Hertha-Manager Michael Preetz:Showdown gegen die alte Heimat

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Früher war er Balljunge in Düsseldorf, später Stürmer: Ausgerechnet im Relegations-Duell mit Fortuna Düsseldorf wird sich für den gebürtigen Rheinländer Michael Preetz entscheiden, ob er Manager von Hertha BSC bleibt. Einen zweiten Abstieg mit Berlin kann er sich nicht leisten.

Boris Hermann, Berlin

Fassen wir doch einmal zusammen. Kardinal Woelki, der Erzbischof von Berlin, ist zwar im Rheinland geboren, hält in den Relegationsspielen aber zu Hertha BSC. Das dürfte sich spirituell in etwa die Waage halten mit dem Bekenntnis eines gewissen Raúl Gonzalez, dem scheidenden Fußball-Gott von Schalke: "Fortuna Düsseldorf hat gute Chancen auf den Aufstieg. Ich hoffe, die schaffen das."

Unter Strom: Herthas Trainer Otto Rehhagel (rechts) neben Manager Michael Preetz. (Foto: dapd)

In eine ähnliche Kerbe schlägt Günter Netzer. Angela Merkel hat sich noch nicht geäußert. Stattdessen gab der Bundeskanzler der Herzen ein Statement ab. Jürgen Klopp hat zwar nicht direkt auf Ergebnis getippt, er hat sich aber deutlich positioniert, indem er gegen einen populären Meinungstrend anredete. "Ich finde, dass Michael Preetz jemand ist, der sich alle Mühe gibt, einen richtig guten Job zu machen."

Damit stünde es in Sachen Fanbeistand von oben also 2:2. Kleinere Probleme birgt dieses Klopp-Lob allerdings. Erstens wirkt es beim zweiten Lesen gar nicht mehr so gut wie beim ersten Mal. Zweitens hat sich der Meistertrainer aus Dortmund zuletzt als Experte für jede Lebenslage erwiesen, nur mit Hertha kennt er sich offenbar nicht aus. In der Hinrunde verkündete er: "Die Mannschaft hat eine brutale Qualität." Ein großer Teil des gegenwärtigen Problems von Michael Preetz besteht darin, dass er diesem Spruch viel zu lange geglaubt hat.

Viele Berliner scheinen ihm jetzt wieder zu glauben, seit sich die totgesagte Hertha in die Verlängerung der Saison rettete. Das Relegations-Hinspiel an diesem Donnerstag findet voraussichtlich in einem ausverkauften Olympiastadion statt. Über die Lokalpresse kündigt sich eine "neue Euphoriewelle" an. Trainer Rehhagel scherzt wieder wie zu glorreichen Werder-Zeiten ("Am besten spielen wir, wenn der Gegner nicht da ist, da schießen wir Tore wie am Fließband"). Bloß Michael Preetz ist von alldem wenig anzumerken. Die Gemütslage dieses Mannes lässt sich stets am Neigungswinkel seiner Augenbrauen ablesen. Sie stehen fast vertikal in diesen Tagen.

Preetz, der die Hertha seit drei Jahren managt, kann sich keinen zweiten Abstieg leisten. Abgesehen von Rehhagel, kann das eigentlich niemand in Berlin. Aber Preetz kann es am allerwenigsten. Es geht in den letzten 180 Minuten dieser Saison nicht nur um die Zukunft des Hauptstadtklubs. Es geht auch um die Zukunft eines Fußballfunktionärs.

Muss man noch erwähnen, dass es irgendwie bezeichnend für sein Schicksal ist, wenn über diese Zukunft nun in zwei Spielen gegen Fortuna Düsseldorf verhandelt wird? In Düsseldorf wurde Preetz 1967 als einziger Sohn eines Küchenchefs geboren. Er wuchs in der Altstadt auf, schoss seine ersten Tore für den Düsseldorfer SC 99 und wechselte bald zur Fortuna ins Rheinstadion. Zunächst als Balljunge, dann als Stürmer.

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Mit 19 ließ ihn Trainer Dieter Brei erstmals in der Bundesliga ran. Preetz bedankte sich artig. Mit einem Treffer. Und bevor er dann Rekordtorschütze in Berlin wurde, lernte er am Rhein noch eben, wie es ist, erst abzusteigen, sich wenig später als Aufstiegsheld feiern zu lassen, nur um noch ein wenig später wieder Hohn und Spott ertragen zu müssen. Auch an dieser Stelle verschränken sich Gegenwart und Vergangenheit.

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"Gegen meinen Heimatverein zu spielen, ist eine kuriose Situation für mich. Aber das passt irgendwie zu dieser Saison." Solche Sätze stellt Preetz dieser Tage nonchalant neben solche Sätze: "Ich bin Verantwortlicher bei Hertha. Daher blende ich das aus." Der Mann hat es also mit einer ausgeblendeten Situationskuriosität zu tun. Das muss man auch erst einmal verkraften.

Nach einem Stürmer wie Preetz hat der Manager Preetz bislang vergeblich gesucht. Solche Vorwürfe kommen jetzt. Das ist aber nur ein Teil des Dilemmas. Hertha BSC hat seine hart erkämpften Sympathiewerte vom vergangenen Aufstiegssommer binnen weniger Monate aufs Kläglichste verspielt. Das wird vor allem Preetz angelastet, der als Geschäftsführer auch für die Außendarstellung des Vereins zuständig ist. Mit einem Plädoyer für eine neue Offenheit ist er vor dieser Saison angetreten. Einen Babbel, einen Skibbe und einen Rehhagel später steht die Hertha - zumindest jenseits von Westberlin - aber wieder als Hort des Wahnsinns da. Als ein Klub, der einen Behelfs-Trainer nach dem nächsten verbrennt und der sich, sobald es Probleme gibt (also fast immer), hinter seiner eigenen Unsicherheit verkriecht.

Der Run auf die Tickets gegen Düsseldorf ist auch mit Dankbarkeit zu erklären. Niemand redet nach dieser Saison in Berlin davon, dass die Hertha in die Relegation muss. Sie darf.

Michael Preetz muss in seine ganz persönliche Relegation. Zwar hat Werner Gegenbauer, der Präsident, schon durchblicken lassen, dass er mit seinem Manager weitermachen wolle - egal in welcher Liga. Der Vorstoß hat aber nicht nur extern Kopfschütteln ausgelöst, sondern auch intern. Kritik regt sich an Form und Inhalt. Dem langjährigen Manager Dieter Hoeneß haben sie oft hinterhergerufen, er habe die zwischenzeitlichen Erfolge auf Pump finanziert.

Die Ära Preetz bewertet ein Mitglied des achtköpfigen Präsidiums nun so: "Es hat sich nichts geändert. Außer dass zur finanziellen Krise auch noch die sportliche Krise hinzukam." Wenn Gegenbauer sage, er halte auf jeden Fall an Preetz fest, dann sei das schlichtweg eine Privatmeinung. Darüber sei im Präsidium jedenfalls noch nicht abgestimmt worden.

Das soll nach dem Willen einiger Präsidiumsmitglieder auch nicht mehr passieren, bevor Ende Mai Neuwahlen anstehen. Für die Mitgliederversammlung ist neben einer heftigen Debatte über der Zukunft des Klubs auch eine Kampfabstimmung zu erwarten. Wie viele Präsidiumssitze dabei an die wachsende Fraktion der Kritiker von Michael Preetz gehen, das wird - um noch einmal mit Rehhagel zu sprechen - vermutlich auf dem Platz entschieden.

© SZ vom 10.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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