Jan Ullrich:24 Termine bei Doktor Fuentes

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Im Fall Ullrich tauchen bislang unbekannte Details auf: BKA-Unterlagen zeigen, wann der frühere Radprofi beim Dopingarzt Fuentes in Madrid vorstellig wurde.

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel ermittelt, dass sich der frühere Radprofi Jan Ullrich in den Jahren 2003 bis 2006 insgesamt 24 Mal in Madrid zu Behandlungen beim spanischen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes aufgehalten hat.

Allein zwischen Februar 2005 und Mai 2006 soll Ullrich demnach achtmal heimlich nach Madrid geflogen sein, berichtet das Magazin. Demnach wurden diese Flüge von Rudy Pevenage organisiert, Ullrichs früherer Betreuer beim Team T-Mobile. Der Sieger der Tour de France von 1997 hat stets bestritten, gedopt zu haben.

Pevenage selbst war nach Spiegel-Angaben in der Zeit zwischen Dezember 2003 und April 2006 insgesamt 15-mal zu Kurzaufenthalten nach Madrid geflogen, um sich nach Überzeugung der Fahnder dort mit dem spanischen Dopingnetzwerk zu treffen.

BKA-Experten der Einsatzgruppe Doping sollen die Beweise auf einem Computer gefunden haben, den sie bei einer Razzia in Pevenages Wohnung beschlagnahmt hatten. Auf der Festplatte hatten Techniker Daten rekonstruiert, die gelöscht worden waren. Dies geht nach Angaben des Magazins aus bislang unter Verschluss gehaltenen Akten der Bonner Staatsanwaltschaft hervor, die 2219 Seiten umfassen.

Die Strafverfolger hatten seit Juli 2006 gegen Ullrich wegen Verdachts des Betrugs ermittelt und stellten das Verfahren im März 2008 gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 250.000 Euro ein. "Zusammenfassend kann festgehalten werden", heißt es in der Akte, "dass der Beschuldigte Ullrich das Dopingsystem des spanischen Arztes Dr. Fuentes nutzte, um sich vertragswidrig mit leistungssteigernden Mitteln und Methoden auf seine Wettkämpfe vorzubereiten." Ullrich äußerte sich bei der Staatsanwaltschaft zu den Vorwürfen nicht.

Pevenage sagte laut Spiegel bei einer Vernehmung aus, dass Ullrich und Fuentes sich von 2004 bis 2006 "so ungefähr fünf- bis sechsmal pro Jahr" getroffen hätten, von Blutbehandlungen habe er "jedoch keine Kenntnis". Vielmehr sei er von Ullrich wegen dessen "Übergewichtsproblemen" gebeten worden, den Kontakt zu Fuentes herzustellen. Bei den Überprüfungen von Ullrichs Konten stießen die Ermittler nach Spiegel-Angaben auf zwei Zahlungen an Fuentes in Höhe von insgesamt 80.000 Euro.

Zwar ist Ullrich nach Ansicht der deutschen Justiz längst des Dopings für schuldig befunden, der Öffentlichkeit aber liefert der Bericht nun bislang ungekannte, detaillierte Hinweise gegen den Ex-Radprofi.

Und andernorts ist derzeit ein weiteres Verfahren gegen Ullrich anhängig. Seit dem Juli 2009 wird ein Sportgerichtsverfahren in der Schweiz gegen ihn geführt. "Ich kann bestätigen, dass wir jetzt einen Antrag von 'Antidoping Schweiz' erhalten und deshalb ein Verfahren eröffnet haben", sagte Gerhard Walter, der Präsident der Schweizer Disziplinarkammer für Dopingfälle, im Sommer der Süddeutschen Zeitung.

In dem Indizienprozess muss Ullrich, 35, der im Rahmen seines Verfahrens in Bonn als des Dopings überführt bezeichnet worden war, mit einer lebenslangen Sperre rechnen - nach seiner sechsmonatigen Sperre wegen einer Positivprobe auf Amphetamine im Jahr 2002 gilt er als Wiederholungstäter. Die neuen Veröffentlichungen schwächen die Position Ullrichs auch in diesem Fall weiter.

© sueddeutsche.de/dpa/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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