Hannover 96:Kind wählt den radikalen Schritt

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Hannovers Präsident Martin Kind: Angst vorm Verbleib in der 2. Liga (Foto: Kay Nietfeld/dpa)
  • Hannover 96 hat Angst, den Aufstieg in die erste Fußball-Bundesliga zu verpassen.
  • Präsident Martin Kind reagiert und macht Horst Heldt zum neuen Sportdirektor.
  • Fraglich ist, wie lange Interimstrainer Daniel Stendel noch die Mannschaft anleiten darf.

Von Carsten Scheele, Hannover

Martin Kind liebt es, die Menschen um ihn herum zu überraschen, und so war es nach seinem Gusto, dass der Präsident von Hannover 96 am Sonntagabend, als die halbe Stadt mit der Verpflichtung eines neuen Trainers rechnete, lieber einen neuen Sportdirektor präsentierte. Der ist kein Geringerer als Horst Heldt, früherer Bundesligaprofi sowie Manager beim VfB Stuttgart und Schalke 04; ein Mann, der schon Deutscher Meister war und über Erfahrung in der Champions League verfügt. Der 47-Jährige soll in Hannover eine Mission retten: den Wiederaufstieg in die erste Liga, der zuletzt arg in Gefahr geraten ist.

Kind und die anderen mächtigen Männer bei 96, unter anderem Ex-Kanzler Gerhard Schröder, haben gehörige Angst, das Ziel zu verpassen. Als "alternativlos" hatte der Vereinsboss den Aufstieg bezeichnet, sowohl finanziell als auch sportlich. Alles ist darauf ausgerichtet, dass der Abstieg 2016 nur ein Betriebsunfall sein sollte; der Etat ist der mächtigste in der zweiten Liga, der Verein kalkuliert sogar ein Minus im zweistelligen Millionenbereich ein, um direkt wieder aufzusteigen. Doch seit Jahresbeginn entwickelt sich das Team von Trainer Daniel Stendel eher zurück als nach vorne, zeigt sehr dürftigen Fußball, alarmierend vor allem das indiskutable 0:2 am Wochenende in Karlsruhe. Hannover wurde von den direkten Aufstiegsplätzen verdrängt, neben dem VfB Stuttgart ist auch Union Berlin an den Niedersachsen vorbeigezogen. Gewänne der verhasste Lokalrivale Braunschweig am Montagabend gegen Stuttgart, wäre das Abrutschen auf Rang vier perfekt. Für Kind ein Desaster.

Bringt Heldt auch einen neuen Trainer mit?

Also entschied sich der millionenschwere Hörgeräte-Unternehmer für einen radikalen Schritt - flankiert von Schröder, dem neuen Aufsichtsratschef. Er entband Martin Bader (bislang Sport-Geschäftsführer) und Christian Möckel (Sportlicher Leiter), die den aktuellen Kader zusammenstellten, mit Hannover aber nie richtig warm wurden, von ihren Aufgaben und installierte in Heldt die größtmögliche Lösung, die der Markt hergab. Heldt galt schon vor anderthalb Jahren als Kandidat, er dürfte auch diesmal nicht ganz billig gewesen sein; zumal die Frage im Raum steht, ob Heldt nicht auch einen neuen Trainer mitbringen darf.

Kind selbst hatte zuletzt wenig Glück mit der Wahl seiner Übungsleiter. In Thomas Schaaf hatte er in der vorerst letzten Erstligaspielzeit seinen Wunschkandidaten verpflichtet, der jedoch arg glücklos agierte und Hannover Richtung Abstieg bugsierte. Interimsmann Stendel coachte sich anschließend derart in die Herzen der Fans, dass Kind kaum anders konnte, als ihn zum Chef zu befördern, obwohl er selbst Zweifel hegte, weil Stendel im Trainergeschäft noch sehr unerfahren war.

Ein Krisentreffen am Sonntagabend im Gasthaus Kokenhof in Großburgwedel, das Kind gehört, verließ Stendel zu später Stunde. Fragen beantworten wollte er nicht. Nach aktuellem Stand darf er das Team am Samstag im Heimspiel gegen 1860 München betreuen. Kind und Heldt dürften ihm aber klargemacht haben, dass sie weitere Rückschläge im Aufstiegsrennen nicht akzeptieren werden.

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