Möglicher WM-Ausschluss von Iran:Eine Weltbühne für kritische Botschaften

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Sollte die Mannschaft des Iran (hier vor einem Testspiel gegen Uruguay in Österreich) von der WM ausgeschlossen werden? Ihre kritischen Stimmen wären in Katar nicht mehr zu hören. (Foto: Walter Luger/Gepa/Imago)

Repressionen gegen Demonstrierende, Drohnen für Russlands Ukraine-Krieg: Es gibt nun schon zwei gute Gründe, Iran von der Fußball-WM auszuschließen. Vielleicht träfe so ein Bann aber auch die Falschen.

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Auf acht Tweets hat Sergej Palkin, der CEO des ukrainischen Spitzenklubs Schachtar Donezk, seine Forderung aufgeteilt, und zunächst einmal kann man nicht widersprechen. Die Forderung: Iran von der Teilnahme an der Fußball-WM in Katar auszuschließen - wegen der Lieferung jener Kampdrohnen, mit denen das russische Militär neuerdings in der Ukraine Wohngebiete und kritische Infrastruktur angreift. "Während die iranische Führung Spaß daran haben wird, ihre Nationalmannschaft bei der WM spielen zu sehen, werden Ukrainer von iranischen Drohnen und iranischen Raketen getötet", schreibt Palkin. "Fast 250 solcher Drohnen" hätten bereits "Häuser, Museen, Universitäten, Büros, Sportplätze und Spielplätze" zerstört und Ukrainer getötet, "einschließlich Kinder (...), die auch davon träumten, ihre Nationalmannschaft bei der WM zu sehen".

Zwar dementieren Russland und Iran die Drohnengeschäfte, unabhängige Stellen haben aber keine Zweifel an der Herkunft der Waffen. Das wäre nun also schon der zweite Anlass für den Fußball-Weltverband Fifa, Irans Nationalelf nicht mitspielen zu lassen in Katar: die unmittelbare Beteiligung des Landes am russischen Angriffskrieg in der Ukraine.

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Es ist in dem Zusammenhang von Belang, dass die Forderung nach einem Ausschluss nicht nur von außen kommt, sondern auch aus der iranischen Sportlerschaft heraus. Hier allerdings wegen der brutalen Niederschlagung der Protestbewegung im eigenen Land. Eine Gruppe von zwanzig namentlich nicht genannten, aber offenbar hochkarätigen Sportlerinnen und Sportlern, teilweise noch aktiv, hat diese Forderung soeben bei der Fifa hinterlegt. Und einen schlüssigen Hebel gleich mit benannt: Dass die willfährige Verbandsführung in Iran kritische Athleten im Sinne des Regimes sanktioniert, sei ein Verstoß gegen die von der Fifa stets geforderte Verbandsautonomie. Das stimmt. Interessiert die Fifa aber traditionell nur dann, wenn es ihr in den Kram passt.

Und trotzdem ist es mal wieder komplizierter. Nicht nur ist in einer insgesamt ziemlich aus den Fugen geratenen Welt die Frage schwer zu beantworten, welche Art von staatlicher Repression eigentlich noch WM-kompatibel ist und welche Art von Waffenlieferung schon den Ausschluss rechtfertigt. Sondern auch, weil Iran nach Lage der Dinge keine gefügige Sportlerarmee nach Katar entsenden wird, wie man das von Chinesen oder Nordkoreanerinnen kennt. Es waren, im Gegenteil, auch Spieler der Nationalelf, die auf bemerkenswert mutige Weise öffentlich Solidarität mit den Demonstrierenden bekundet haben, etwa Sardar Azmoun von Bayer Leverkusen ("Lang leben die iranischen Frauen!"). Vielleicht haben Azmoun und seine Kollegen etwas zu sagen auf der Weltbühne, die so eine WM auch immer ist?

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