Deutsche Handballer bei der EM:Hoffen auf den Wellen-Effekt

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Kapitän Uwe Gensheimer (Mitte) muss die bittere Niederlage gegen Spanien schnell verarbeiten. (Foto: dpa)

Die Niederlage des DHB-Teams in der Vorrunde gegen Spanien war gruselig, doch noch können die Ziele erreicht werden - Mut macht die jüngere Geschichte.

Kommentar von Joachim Mölter

Das war nicht schön, was die deutschen Handballer bislang gezeigt haben bei dieser Europameisterschaft; die Verantwortlichen versuchen auch gar nicht, die Sache schönzureden. Hilft ja nix. Und so gruselig wie die Niederlage gegen Spanien auch anzuschauen war, ein Horror war's auch nicht. Noch ist ja nichts verloren und das Ziel Halbfinale zu erreichen. Zumal die DHB-Auswahl bei der Auslosung auf die leichtere Schiene des Turnier-Tableaus gesetzt wurde. Vor den nächsten Gegnern muss sich die ersatzgeschwächte Mannschaft von Trainer Prokop jedenfalls nicht fürchten, selbst in ihrem akuten Zustand nicht.

Wenn sie in der jüngeren Sporthistorie stöbern, finden die deutschen Handballer Beispiele, die ihnen Mut machen müssten. Bei der EM 2008, ebenfalls in Norwegen, trafen sie in der Vorrunde auch auf Spanien - und verloren gar noch höher, 22:30. Und vor vier Jahren starteten sie in Polen ebenfalls mit einer Niederlage gegen die Iberer. Beide Male aber erreichte die DHB-Auswahl noch das Halbfinale, 2016 sogar das Endspiel. Dort ging's erneut gegen die Spanier - und die fegten sie dann aus der Halle, 24:17. Sie hatten aus ihren Fehlern gelernt.

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Damals hieß es, die Mannschaft habe nach der Auftaktniederlage eine Welle erwischt, auf der sie durchs Turnier surfen konnte. Auch bei der Heim-WM 2019 wurde eine solche Welle gefunden - sie trug bis ins Halbfinale. Dies ist der Effekt, an den sich die Deutschen heute klammern.

Das Turnier soll ja nicht nur für sich stehen, es soll auch einen Impuls setzen, der bis zu Olympia 2020 nach Tokio tragen kann. Der Weg dorthin ist kompliziert, um ihn zu finden, braucht es einen Kompass. Als Vierter der Heim-WM 2019 haben sich die Deutschen einen Platz in einem von drei Olympia-Qualifikationsturnieren gesichert. Und da die DHB-Strategen gerade cleverer als ihre Mannschaft erscheinen, haben sie gleich mal die Ausrichtung eines dieser Turniere übernommen. Wo? In Berlin. Wann? Anfang April. Vier Mannschaften treten an, zwei dürfen zu Olympia, das ist eine prima Perspektive, die aber gerade Gefahr läuft, von der Gegenwart eingetrübt zu werden.

Kann es sein, dass mancher schon das nächste Turnier im Kopf hat, während das aktuelle erst am Anfang steht? Kaum, aber natürlich ist Olympia wichtiger als eine EM, die im Wechsel mit der WM jedes Jahr stattfindet. Vielleicht auch deshalb haben die augenscheinlich unverzichtbaren Rückraumspieler Fabian Wiede (Berlin) und Steffen Weinhold (Kiel) auf ihren EM-Start verzichtet, um gravierende Verletzungen zu kurieren. Womöglich ist bis dahin ja auch der nach einem Kreuzbandriss schmerzlich vermisste Regisseur Martin Strobel wieder fit. In jedem Fall dürfte Bundestrainer Prokop in zwei Monaten die größere Auswahl haben. Ein schwacher Trost, aber besser als keiner.

© SZ vom 13.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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