auch der VfL Wolfsburg und sogar Bayer Leverkusen im erweiterten Abstiegskampf wiederfinden, entspricht nicht jener artgerechten Haltung, die für diese prominent und teuer besetzten Teams eigentlich vorgesehen ist, aber unterhalb dieser VIP-Teams ist der Abstiegskampf in dieser Saison so vorschriftsmäßig wie schon seit Jahren nicht mehr. Darmstadt und Ingolstadt, das sind exakt jene Mannschaften, denen die Plätze 17 und 18 gemäß Papierform rechtmäßig zustehen, auch Mainz 05 und der FC Augsburg gehören zu jenen Teams, die am wenigsten in ihre Kader investieren - so treffen sich vier der fünf etatschwächsten Standorte diesmal tatsächlich auch am Ende des Feldes, eine Ausnahme bildet alleine der SC Freiburg.

Allen Tippern sei aber empfohlen, das diesjährige Saisonfinale lieber nicht zu verallgemeinern. Es wird sehr riskant sein, nächste Saison einfach wieder die Kleinsten nach unten zu tippen, zumal sich ja auch diese Frage stellen könnte: Wer sollen denn nächstes Jahr überhaupt die Kleinsten sein, wenn Darmstadt und vielleicht Ingolstadt absteigen und stattdessen etablierte Ligakräfte wie Stuttgart, Hannover oder Braunschweig aufsteigen? Man wird höchstens wieder auf den HSV als Sechzehnten wetten können, das geht natürlich immer.

© SZ vom 07.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

FC Bayern in der Einzelkritik
:Starke, die gelungene Neuer-Kopie

Der älteste Bayern-Torwart hält einen Elfmeter, Costa guckt grimmig wie Robben - und Lewandowski gewinnt nur das Wickelduell. Die Bayern gegen Darmstadt in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Thomas Gröbner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken
OK