Venus Williams droht Karriereende:Zu müde zum Tennisspielen

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Die Tenniswelt bangt um Venus Williams: Die frühere Nummer eins leidet an der Autoimmun-Erkrankung Sjögren-Syndrom und muss bei den US Open in New York aufgeben. So kommt Sabine Lisicki kampflos weiter - und gehört nun zu den Favoritinnen.

Sie hatte sich nicht einmal die Trainingsklamotten ausgezogen, als sie Flushing Meadows vielleicht zum letzten Mal als Tennisspielerin verließ. Statt ihrer Rackets trug sie eine bunte Handtasche, und ihr flüchtiges Winken verriet den Wunsch, der Venus Williams in diesem Moment durch den Kopf ging. Bloß weg hier. Weg von den vielen Menschen, die sie durch ihre Absage des Zweitrundenmatches gegen Sabine Lisicki gerade enttäuscht hatte.

Ihr vielleicht letztes Spiel: Venus Williams beim Auftaktsieg in New York gegen Wesna Dolonz. (Foto: REUTERS)

Weg aber auch von den Plätzen ihres Lieblingsturniers, die sie bei den US Open womöglich nie wieder betreten wird. "Schock" war das meistgebrauchte Wort, nachdem die zweimalige US-Open-Siegerin (2000/2001) nach dem Aufwärmtraining entschieden hatte: "Es geht nicht; ich kann nicht spielen." Dabei hatte sie gedacht, in New York das Seuchenjahr endlich hinter sich lassen zu können. Nur zehn Spiele hat die 31-Jährige in diesem Jahr bestreiten können.

Flushing Meadows ist erst ihr vierter Turniereinsatz in dieser Saison nach den Australian Open, Eastbourne und Wimbledon, wo die siebenmalige Grand-Slam-Siegerin in ihrer großen Karriere allein fünfmal triumphierte.

Mal war es eine Hüftverletzung, dann eine Erkältung, und immer häufiger gab es gar keine Erklärungen. Auch am Mittwoch hieß es nach der Absage der Partie gegen Lisicki zunächst nebulös: "... wegen einer nicht näher spezifizierten Erkrankung". Später wurde die Diagnose "Sjögren-Syndrom" nachgereicht, was die Befürchtung zulässt, dass ihr Auftaktsieg gegen Wesna Dolonz das letzte Match der Profi-Tennisspielerin Venus Williams gewesen sein könnte. "Ich bin sehr enttäuscht, dass ich nicht antreten kann", so die 31 Jahre alte Amerikanerin, "aber die Krankheit nimmt mir meine Kraft und verursacht Müdigkeit und Gelenkschmerzen."

Die Behandlung des Sjögren-Syndroms kann langwierig sein und den Einsatz von Medikamenten wie Kortison notwendig machen, die auf der Dopingliste stehen. Bei der Autoimmun-Erkrankung werden Speichel- und Tränendrüsen angegriffen; es kommt oft zu Gelenkschmerzen, Müdigkeit und Schwäche - in einigen Fällen sogar zu Depressionen. "Ich bin dankbar, dass ich jetzt endlich eine Diagnose habe", sagte die Amerikanerin in einer Mitteilung der WTA-Tour. Und: "Jetzt konzentriere ich mich darauf, dass es mir bald wieder besser geht und ich auf den Tennisplatz zurückkehren kann."

US Open
:Görges gewinnt, Lisicki kampflos weiter

Julia Görges gewinnt ihre Partie bei den US Open locker, Philipp Petzschner siegt im Doppel. Das Duell von Sabine Lisicki gegen Venus Williams dagegen entfällt, weil die Amerikanerin kurz vor dem Spiel verletzt absagen muss.

Sabine Lisicki erzählte: "Ich dachte zuerst: Ach ne, schade, ich hatte mich so auf die Partie gefreut." Auch sie hatte schon ein unschönes Erlebnis in New York: Vor zwei Jahren hatte sie den Platz im Rollstuhl verlassen, nachdem sie auf dem Platz umgeknickt war. Es dauerte lange, bis die Berlinerin wieder Tennis spielen konnte wie zuvor: "Die Verletzung hat viel verändert. Es kann so schnell was passieren. Ich sehe heute vieles anders und gelassener."

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"Man merkt, dass die Belastungen im Profitennis immer höher werden. Und wenn es zu viel wird mit Training, Matches und dem Arbeiten im Fitnessraum, dann wehrt sich der Körper eben", meinte der frühere Profi John McEnroe. Philipp Petzschner hatte am Rande der US Open berichtet, dass er in den vergangenen Wochen an Pfeifferschem Drüsenfieber gelitten hatte. Die Misere setzte sich am Mittwoch fort: Der Weltranglistensechste Robin Söderling (Schweden) konnte wegen einer Virusinfektion nicht zu seinem Zweitrundenspiel antreten. Die Belgierin Yanina Wickmayer, 2009 noch im Halbfinale, gab wegen einer Muskelverletzung auf. Da passt es ins Bild, dass Titelverteidigerin Kim Clijsters (Belgien) aufgrund einer Bauchmuskelblessur gar nicht erst an den Start ging. Die besorgniserregende Entwicklung zeichnete sich bereits im Laufe der Saison ab. In diesem Jahr gab es allein im Kreis der Top 20 der Frauen-Weltrangliste zwölf Aufgaben.

Durch ihr "Freilos" in Runde zwei kann Lisicki nun die Trainingseinheiten nachholen, die sie wegen des Sturms Irene verpasste. Nach ihrem Turniersieg in Dallas gab es keine Flüge mehr und sie kam verspätet in New York an. Am Samstag wartet dann die Amerikanerin Irina Falconi, die sich überraschend gegen die an Nummer 14 gesetzte Slowakin Dominika Cibulková durchsetzte.

Nicht erst seit der Absage von Venus Williams sehen viele Experten die Deutsche als Mitfavoritin auf den Turniersieg. "Darüber denke ich gar nicht nach", meinte Lisicki, "ich habe inzwischen aber genug Erfahrung, um mit dem Erwartungsdruck besser umzugehen."

Julia Görges und Angelique Kerber folgten Lisicki in die dritte Runde. Die an Nummer 19 gesetzte Görges hatte wenig Mühe beim 6:3, 6:1 gegen die Spanierin Laura Pous-Tio. Am Freitag trifft die 22 Jahre alte Bad Oldesloerin auf die Chinesin Shuai Peng. Die 13. der Setzliste "wird ein sehr hoher Prüfstein", sagte Görges, "aber ich habe keinen Druck, ich bin die Außenseiterin". Kerber musste für ihren 6:3, 4:6, 6:3-Sieg über die an Nummer zwölf gesetzte Polin Agnieszka Radwanska mehr als zwei Stunden lang hart kämpfen und egalisierte mit dem Erfolg ihr bestes Grand-Slam-Ergebnis von den Australian Open und Wimbledon 2010. Die Weltranglisten-93. trifft am Freitag auf die Russin Alla Kudrjawzewa.

Am späten Nachmittag europäischer Zeit beginnt der vierte Wettkampftag, vier deutsche Tennisprofis spielen dabei ebenfalls um den Einzug in die dritte Runde. Um 17 Uhr MESZ beginnen Philipp Petzschner gegen den Serben Janko Tipsarevic und Tommy Haas gegen den Kolumbianer Alejandro Falla, als jeweils zweites Spiel auf ihren Plätzen sind Andrea Petkovic (gegen die Chinesin Jie Zheng, im sueddeutsche.de-Liveticker) und Mona Barthel (gegen die Südafrikanerin Chanelle Scheepers) angesetzt.

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