Hoffenheim - Bremen:Viermal Pfosten

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Das Duell der einst angriffsstärksten Teams aus Hoffenheim und Bremen endet 0:0. Die Stürmer vergaben dabei auf groteske Weise die besten Chancen.

Thomas Hummel

Die TSG Hoffenheim und der SV Werder Bremen waren einst die angriffsstärksten Mannschaften der Bundesliga. Das ist gar nicht so lange her wie man bisweilen in diesen Tagen glauben mag, noch in der Hinrunde war das so. Dass ein Spiel der beiden Vereine 0:0 enden könnte, schien damals so wahrscheinlich wie eine Champions-League-Teilnahme von Arminia Bielefeld. Am 23. Spieltag kommt hingegen das Endergebnis 0:0 gar nicht mehr so überraschend.

Stürmer im Tor, Ball nicht. Mal wieder vergibt Claudio Pizarro eine Chance. (Foto: Foto: getty)

Beide Teams setzten ihre Serie an Spielen fort, in denen sie zwar bisweilen engagiert und gekonnt nach vorne spielen. Dort vorne aber das Tor nicht mehr treffen. Besonders galt das diesmal für Boubacar Sanogo. Der pikanterweise von Bremen ausgeliehene Stürmer der TSG Hoffenheim traf dreimal den Pfosten. "Wir hatten einfach Pech in diesen Situation. Angesichts der Personalsituation haben wir es ganz gut gemacht", sagte TSG-Trainer Ralf Rangnick. Auf der anderen Seite vergab vor allem Claudio Pizarro einen ebenso möglichen Sieg der Bremer.

Beide Vereine hatten turbulente Tage hinter sich. Aus Hoffenheims Kader brach ein stabiler Pfeiler nach dem anderen heraus, Selim Teber, Tobias Weis und Luiz Gustavo waren gesperrt, nach dem immer noch in der Torschützenliste führenden Vedad Ibisevic (Kreuzbandriss) verletzten sich auch Freistoßexperte Sejad Salihovic und Timo Hildebrand. Immerhin durften die beiden Doping-vielleicht-Sünder Andreas Ibertsberger und Christoph Janker mitspielen, weil der DFB am Freitag beschlossen hatte, sie bis auf weiteres in Ruhe zu lassen. Die beiden besetzten am Samstag zusammen die linke Seite, weil Ibertsberger wegen der vielen Ausfälle ins Mittelfeld vorrückte.

Und in Bremen hatte ohnehin Ausnahmestimmung geherrscht nach den vergangenen Wochen des Tiefgangs. Werder ist selbst nach diesem Spiel mit drei Punkten immer noch Letzter der Rückrundentabelle, allerdings gab es schöne Erfolge in Mailand (Uefa-Cup) und Wolfsburg (DFB-Pokal). In Hoffenheim fehlten nun aber Torsten Frings, Clemens Fritz (Muskelprobleme), Mesut Özil (Kapselverletzung am Knie) und Naldo (gesperrt).

Verwaltungsfußball vor der Pause

Und so war ein ähnliches Offensiv-Fest des Fußballs wie beim 5:4 im Hinspiel für Bremen nicht zu erwarten gewesen. Aber dass es in der ersten Halbzeit bisweilen zu einem Spektakel des Verwaltungsfußballs verkommen würde, damit rechnete wohl niemand.

Zu Beginn des Spiels versuchte zunächst die TSG Hoffenheim, ähnlich schwungvoll nach vorne zu spielen wie das die Bundesliga inzwischen fast gewohnt ist. Doch bald wurde klar, dass Isaac Vorsah eben kein Luiz Gustavo ist, dass Ibertsberger im Mittelfeld kein Salihovic ist und dass vor allem Sanogo im Angriff kein Ibisevic ist.

Der 26-Jährige war immer wieder Endstation der Hoffenheimer Angriffsbemühungen, weil seine Fähigkeiten zum Kombinationsfußball nicht dem Niveau seiner Mitstürmer Demba Ba und Chinedu Obasi entsprechen. Dennoch hatte Sanogo vor der Pause die beste Chance im Spiel, als er eine Hereingabe von Obasi an den Pfosten lenkte (40.). Dazu hatten die Gastgeber einen Elfmeter gefordert, weil Tziolis und Baumann nach einem Freistoß der Ball sekundenlang auf den Händen herumsprang. Doch der Schiedsrichter sah keine Absicht.

Auch Bremen hatte seinen Aluminium-Treffer. Hugo Almeida köpfte völlig freistehend aus sechs Metern gegen das Gebälk (32.), sonst war Bremen nur gefährlich, wenn Daniel Haas ins Spiel kam. Der Hoffenheimer Torwart scheint durch die Verpflichtung von Hildebrand noch hibbeliger geworden zu sein, jeder hohe Ball in seinen Strafraum führte zu Atemstockungen bei den heimischen Fans. Bremen konnte diese Schwäche allerdings nicht nutzen.

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Sonst rieben sich beide Mannschaften im gegenseitigen Pressing rund um die Mittellinie auf. Die Trainer Thomas Schaaf und Ralf Rangnick sind bekannte Anhänger des frühen Attackierens, und weil die Passgenauigkeit bei beiden Klubs nicht die beste war, flipperte der Ball bisweilen zwischen den blauen und weißen Trikots hin und her. Da zeigte sich, warum Bremen zuletzt nur zwei Punkte aus fünf Bundesliga-Partien geholt und Hoffenheim nur eines der vergangenen sieben Spiele gewonnen hatte. Nur zwei Spieler waren in der Lage dieses Patt aufzulösen.

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Stürmischer Wiederbeginn

Die Brasilianer Diego (Bremen) und Carlos Eduardo (Hoffenheim) standen mit ihrem Können weit über dem Rest auf dem Platz. Die beiden leiteten fast jeden hoffnungsvollen Angriff ein, lösten sich auch von drei, vier Gegenspielern mit schnellen Antritten oder gekonnten Pässen. Höhepunkt der ersten Halbzeit war der feine Trick von Diego an der Auslinie, als er in vollem Lauf mit zwei Berührungen dem Ball eine neue Richtung gab und TSG-Verteidiger Matthias Jaissle in voller Geschwindigkeit ohne Nutzen ins Aus rutschen ließ.

Die Brasilianer ließen dem Habzeitpfiff die qualitativ hochwertigste Szene bis dorthin folgen, als sie schon vor dem Kabinengang ihre Trikots tauschten.

Doch danach besannen sich die Mitspieler. In den ersten 20 Minuten nach dem Seitenwechsel köpfelte Claudio Pizarro zweimal sehr aussichtsreich vorbei (52./64.) und scheiterte mit einem Fernschuss an Haas (65.), doch die wirklich tragische Figur hieß Boubacar Sanogo. Binnen weniger Minuten traf der Werder-Stürmer im Hoffenheimer Trikot zwei weitere Male die Torumrandung. Nach 52 Minuten trudelte der Ball nach Sanogos Schuss vom linken Innenpfosten ins rechte Toraus, drei Minuten später stand das Gehäuse offen, nachdem Torwart Tim Wiese einen Schuss von Ba mit Mühe abgewehrt hatte. Doch Sanogo traf wieder nur Aluminium. "Bouba trifft keine Schuld, das war wirklich Pech", sagte Rangnick und hatte den Humor nicht verloren: "Wir hätten eben die Tore etwas größer machen müssen."

Sanogo, Pizarro, Pizarro, Sanogo

Dazwischen war er mit einem Kopfball aus kurzer Distanz an Wiese gescheitert und lächelte bereits verzweifelt über seine Fehlschüsse. Auf der Tribüne sangen die Anhänger unverdrossen "Auf geht's Hoffe, schieß ein Tor, schieß ein Tor für uns." Doch nun war wieder Pizarro dran.

Der Peruaner lief plötzlich völlig freistehend in eine Flanke, schoss aber auf groteske Art über das Tor (74.). Nur wenig später durfte er nach einem Konter wieder aus schöner Position zielen, doch Haas zeigte, dass er am Boden wesentlich besser ist als in der Luft und hielt (79.).

Es verfestigte sich der Eindruck, dass Hoffenheimer und Bremer irgendwo in der Winterpause das Toreschießen verlernt haben. Hin und wieder blitzt das Können auf wie beim Bremer 5:2 zuletzt in Wolfsburg, auch die Angriffsformen sind in den Ansätzen gut erkennbar, der Drang nach Schnelligkeit und geradem Weg zum Tor. Doch vorne führen diese Ansätze kaum mehr zu Zählbarem, weshalb das von den Trainern geförderte Offensivkonzept nicht mehr aufgeht.

Zu besichtigen gab es das für die 30.200 Zuschauer noch beim vorzüglichen Konter der Hoffenheimer fünf Minuten vor Schluss, als Eduardo mit einem Pass die Bremer Abwehr teilte, Ba aber am guten Wiese hängen blieb.

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