Inter Mailand:Trick des Zauberkünstlers

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Der Flirt von Inter-Trainer José Mourinho mit Real Madrid vor dem Champions-League-Finale hat etwas Selbstzerstörerisches. Und auch die Bayern will er demontieren.

Birgit Schönau

Man kann sich vorstellen, in welcher Verfassung die Inter-Spieler am Mittwoch nach Madrid flogen: nervöse Spannung vor dem Finale, völlige Unsicherheit für die Zeit danach. Denn fast scheint Inter Mailands erstes Königsklassen-Endspiel seit 1972 in den Hintergrund zu treten angesichts der Spekulationen über den Trainer-Wechsel, die José Mourinho selbst täglich schürt. Das entscheidende Gespräch über seine berufliche Zukunft will der Portugiese zwar erst nach dem wichtigsten Spiel der Saison mit Inter-Präsident Massimo Moratti führen. Doch bis es soweit ist, quatscht Mourinho schon mal mit allen anderen, dabei hatte er in den beiden Jahren bei Inter doch alle Interviews kategorisch abgelehnt.

José Mourinho. (Foto: Foto: Getty)

Jetzt quillt er über, und es hat etwas Selbstzerstörerisches, wie er der eigenen Mannschaft das Szenario eines Abschiedsspiels entwirft: Mit dem Höhepunkt der Saison kommt die Trennung. Nichts hätte dagegen gesprochen, mit der Abschiedsshow noch ein paar Tage zu warten, schließlich verlangt der Moment Geschlossenheit. Aber das leuchtet Mourinho, dem Narziss, nicht ein. In der Woche vor dem Finale beherrscht er ganz allein die Bühne. Den Spielern bleiben die 90 Minuten in Madrid.

"Nur für Real würde ich Inter verlassen", flötete Mourinho im Madrider Hausblatt Marca - als hätte man das nicht wirklich langsam verstanden. "Ein großer Spieler oder ein überragender Trainer, der nicht in Madrid war, hat ein Loch in seiner Karriere. Ich will zu hundert Prozent Real Madrid trainieren." Undsoweiter, undsoweiter. Fast, als hätte die Sirene Mou doch Angst, dass sich Florentino Perez am Ende noch die Ohren verstopft.

In Italien ist es schon kein Thema mehr, dass Mourinho geht. Die Frage ist jetzt, wen er mitnimmt. Fest auf seiner Liste scheint Douglas Maicon zu stehen - der 28 Jahre alte Brasilianer spielt bei Inter Rechtsverteidiger. In dieser Saison entwickelte sich Maicon zu einem der besten Abwehrmänner der Welt, ein Fußballer, der ebenso souverän seine Gegner ausbremst, wie er blitzschnelle Konter einleitet. Bereits im vorigen Jahr hatte Real Maicon umworben, die Offerte wurde jedoch in Mailand abgelehnt.

Angeblich bietet Perez heute 25 Millionen Euro. Das wäre eine gigantische Summe: Vor vier Jahren hatte Inter für Maicon gerade sechs Millionen Euro an AS Monaco gezahlt. Maicons Vertrag läuft im nächsten Jahr aus, wenn er nicht zu Real wechselt, wird er zumindest auf einer satten Gehaltsaufbesserung bestehen können. Derzeit verdient der Brasilianer mit 1,5 Millionen Euro jährlich einen Bruchteil dessen, was sein Trainer bekommt.

Es sei nicht das Geld, das ihn aus Mailand weglocke, hat Mourinho beteuert, sondern der Umstand, dass man in Italien "keinen Respekt" vor ihm habe. Was immer das heißen mag, schließlich ist lange kein Trainer der Serie A derart verehrt worden wie der Portugiese, wenn auch im italienischen Fußballzirkus kaum jemand dazu neigt, in Ehrfurcht zu erstarren.

"Mou ist entscheidend für uns", sagt sein Spieler Dejan Stankovic. "Wir glauben blind an ihn und an seine Methode, Spiel für Spiel vorzubereiten." Eine eingeschworene Gemeinschaft also. "Das Gerede um seine Zukunft kümmert uns nicht", erklärt Stankovic, "so werden wenigstens wir Spieler in Ruhe gelassen." Als wäre das Anheizen der Gerüchteküche vor dem Spiel des Jahres nur ein neuer Trick des Zauberkünstlers aus der Estremadura.

Der weiß, dass zur moralischen Aufrüstung auch die Demontage des Gegners gehört und stichelt gegen Louis van Gaal, seinen früheren Lehrmeister ("für drei Jahre, die anderen 44 Jahre habe ich allein gelernt"). Es sei schon klar, warum der Holländer Mourinhos Jubelsprint in Barcelona kritisiert habe: "Van Gaal ist einfach nicht so schnell wie ich. Und ich sah in Barcelona aus wie Pietro Mennea." Der ehemalige Weltklassesprinter aus Apulien ist Mourinhos Freund - und vielleicht sein einziges Vorbild.

Die Bayern sind ein starker Gegner, aber Angst haben will man vor ihnen nicht. "Wirklich schwierig war es, Barcelona auszuschalten", glaubt Lucio, der frühere Münchner, den es stört, dass "sie uns in Deutschland vorwerfen, gegen Barca Catenaccio gespielt zu haben. Dabei wäre es dumm gewesen, die im Rückspiel noch anzugreifen". In den 180 Minuten gegen Barcelona hat Inter jedenfalls vorgeführt, wie man Messi kaltstellen kann, und jetzt wird das für Arjen Robben geprobt. Schließlich ist Konzentration alles. Nur der auf der Bank denkt dauernd an etwas anderes.

© SZ vom 20.5.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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