Hauptversammlung des FC Bayern:Die große Show des Uli Hoeneß

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Trotz 14 Punkten Rückstand auf Tabellenführer Borussia Dortmund verschonen die Bayern-Anhänger ihre Bosse mit Kritik. Präsident Uli Hoeneß findet's prima - und verkündet eindrucksvolle Geschäftszahlen.

Carsten Eberts

Am Ende forderte einer gar die Rückkehr von Lúcio und Zé Roberto. War das tatsächlich ernst gemeint? Die übrigen der 2806 Bayern-Mitglieder in der Münchner Olympiahalle hatten ein gutes Gespür dafür, dass dieser Redebetrag zum Ende der Jahreshauptversammlung eindeutig der Nonsens-Ecke zuzuordnen war. Sie begannen postwendend Sprechchöre - und forderten die Rückkehr von Bruno Labbadia.

"Die Zahlen sind gigantisch": Uli Hoeneß blickt auf ein erfolgreiches Jahr als Präsident des FC Bayern zurück. (Foto: imago sportfotodienst)

Die Szene hatte komödiantisches Potential - und stand irgendwie bezeichnend für eine auffallend harmonische Hauptversammlung des FC Bayern. Vor drei Jahren hatte Uli Hoeneß noch die Fans angeschrien ("Für die Scheißstimmung seid ihr doch zuständig und nicht wir") - und auch in diesem Jahr hätte man sich durchaus vorstellen können, dass Kritik laut wird: am mäßigen Tabellenplatz fünf, alarmierenden 14 Punkten Rückstand auf Tabellenführer Borussia Dortmund, am dünn besetzten Kader, der den FC Bayern in dieser Saison bereits kräftig in die Bredouille gebracht hat.

Doch die Fans blieben auffällig still. Ganze zwölf Mitglieder hatten sich auf die Rednerliste setzen lassen - vor einem Jahr, als der Klub in der Liga ähnlich schlecht dastand, waren es noch 50. Ihre Beiträge waren in diesem Jahr wenig explosiv. Es ging eher um Kleinstschauplätze: Einer beklagte das Rauchen in der Arena; ein anderer forderte, dass die Spieler Interviews künftig doch bitte auf Bairisch geben sollten. Ein Dritter schimpfte, er vermisse Stehplätze in der Arena.

Uli Hoeneß, der zum ersten Mal als Präsident durch den Abend führte, strahlte. Er wollte Gelassenheit demonstrieren, ein gelungenes erstes Jahr seiner Amtszeit feiern, verbal zur Aufholjagd blasen. Die Fans machten ihm keinen Strich durch die Rechnung. Zu den Rufen nach Bruno Labbadia gesellten sich ebenso wenig ernstgemeinte Sprechchöre zu Ehren von Mehmet Scholl und gar Lothar Matthäus. Hoeneß lachte herzlich: "Es macht richtig Spaß heute Abend mit euch."

Zuvor hatte der Klubpräsident alles getan, damit diese Hauptversammlung eine friedliche wurde. Er scherzte, versöhnte, lächelte sogar milde, als Trainer Louis van Gaal, mit dem er vor Wochen noch heftig über Kreuz lag, mit tosendem Beifall empfangen wurde. "Wir werden dir, lieber Louis, alle Unterstützung geben, die du brauchst", sagte Hoeneß.

Schon um kurz vor halb zehn schickte Hoeneß den Trainer und seine drei Kapitäne Mark van Bommel, Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger gnädig ins Bett. "Sie müssen sich ja auf das wichtige Spiel gegen Schalke vorbereiten", rief Hoeneß ihnen zu.

Ganz direkt und entschlossen hatte Hoeneß zuvor das Wort an Schweinsteiger gerichtet: "Für den ganzen Verein ist es unglaublich wichtig, dass du bei Bayern München bleibst." Die Fans, die Schweinsteiger vor einem Jahr noch mit Pfiffen bedacht hatten, folgten ihrem Präsidenten und applaudierten heftig - und erhoben sich sogar von ihren Stühlen. Die Nachricht dürfte angekommen sein.

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Grund zum Jubeln verschafften Hoeneß auch die Zahlen des vergangenen Geschäftsjahres. 312 Millionen Euro Umsatz machte die FC Bayern AG, die damit erstmals die 300-Millionen-Euro-Marke knackte. Nach Abzug von Steuern bleibt der AG ein Gewinn von 2,9 Millionen Euro.

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Zum sechsten Mal in Folge hat der Verein damit ein Geschäftsjahr erfolgreich abgeschlossen - der FC Bayern bleibt der gesündeste unter den großen europäischen Klubs. Hoeneß jubilierte: "Die Zahlen, die uns Karl Hopfner ( Finanzvorstand; Anm. d. Red.) jedes Jahr präsentiert, sind gigantisch."

Da verwunderte es kaum, dass Hoeneß, der Milde, sogar für den Lokalrivalen 1860 München wohlwollende Worte übrig hatte. "Ich verstehe Sie, wenn Sie als Fans den TSV 1860 am liebsten in der fünften Liga sehen würden", sagte Hoeneß, was die Versammlung mit Gejohle quittierte. Den Rufen nach einem Rauswurf der Sechziger aus der Arena folgte Hoeneß jedoch nicht: "Wir werden immer ein fairer Geschäftsmann sein. Auch wenn wir sie nicht unbedingt lieben müssen."

Als alle schon erwarteten, dass Hoeneß bald ein Heiligenschein über seinem Kopf aufgehen möge, hatte ein Redner doch noch Kritik auf dem Herzen. Ein älteres Mitglied mit Hut und Bart trat an das Rednerpult - es ging ihm um die Kommunikationsfähigkeit im Verein. Der medienwirksame Konflikt zwischen Präsident Uli Hoeneß und Trainer Louis van Gaal, der den Klub zur Unzeit kräftig aufgeschreckt hatte, war ihm sauer aufgestoßen. Er fragte: "Warum werden solche Angelegenheiten nicht intern geregelt?"

Hoeneß gab sich einsichtig. "Mein Auftritt bei Sky war wohlüberlegt, aber grenzwertig", gab der Präsident zu. Er wolle die Kritik aber annehmen - und bei künftigen Konflikten bedenken.

Ein anderer Fan trat ans Pult und wollte ein Gedicht vortragen. Zu Ehren des FC Bayern hatte er das Glaubensbekenntnis umgetextet. Er begann: "Ich glaube an Uli Hoeneß, den Allmächtigen ..."

Da lächelte selbst der Präsident eher gequält.

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