Bis zum vergangenen Wochenende waren sie beim Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart vor allem damit befasst, die Optionen zu prüfen. Sie haben unterschiedliche Modelle erstellt für den Fall, dass ein paar ihrer besten Spieler sie verlassen könnten. Zwar halten sie sich auf dem Transfermarkt noch zurück, aber sie fühlen sich vorbereitet. Seit ein paar Tagen beschäftigt den Verein nun ein Fall, auf den niemand vorbereitet sein kann.
Der Lizenzspieler Atakan Karazor sei im Urlaub auf Ibiza festgenommen worden, hatte der VfB am vergangenen Wochenende über einen klubeigenen Kanal mitgeteilt, einen möglichen Tatvorwurf nannte der Verein nicht. Die örtliche Polizei in Ibiza hatte auf dpa-Anfrage zunächst nur die Festnahme von zwei 25 Jahre alten Deutschen bestätigt, die von einer jungen Spanierin nach einer gemeinsamen Clubnacht der Vergewaltigung beschuldigt würden (die SZ berichtete).
Der VfB Stuttgart teilte mit, dass der Spieler eine strafbare Handlung bestreite. Zu den Vorwürfen machte der Klub keine Angabe.
Beim VfB verfolgen sie den Fall nun, so gut es geht. Ihre Informationen beziehen sie im Klub einstweilen über den Anwalt und Spielerberater Michael Decker, der Karazor zu seinen Klienten zählt und über sein spanisches Netzwerk einen Anwalt hinzugezogen hat, der Karazor vor Ort vertritt. Dem 25-Jährigen, der wie sein gleichaltriger Freund weiterhin in Untersuchungshaft sitzt, ist das Handy abgenommen worden, er darf nur Familienangehörige und seinen Rechtsbeistand empfangen.
Eine weitere junge Frau soll sich bei der Gruppe befunden haben - eine Zeugin?
Die vage Hoffnung auf eine schnelle Klärung des Falles hat sich offenbar zerschlagen. Von einem Haftprüfungstermin sei ihr nichts bekannt, erklärte Agnés Antich, die Sprecherin der Justizbehörde der Balearen, der dpa. Womöglich hat dies mit einer neuen Erkenntnislage zu tun. Nach Berichten einiger Medien, die sich mit SZ-Informationen decken, soll sich eine zweite junge Frau bei der Gruppe um Karazor befunden haben. Die vier Personen sollen zusammen den Nachtclub am vergangenen Mittwochabend in Richtung einer nahegelegenen Villa verlassen haben. Somit würde es eine Zeugin und mögliche Zeugenaussagen geben, die es nun zu überprüfen gilt.
Nach den Informationen, die dem VfB derzeit vorliegen, könnte diese Beweisführung innerhalb der nächsten zwei Wochen abgeschlossen sein. Von ihrem Spieler haben die Stuttgarter Verantwortlichen übers Eck erst mal zuversichtliche Signale empfangen; Karazor bestreitet jede strafbare Handlung. Eine Fortsetzung des Falles vor der nächsten Instanz auf Mallorca sei ebenso möglich, heißt es, wie ein Antrag von Karazors Anwälten, ihren Mandanten in ein moderneres Gefängnis nach Mallorca zu verlegen.
