Tennis:Uraufführung mit Seltenheitswert

Lesezeit: 3 min

Sieger in Cadolzburg vor, nun ja, überschaubarer Kulisse: Daniel Masur. (Foto: Alexander Schlirf/Imago)

In der mittelfränkischen Marktgemeinde Cadolzburg feiert ein ITF-Tennisturnier mit 15 000 Dollar Preisgeld seine Premiere. Veranstalter ist der Bayerische Tennis-Verband, was eines der Probleme zeigt: Es finden sich kaum noch private Ausrichter für solche Wettkämpfe in der Einstiegsklasse zum Profibereich.

Von Sebastian Winter

Eine Premiere macht die Beteiligten oft besonders nervös: Wird es eine gelungene Uraufführung werden, nach all den Mühen? Bekommen die Protagonisten ihr Lampenfieber in den Griff? Stehen am Ende gar Ovationen? In Cadolzburg war man sich da ziemlich einig. Dort fand die erste Auflage eines ITF-Tennisturniers mit 15 000 Dollar Preisgeld statt, quasi die Einstiegsklasse in den Profibereich. Und die Veranstalter ließen keinen Zweifel daran, was sie vom Debüt des Turniers in der mittelfränkischen Marktgemeinde halten: Das "mitreißende Finale" sei ein "würdiger Schlussakt" gewesen, "vor prächtiger Zuschauerkulisse" bei freiem Eintritt. Tusch!

Der Bückeburger Daniel Masur, der in München wohnt und an der Tennisbase Oberhaching trainiert, gewann dieses Endspiel am Sonntag gegen den Iren Michael Agwi. 6:3, 3:6, 6:4 hieß es nach 2:15 Stunden für Masur, den sie alle Wally nennen, in Anlehnung an den früheren australischen Profi Wally Masur. "Es war ein unglaublich enges Match, das nur durch eine Kleinigkeit entschieden wurde", sagte Daniel Masur nach seinem Sieg, für den er 2160 Dollar Preisgeld bekommt: "Bei Turnieren in Deutschland fühle ich mich immer besonders wohl und kann da oft meine beste Leistung abrufen." Mit der besten Leistung war das zuletzt aber so eine Sache: Masur, 29 Jahre alt und im Sommer 2022 noch als 176. der Weltrangliste so gut wie nie, ist inzwischen auf Platz 423 zurückgefallen. Und er kämpft dort, im Schatten der Top 100, mit vielen anderen um Anschluss.

Cadolzburg ist daher so etwas wie die Eintrittskarte in den Premiumbereich dieses Sports - und eine Art Auffangbecken: für Talente, die so schnell wie möglich über die ITF-Turniere hinauswachsen und sich auf der ATP-Tour beweisen wollen; aber auch für die Verletzten, die zurückkehren wollen auf die große Bühne; für die Formschwachen, die es nun eine Stufe tiefer noch einmal versuchen; und auch für die Altgedienten, die spüren, dass es nicht mehr nach ganz oben reicht, die aber trotzdem noch ein paar Turnierrunden drehen wollen.

Cadolzburg sei als Turnierstandort "ein Luxus", sagt BTV-Funktionär Poehlmann

Das Problem ist, dass es in Deutschland zugleich einen großen Mangel an solchen ITF-Turnieren gibt. 18 stehen im Jahr 2024 im Wettkampfkalender, davon drei in Bayern: Cadolzburg, Oberhaching im Februar und Allershausen im August, bei letzterem ist der Termin noch nicht gesichert. Das ist nicht besonders viel in einem Zeitraum von 52 Wochen, wie auch Christoph Poehlmann sagt, der Leistungssport-Koordinator des Bayerischen Tennis-Verbandes (BTV): "Im Vergleich zu anderen Ländern haben wir da massiven Nachholbedarf bei den Erwachsenen, während wir im Jugendbereich weit vorne liegen." Das Problem, sagt Poehlmann, sei wie so oft das Geld, gerade bei Turnieren im Winter, wo eine große Halle benötigt wird - auch fürs Training der teilnehmenden Spieler.

Aber gerade deshalb sei die Anlage in Cadolzburg mit ihren sechs Teppichplätzen geradezu ideal als Turnierstandort, "ein Luxus", sagt Poehlmann. Bis 2019 beherbergte sie ein großes ITF-Jugend-Weltranglistenturnier, nun also folgt der Einstieg in den Männerbereich. Veranstalter ist allerdings, siehe oben, kein Verein oder Mäzen, sondern der BTV, dem beim Etat auch der Deutsche Tennis Bund unter die Arme greift. "Man muss, wenn man das Preisgeld als Basis nimmt, immer mit dem Faktor zwei oder drei rechnen bei den Ausgaben", sagt Poehlmann - in Cadolzburg wären das dann umgerechnet bis zu rund 40 000 Euro.

Zugleich hat der Verband den Auftrag, seine einheimischen Talente nicht nur in der Kaderschmiede in Oberhaching zu fördern, sondern ihnen auch Turnieroptionen in der Nähe zu offerieren. Die höherwertigen ITF-Challenger in Ismaning und Eckental sind da ein weiterer Baustein. Aber Eckental gibt es seit 2023 nicht mehr, die privaten Veranstalter gaben aus finanziellen Gründen auf. Und Ismaning sucht aktuell noch einen Hauptsponsor für seine Open im Herbst. Ob sie stattfinden, "ist noch wacklig", sagt Poehlmann - Gespräche mit potenziellen Geldgebern laufen.

Und so ist die Premiere in Cadolzburg auch eine Art Notlösung in Zeiten, in denen die Basis sich offenbar immer weiter entfernt von der schillernden Spitze - aber immerhin mit würdigem Schlussakt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusTennisprofi Peter Gojowczyk
:"Ich hatte meinen eigenen Kopf"

Nach 17 Jahren beendet Peter Gojowczyk seine Karriere als Tennisprofi. Im Gespräch blickt der 34-Jährige zurück auf Duelle mit Roger Federer und Rafael Nadal, erklärt, warum er ungewöhnliche eigene Wege ging, und spricht über seinen Traum von einem kleinen Café.

Interview von Gerald Kleffmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: