Handballer Mikkel Hansen:Wenn selbst die kräftigsten Männer ächzen

Lesezeit: 2 Min.

Auch Welthandballer Mikkel Hansen befindet sich im Arbeitskampf. (Foto: Liselotte Sabroe/afp)

Die Handballer befinden sich im Arbeitskampf - sogar Welthandballer Mikkel Hansen macht mit beim Protest. Er befürchtet, dass sein Sport unter der zunehmenden Belastung bald zusammenbricht.

Von Joachim Mölter

Wie man Sportler unter Druck setzt, weiß Mikkel Hansen, das ist Teil seines Berufs. Der 31 Jahre alte Handballprofi ist Spielmacher, er dirigiert seine Nebenleute, leitet die Passfolgen ein, welche die gegnerischen Verteidiger in Bewegung bringen, so lange, bis ihr Abwehrverbund irgendwo reißt. Dann stößt ein Mitspieler - oder oft auch Hansen selbst - in die Lücke und wirft aufs Tor. Wenn der Rechtshänder Hansen wirft, tut er das mit außerordentlicher Wucht und Schnelligkeit. Der Däne ist als "Mikkel mit den Peitschenhänden" in der Szene berühmt geworden.

Vor wenigen Wochen ist Hansen zum dritten Mal als bester Handballer der Welt ausgezeichnet worden; im Januar hat er die Auswahl seines Landes zum ersten Weltmeistertitel geführt, Olympiasieger und Europameister war er auch schon. Nur wenige können gegnerische Abwehrreihen so unter Druck setzen wie er, aber inzwischen spürt er selbst einen kaum noch zu ertragenden Druck: Wie viele seiner Kollegen fürchtet Hansen, dass er unter der zunehmenden Belastung in seinem Sport bald zusammenbricht.

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Hansen ist das markanteste Gesicht der Kampagne

Die komplette internationale Handball-Prominenz hat jedenfalls einen im Sport einmaligen Hilferuf in die Welt gesendet. Die Spielergewerkschaft EHPU (European Handball Players Union) verbreitete am Mittwoch ein 1:43 Minuten langes Video auf den sozialen Medienkanälen Twitter und Instagram unter dem Hashtag #DontPlayThePlayers - spielt nicht mit den Spielern. Der Appell ist an die Sportfunktionäre gerichtet, die immer mehr Spieltermine in den Kalender pfropfen und so letztlich mit der Gesundheit der Profis spielen. Deren Kernforderung nach mehr Erholungspausen zwischen den Partien begründet Hansen so: "Mit mehreren Ruhetagen stellen wir sicher, dass die Spieler physisch bereit sind und somit ihr Maximum auf dem Platz zeigen können."

Mikkel Hansen ist mit seinem Vollbart und seiner schulterlangen Mähne, die er während der Partien mit einem Stirnband im Zaum hält, das markanteste Gesicht der Kampagne, aber es tauchen dort in seltener Einigkeit die bekanntesten Vertreter aller führenden Handballnationen auf - Norweger, Schweden, Spanier, Kroaten, Isländer; Männer und Frauen. Der Franzose Nikola Karabatić macht mit, wie Hansen dreimal Welthandballer, Olympiasieger, Welt- und Europameister, auch die Rumänin Cristina Neagu, viermalige Welthandballerin. Aus Deutschland sind Uwe Gensheimer dabei, Kapitän der Nationalmannschaft, und Patrick Wiencek, Kapitän von Rekordmeister Kiel. Alle eint die Sorge, dem geforderten Pensum nicht gewachsen zu sein, in den Mühlen des Spielbetriebs aufgerieben zu werden.

Im Handball kommen Spitzenkräfte auf 80 Partien und mehr pro Jahr - mit ihren Klubs in nationalen Ligen und internationalen Wettbewerben, mit ihren Nationalteams bei globalen oder kontinentalen Turnieren. Bei der WM im Januar hatten die Akteure, die um die Medaillen kämpften, am Ende zehn Partien innerhalb von 18 Tagen hinter sich - und einige mussten dabei zudem auch noch in vier verschiedene Städte reisen. Angesichts dieser Strapazen entstand auch die Idee zum Video.

Das Thema Überlastung ist nicht neu im Handball, dazu hat fast jeder Betroffene schon etwas gesagt im vergangenen Jahrzehnt. Neu ist, dass sich die Spieler zusammengetan haben, selbst die Spitzenverdiener wie Hansen und Karabatić, die wohl einzigen Einkommensmillionäre im Handball. Die Lage spitzt sich ja dramatisch zu, weil alle Liga-Organisationen und Dachverbände ihre Wettbewerbe aufblasen, um noch mehr Geld durch TV-Rechte und Sponsoren zu generieren. Die EM 2020 wird von 16 auf 24 Teilnehmer aufgestockt, die WM 2021 von 24 auf 32 Teams - ohne dass die Turniere deswegen einen Tag länger dauern sollen. Und dazwischen, im Sommer 2020, stehen Olympische Spiele in Tokio an. Kein Wunder, dass selbst die kräftigsten Männer wie der 1,96 Meter große Mikkel Hansen ächzen.

© SZ vom 05.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Protest via Twitter
:Hilferuf der weltbesten Handballer

Uwe Gensheimer, Mikkel Hansen und Co. protestieren in einem Video gegen die Überlastung in ihrer Sportart. Bis zu 80 Spiele pro Saison sind für die besten Spieler keine Seltenheit.

Von Carsten Scheele

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