1. FC Köln:Ovationen von schottischer Dimension

Lesezeit: 2 min

Spieler des 1. FC Köln stehen nach dem 2:2 gegen Nizza vor der Fankurve und werden trotz des Ausscheidens gefeiert. (Foto: Gabriel Boia/Eibner/Imago)

Der 1. FC Köln verabschiedet sich ehrenhaft aus der Conference League - der Aufholjagd gegen Lucien Favres Nizza fehlt nur ein Tor. Obwohl die Europa-Reise damit endet, beweist der Wettbewerb seinen emotionalen Wert.

Von Philipp Selldorf, Köln

Diese eine letzte Chance würde noch kommen, denn so ist es fast immer, wenn eine Mannschaft bloß den einen Treffer braucht und ihr Glück zu zwingen sucht. 47 000 in Köln-Müngersdorf warteten auf den einen großen Moment, die Fankurve, bis dahin lauter als die Fanfaren von Jericho, hatte vor fiebriger Spannung das Singen eingestellt, und dann kam sie tatsächlich, die Chance - in der dritten Minute der Nachspielzeit. Doch der Mann, der am Fünfmeterraum stand und das 3:2 für den 1. FC Köln gegen OGC Nizza auf dem Kopf hatte, hieß Benno Schmitz.

Der ehrenwerte Rechtsverteidiger Schmitz, 27, hat im Laufe seiner Profi-Karriere in Salzburg, Leipzig und Köln schon mehr als 160 Spiele gemacht, aber ein Tor hat er zuletzt vor achteinhalb Jahren als Nachwuchsspieler erzielt, beim 6:0 der Zweitvertretung des FC Bayern gegen den SV Seligenporten in der Regionalliga Bayern. Seinem Trainer hat Schmitz, wie Steffen Baumgart später berichtete, schon seit langem versprochen, endlich mal wieder ein Tor zu schießen. Aber als nun der ideale Anlass gekommen war, gab sich Baumgart keinen Illusionen hin: "Ach, ich weiß nicht", gab er seine Erwartungen im besagten Moment wieder: "Ich hab´ nicht so viel Vertrauen in Bennos Kopfballspiel."

Hätte Schmitz die Flanke von Linton Maina verwertet, wären die Kölner als Gruppenerster ins Achtelfinale der Conference League eingezogen. Sie hätten sich die Zwischenrunde gespart und wären erst im März wieder eingestiegen. Insofern haben all diejenigen, die am Donnerstagabend meinten, vielleicht sei es besser, dass man sich jetzt ganz auf die heimische Liga konzentrieren könne, groben Unfug erzählt.

Trainer Baumgart sagt, er sei "überglücklich, hier arbeiten zu können"

Der Trainer wollte den Europatrip fortsetzen, die Mannschaft wollte es, und ganz Köln am Rhein wollte es ebenfalls. Dass es trotz mitreißender Aufholjagd nicht reichte, lastete Baumgart nicht Schmitz an, sondern den technischen Problemen, die seiner Elf im Duell mit Lucien Favres luxuriös besetztem Team im Weg waren. "Heute war es leider der eine oder andere Fehler zu viel", befand Baumgart, um gleich darauf eine Liebeserklärung auszusprechen: "Begeistert" sei er über die Leistung und die Mentalität seiner Mannschaft, und deshalb auch "überglücklich, hier arbeiten zu können".

Große Worte sind das, zumal im Rahmen eines angeblich unbedeutend kleinen Wettbewerbs. Aber die hierzulande oft als überflüssig geringgeschätzte Conference League hat in Köln ihren Wert bewiesen. Die Ovationen der Besucher während der Ehrenrunde des Teams hatten schottische Dimensionen, der Applaus prasselte wie warmer Mai-Regen.

"Es war einfach schön", meinte Baumgart. Bloß die Bürokratie der Uefa nervte ihn: Es gebe "ganz, ganz viele Sachen", bei denen er gedacht habe: "Leute, holt mal euer Zäpfchen aus dem Hintern und bleibt mal ein bisschen locker. Es geht um Fußball." Die Uefa wird den Ratschlag sicherlich dankbar aufgreifen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: