HSV-Profi Walace:Ein Neun-Millionen-Mann für Hamburgs Reserve

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Trainiert nun mit der Reserve: HSV-Profi Walace. (Foto: dpa)
  • Der Hamburger SV versetzt Walace, im Sommer für 9,2 Millionen Euro gekommen, ins Reserve-Team.
  • Der Mittelfeldspieler soll sich gegen Hertha BSC geweigert haben, in der Innenverteidigung zu spielen.
  • Der Klub könnte noch von ihm profitieren - und deutet an, dass eine Rückkehr in den Profi-Kader nicht ausgeschlossen ist.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Vom Fußballprofi Walace Souza Silva, 22, halten viele Experten eine Menge. Der brasilianische Nationaltrainer Tite hatte dem Olympiasieger von 2016 in Rio Hoffnung gemacht auf die Teilnahme an der WM in Russland. Schon im Sommer 2016 empfahlen Südamerika-Kenner dem damaligen HSV-Chef Dietmar Beiersdorfer jenen Walace, der als "exzellenter Balleroberer" im Mittelfeld gilt. Auch Klubs aus England interessierten sich für das Talent. Und als der Hamburger SV im Winter 2017 mal wieder nach Verstärkung in misslicher sportlicher Lage Ausschau hielt, hat der damalige Sportchef Jens Todt Beiersdorfers Kontakte genutzt und den in der Stadt Salvador geborenen Profi für 9,2 Millionen Euro verpflichtet.

Es ist ein klassischer HSV-Deal geworden - mit Hilfe von Investor Klaus-Michael Kühne. Und als ebenso klassisch stellt sich nun heraus, dass die Hamburger mal wieder bei der Integration eines neuen Spielers gescheitert sind und dessen Fähigkeiten nicht abgerufen haben. Am Dienstag wurde der begabte Walace "bis auf Weiteres" zum Training mit der U 21, der zweiten Mannschaft, abgeschoben. Er sei in den vergangenen Wochen "zum wiederholten Male vertraglichen Pflichten nicht nachgekommen", teilte der Klub nach einem Krisengespräch des Brasilianers mit Sportdirektor Bernhard Peters und Vorstandschef Frank Wettstein mit.

Gegen Hertha wollte Walace nicht Innenverteidiger spielen

Der defensive Mittelfeldspieler Walace hatte sich offenbar geweigert, am Samstag beim 1:2 gegen Hertha BSC die Idee des neuen Trainers Christian Titz umzusetzen und als spielstarker Akteur in der Innenverteidigung zu agieren. Daraufhin wurde er aus dem Kader gestrichen und ist auch als Zuschauer nicht im Volksparkstadion erschienen. Stattdessen hat er nach der Niederlage im Internet ein Foto verbreitet, auf dem er mit nacktem Oberkörper und Victory-Zeichen zu sehen war. Deutlicher kann ein Fußballer nicht zeigen, wie er zu seinem Arbeitgeber steht.

Das Missverständnis zwischen Walace und dem HSV begann gleich am Anfang. Der damalige Trainer Markus Gisdol hatte sich eigentlich einen deutschen Spieler für die zentrale Mittelfeldposition gewünscht, etwa den Nationalspieler Matthias Ginter. Doch, so ließ Todt verlauten, ein einheimischer Profi auf diesem Niveau sei nicht zu bekommen gewesen. Gisdol hatte seine Skepsis gegenüber Walace, der sich zu Höherem berufen fühlt, nie abgelegt. Spätestens, als Walace Anfang Januar nicht rechtzeitig aus dem Winterurlaub in Brasilien zurückkam, wollte Gisdol den Profi wegen "mentaler" Defizite loswerden. Walace war einerseits wegen seiner hochschwangeren Frau nicht zurückgeflogen. Andererseits hatte ihm Tites Umfeld klargemacht, dass er nur als Stammspieler im Verein auf die WM hoffen dürfe. Deshalb versuchte Walace, einen Wechsel zu Atletico Mineiro vorzubereiten.

Diese Rückkehr in die Heimat scheiterte aus finanziellen Gründen. Und so ließ sich Walace nach Gisdols Entlassung noch einmal auf den HSV ein. Der Sieben-Wochen-Trainer Bernd Hollerbach setzte dann sogar auf ihn und gab ihm nach der Geburt seines Kindes einige Tage frei für eine Brasilien-Stippvisite. Walace spielte ordentlich. Aber jetzt haben wohl beide Seiten verloren. Der HSV wird vermutlich erstmals in seiner Geschichte absteigen - und Walace kann wohl die WM abhaken.

Trotzdem gilt er als einer der wenigen im derzeitigen HSV-Kader, die Geld in die Kasse des vermeintlichen Absteigers bringen sollen. Damit soll die Lizenz für die zweite Liga gesichert werden. Auch deshalb hat der HSV Walace die Tür nicht ganz zugeschlagen: "Wenn er sein Fehlverhalten reflektiert hat, kann er in einem Gespräch auf den Trainer zugehen", sagte Peters.

Wie es mit Kyriakos Papadopoulos weitergeht, einem weiteren Störenfried, der seine Degradierung zum Ersatzspieler mit einem Rundumschlag gegen den neuen Trainer Titz beantwortete, ist ebenfalls ungewiss. Mit dem Griechen, derzeit auf Länderspielreise, wurde bislang nur telefoniert. Über die weitere Vorgehensweise soll erst nach einem persönlichen Treffen entschieden werden. Spekuliert wird sogar über einen Rauswurf.

© SZ vom 21.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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