Kaderplanung in Mönchengladbach:Wohin mit all den Millionen?

Lesezeit: 3 min

Der Kaderplaner schweigt: Nach den Verkäufen von Marco Reus und Dante hat Gladbachs Sportdirektor Max Eberl mehr als 20 Millionen Euro für neue Spieler zur Verfügung. Doch noch ist nicht bekannt, wie die investiert werden sollen. Manchem Fan geht das zu langsam.

Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Am Tag der Arbeit musste der Fußballmanager Max Eberl seine maßgebliche Beschäftigung für ein paar Stunden ruhen lassen. "Ich bin viel unterwegs und führe Gespräche", sagt Eberl über die aufwändige Bemühung, den Kader aufzurüsten für die nächste Saison, in der Borussia Mönchengladbach erstmals seit 16 Jahren wieder im Europapokal spielt - vielleicht in der Europa League, vielleicht sogar in der Champions League.

Alle weg aus Mönchengladbach: Marco Reus, Dante und Roman Neustädter (von links). (Foto: dpa)

Mindestens 22 Millionen Euro hat Eberl für die Akquise tauglicher Fußballer zur Verfügung, aber dass reichliches Kapital Verpflichtungen auf solchem Qualitätsniveau nicht unbedingt erleichtert, zeigt sich auch daran, dass der Sportdirektor die Jahreshauptversammlung am Dienstag nicht dazu nutzen konnte, endlich spektakuläre Verpflichtungen bekannt zu geben. "Für uns sind Spieler in den Fokus gerückt", sagt Eberl, "die auch bei anderen Vereinen auf dem Zettel stehen - bei großen Vereinen."

Am Tag der Arbeit ist Eberl um 13.30 Uhr ans Mikrofon vor die Südtribüne des Borussia-Parks getreten, um 2000 fröhlichen Mitgliedern einen halbstündigen Vortrag über die Erfolge des Klubs zu halten. Der bereits feststehende vierte Tabellenplatz gewährte ihm dabei das Wohlwollen der Fans. Als Eberl dem anwesenden Trainer Lucien Favre dankte, standen die Mitglieder minutenlang und applaudierten.

Von Favre gab es jedoch erneut keinerlei Treuebekenntnis zum Verein. Das ist einerseits zwar nicht nötig, weil sein Vertrag bis 2013 gültig ist, andererseits hat der angeblich umworbene Schweizer bislang nicht ein einziges Mal, und sei's nur zur Beruhigung der Fans, über die Zukunft und seine nächsten Ziele mit der Borussia gesprochen. Sportchef Eberl immerhin machte den Fans Hoffnung, als er als wichtigste Ziele nannte: "Die Mannschaft neu ausrichten und im Laufe der Saison mit Lucien Favre verlängern."

Manchem Fan geht alles zu langsam. Doch Eberl mahnt zur Geduld. "Wir wollen logische Entscheidungen treffen, wir wollen gute Spieler verpflichten, und deswegen dauert's ein bisschen", sagt er etwa über die Aufgabe, mit 22 Millionen Euro aus den Verkäufen von Marco Reus (Dortmund, 17 Millionen) und Dante (FC Bayern, fünf Millionen) den Kader aufzumöbeln. Doch darüber, behauptet Eberl, mache er sich sowieso keine Illusionen: "Wir können nicht aus dem Nichts heraus einen Kader formen, der in der Champions League eine Rolle spielen kann."

Bundesliga-Elf des Spieltags
:Tollen, Tränen und Träume von Amerika

Bayern-Stürmer Mario Gomez verteilt Küsschen und wird zum Haareschneiden aufgefordert, Michael Ballack langweilt in einem Interview und wünscht sich wohl über den großen Teich. Und Schalkes Raúl? Trifft zum Abschied und rührt ein ganzes Stadion zu Tränen.

Die Elf des Spieltags

Erschwerend bei der Kalkulation des möglichen Investitionsrisikos kommt hinzu, dass die Gladbacher erst nach den Champions-League-Qualifikationsspielen Ende August - also nur drei Tage vor Ende der Transferperiode - wissen, ob sie dort oder in der deutlich weniger lukrativen Europa League mitspielen dürfen. Deshalb, so Eberl, werde diese späte Entscheidung keine Auswirkungen auf die jetzige Kadergestaltung haben.

Bundesliga-Elf des Spieltags
:Tollen, Tränen und Träume von Amerika

Bayern-Stürmer Mario Gomez verteilt Küsschen und wird zum Haareschneiden aufgefordert, Michael Ballack langweilt in einem Interview und wünscht sich wohl über den großen Teich. Und Schalkes Raúl? Trifft zum Abschied und rührt ein ganzes Stadion zu Tränen.

Die Elf des Spieltags

Wir werden mit den Millionen, die wir zur Verfügung haben, eine Mannschaft aufbauen, die in der Bundesliga wieder eine richtig gute Rolle spielen kann." Dies sei der Hauptaspekt, der Europapokal sei gewissermaßen die Bonusrunde. Mit dem Geld will Eberl die Abgänge Reus, Dante und Roman Neustädter (Schalke) adäquat ersetzt wissen, "weil wir uns wegen der Dreifachbelastung durch Bundesliga, Pokal und Europapokal breiter aufstellen müssen". Die gerüchtehalber diskutierten Spieler Eren Derdiyok (wohl von Leverkusen nach Hoffenheim) oder Felipe Santana (wohl von Dortmund nach Leverkusen) werden jedoch ebensowenig zur Borussia wechseln wie wohl auch das niederländische Stürmertalent Luuk de Jong, den es von Enschede nach England ziehen dürfte.

Granit Xhaka und David Abraham (beide Basel), Adrian Ramos (Hertha BSC Berlin) und David Hoilett (Blackburn Rovers) werden derzeit am höchsten gehandelt. Eberl schweigt jedoch beharrlich und betont nur, er wolle den Kader zum Saisonstart beisammen haben. Es gebe keine Eile.

Hohe Transfererlöse (22 Millionen) sowie gesteigerte Merchandising- (9,5 Millionen) und Sponsoringeinnahmen (22,5 Millionen) bringen die Borussia angesichts weiterer Boni (Fernsehgeld, Zuschauereinnahmen, Pokalprämien und zu erwartende Europapokalprämien) und trotz eines Verlustes von 3,5 Millionen Euro im Kalenderjahr 2011 in eine blendende Verfassung. In diesem Jahr wird der Umsatz erstmals an der 100-Millionen-Euro-Marke kratzen.

Trotzdem bremst der Geschäftsführer übertriebene Erwartungen, Stephan Schippers relativiert das Gladbacher Potential bei der Spielerakquise: "Wir haben keine 40 und auch keine 30 Millionen zur Verfügung, aber die 22 Millionen aus den Transfererlösen werden wir schon investieren." Nach der Versammlung ging die Arbeit für den Kaderplaner Max Eberl direkt weiter.

© SZ vom 02.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: