Gewichtheber Steiner:"Das Sportliche rückt in den Hintergrund"

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Matthias Steiner hat nur kleinere Verletzungen, die US-Volleyballer erleben eine unangenehme Überraschung, Bahnradfahrer Levy sieht Missstände an der Spitze des Verbandes. Mit dem zweiten Versuch schafft Hammerwerferin Betty Heidler die Qualifikation fürs Finale. Drei Deutsche stehen im Stabhochsprungfinale, Frankreich bezwingt Spanien im Handball-Viertelfinale.

in Kürze

Gewichtheber Matthias Steiner
:Von der Hantel getroffen

Verletzung statt Medaille: Matthias Steiner verliert beim Reißen die Kontrolle über seine Hantel und wird unter ihr begraben. Nach kurzer Behandlungspause steht er wieder. Den Wettkampf kann er jedoch nicht fortsetzen.

Gewichtheben: Matthias Steiner hat bei seinem schweren Unfall im olympischen Finale der Superschwergewichtler Glück im Unglück gehabt und muss keine bleibenden Schäden befürchten. "Ich habe starke Schmerzen. Aber bei mir und meiner Familie überwiegt die Erleichterung, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Das Sportliche rückt da für den Moment in den Hintergrund", sagte Steiner dem sid. Die Ärzte diagnostizierten beim Olympiasieger von Peking eine Bandverletzung an der Halswirbelsäule, eine Prellung des Brustbeins und eine Muskelzerrung im Bereich der Brustwirbelsäule. Knochenverletzungen und direkte Schäden am Rückenmark wurden dagegen ausgeschlossen.

Der Olympiasieger von Peking hatte beim zweiten Versuch im Reißen 196 Kilogramm in die Höhe gestemmt, jedoch das Gleichgewicht verloren. Die Hantel fiel in Steiners Nacken und rollte dann auf seinen Oberschenkel. Steiner blieb am Boden liegen, stand nach kurzer Behandlungszeit aber wieder auf, bevor Helfer vor ihm einen Sichtschutz gegen neugierige Blicke postieren konnten. Kurz darauf gab Steiner den Wettkampf aus gesundheitlichen Gründen auf. "Das Wichtigste ist, dass der Kerl gesund ist. Das steht an erster Stelle. In den ersten Schrecksekunden musste man mit allem rechnen. Wir sind haarscharf an einer schlimmeren Geschichte vorbei geschrammt", sagte Bundestrainer Frank Mantek dem sid.

Basketball: Europameister Spanien ist beim Basketball-Turnier ins Halbfinale eingezogen. In der Revanche für das letztjährige EM-Finale von Litauen setzten sich die Iberer am Mittwoch in London gegen Frankreich mit 66:59 (34:37) durch. Bester Werfer bei den Spaniern war Marc Gasol vom NBA-Club Memphis Grizzlies mit 14 Punkten. Für die Franzosen trafen die beiden NBA-Profis Boris Diaw und Tony Parker mit jeweils 15 Punkten am häufigsten. In der Vorschlussrunde trifft Spanien am Freitag auf Russland. Die Russen hatten zuvor Litauen mit 83:74 (32:27) bezwungen.

Handball: Die Volleyballer von Peking-Olympiasieger USA sind schon im Viertelfinale gescheitert. Das Team von Trainer Alan Knipe unterlag am Mittwoch überraschend deutlich Italien mit 0:3 (26:28, 20:25, 20:25) und musste damit frühzeitig seine Hoffnungen auf erneutes Gold begraben. Der Weltranglisten-Sechste aus Italien bot eine beeindruckende Vorstellung, profitierte aber auch von vielen leichten Fehlern der US-Boys. Italien trifft im Halbfinale auf Weltmeister Brasilien. Die Auswahl von Bernardo Rezende entschied das südamerikanische Viertelfinal-Duell gegen Außenseiter Argentinien ebenfalls klar mit 3:0 (25:19, 25:17, 25:20) für sich. Am Abend sollten die deutschen Volleyballer gegen Bulgarien ihr Viertelfinale absolvieren. Die deutschen Volleyballer hatten erstmals seit 40 Jahren wieder die Runde der besten Acht bei Olympia erreicht.

Hockey: Die niederländischen Frauen haben erneut das Endspiel der Spiele erreicht. Der Olympiasieger von 2008 bezwang in einem packenden Halbfinale das Team aus Neuseeland mit 3:1 im Penalty-Shootout. Nach regulärer Spielzeit und Verlängerung hatte es 2:2 (1:1, 2:2) gestanden. Der Shootout kommt in London erstmals bei Olympia zum Einsatz, bislang wurde der Sieger im Siebenmeterschießen ermittelt. Ellen Hoog verwandelte im Penalty-Krimi den letzten Versuch zur Entscheidung. Hollands Torfrau Joyce Sombroek konnte drei Versuche der Neuseeländerinnen abwehren. Im Spiel hatten Kayla Sharland (7.) und Krystal Forgeson (49.) Außenseiter Neuseeland in seinem ersten Olympia-Halbfinale zweimal in Führung gebracht. Maartje Paumen (32., 53.) konnte zweimal für den Europameister ausgleichen. Die Niederlande stehen am Freitag um 21.00 Uhr MESZ zum dritten Mal in Folge in einem Olympia-Finale. Der Gegner wurde am Abend im Spiel zwischen Gastgeber Großbritannien und Weltmeister Argentinien ermittelt.

Radsport: Nach dem Abschluss der olympischen Bahn-Wettbewerbe in London hat Silbermedailengewinner Maximilian Levy den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) und dessen Präsidenten Rudolf Scharping kritisiert. "Glückwünsche von der Verbandspitze sind bisher ausgeblieben. Ich glaube, da kommt per Post in den nächsten Tagen eine Urkunde mit 'Herzlichen Glückwunsch und so weiter' - ist ja klar, wo die dann landet", sagte Levy. BDR-Präsident und Ex-Verteidigungsminister Scharping, am Anfang der Spiele kurz in London, hätte der Cottbuser nicht "einmal gesehen oder gesprochen", sagte der Bronzemedaillengewinner im Teamsprint und Olympia-Zweite im Keirin.

"Wir sind es gewohnt, dass wir Bahnradsportler vielleicht mal bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen kurz im Fokus stehen. Erfolge werden nicht entsprechend gewürdigt", sagte der 25-jährige Levy. "Grundsätzlich muss sich im deutschen Sport einiges verändern. Es steht die Frage im Raum: Was ist es Deutschland wert, gute Sportler zu haben oder will die Gesellschaft nur noch Fußball oder Formel 1 gucken."

Den Olympiasieg am ersten Tag hatten Miriam Welte und Kristina Vogel perfekt gemacht. Am Vorabend hatte auch Bundestrainer Detlef Uibel Kritik geäußert und vor dem Hintergrund der erfolgreichen Briten in Deutschland zentrale Strukturen in der Leistungssteuerung gefordert. Levy rechnete vor: "Die Briten hatten in den letzten vier Jahren 34 Millionen Euro zur Verfügung -der BDR nur einen kleinen Bruchteil davon."

Fußball: Große Ehre für Bibiana Steinhaus - die deutsche Schiedsrichterin wird am Donnerstag in London das olympische Finale im Frauen-Fußball zwischen Weltmeister Japan und Rekord-Olympiasieger USA leiten. Das teilte der Fußball-Weltverband Fifa am Mittwoch mit. Mit der Finalpaarung kennt sich die 33-Jährige aus Hannover aus. Steinhaus pfiff bereits das letztjährige Endspiel der Frauen-WM zwischen den beiden Teams. Damals setzte sich Japan in Frankfurt 5:3 nach Elfmeterschießen durch.

Handball: Olympiasieger Frankreich darf vier Jahre nach dem Triumph in Peking auch in London weiter auf Gold hoffen. Die Mannschaft um Superstar Nikola Karabatic setzte sich im Viertelfinale in vorletzter Sekunde 23:22 (9:12) gegen Spanien durch. Damit blieb ihr nach dem elften Platz bei der EM Anfang des Jahres in Serbien eine weitere Enttäuschung erspart. Vor 11.000 Zuschauern in der Basketball-Arena des Londoner Olympiaparks schienen die Spanier zunächst auf gutem Weg Richtung Halbfinale. Doch selbst ein zwischenzeitlicher Rückstand von fünf Toren Mitte der ersten Halbzeit brachte die Franzosen nicht aus dem Konzept.

Dank der Klasse des Kieler Schlussmanns Thierry Omeyer und der Wurfkraft von William Accambray (7) drehte der Weltmeister das Spiel. Zwei Sekunden vor dem Ende traf Accambray zum umjubelten Sieg. Die Franzosen spielen nun entweder gegen Kroatien oder Tunesien. Wenige Stunden zuvor hatte Ungarn das Halbfinale erreicht. Die Mannschaft des ehemaligen Bundesliga-Trainers Lajos Mocsai schlug Island in einem dramatischen Spiel nach zwei Verlängerungen überraschend mit 34:33 (16:12, 27:27, 30:30).

Zehnkampf: Top-Favorit Ashton Eaton stürmt Zehnkampf-Gold entgegen und hat wieder die magische Marke von 9000 Punkten ins Visier genommen. Europameister Pascal Behrenbruch legte dagegen einen durchwachsenen Start hin. Der 27-Jährige hat nach drei Disziplinen im Vergleich zu seinem Triumph in Helsinki, als er mit 8558 Punkten Bestleistung erzielte, bisher 116 Zähler weniger gesammelt und damit die Bronzemedaille zunächst aus den Augen verloren. Auf Rang drei hat er 136 Punkte Rückstand. Behrenbruch lief die 100 m verkrampft in 11,06 Sekunden, sprang dann gute 7,15 m weit, enttäuschte aber mit 15,67 m im Kugelstoßen. Mit 2528 Punkten liegt er auf Rang zwölf. "Ich bin vom Kugelstoßen sehr enttäuscht. Ich wollte die 17 m knacken. Jetzt muss ich sehen, wo ich die fehlenden Punkte wieder herbekomme", sagte er.

Hammerwerfen: Weltrekordlerin Betty Heidler ist bei den Olympischen Spielen in London ins Finale der Hammerwerferinnen eingezogen. Die Frankfurterin übertraf in der Qualifikation am Mittwoch im zweiten Versuch mit 74,44 Metern die geforderte Weite von 73,00 Metern. Heidler war bei der Europameisterschaft im Juni in Helsinki überraschend in der Qualifikation gescheitert, zeigte diesmal aber keine Nerven. Bei der Medaillenvergabe am Freitag zählt die Vize-Weltmeisterin zu den Favoritinnen.

Stabhochsprung: Das deutsche Stabhochsprung-Trio hat sich am Mittwochmorgen ohne Probleme für das Finale am Freitagabend qualifiziert. Raphael Holzdeppe und Goldfavorit Renaud Lavillenie aus Frankreich meisterten in der Vorausscheidung als einzige Springer 5,65 Meter. Malte Mohr und Björn Otto genügten 5,50 Meter für den Einzug in den Medaillenkampf der besten 14 Springer.

Springreiten: Steve Guerdat hat bei den Olympischen Spielen in London die Goldmedaille im Einzelwettbewerb gewonnen. Der Schweizer schaffte auf Nino des Buissonnets in den beiden finalen Umläufen als einziger Reiter zwei fehlerlose Ritte. Silber sicherte sich im Stechen Gerco Schröder aus den Niederlanden vor dem Iren Cian O'Connor. Marcus Ehning hatte es als einziger deutscher Reiter in den finalen Umlauf geschafft, landete nach zwei Abwürfen und einem Zeitfehler mit Plot Blue aber auf dem geteilten zwölften Rang. Die anderen drei deutschen Reiter hatten den finalen Umlauf gar nicht erst erreicht. Meredith Michaels-Beerbaum verpasste das Einzelfinale auf Bella Donna nach acht Fehlerpunkten als geteilte 23. nur knapp. Janne-Friederike Meyer scheiterte auf Lambrasco bereits in der dritten Qualifikationsrunde, Christian Ahlmann flog auf Codex One schon im ersten Qualifikationsumlauf am vergangenen Samstag raus.

Basketball: Russlands Basketballer haben als erstes Team das Halbfinale erreicht. Die Russen gewannen gegen Litauen 83:74 (32:27) und greifen damit erstmals seit 24 Jahren wieder nach einer olympischen Medaille. 1988 hatten russische Spieler noch für die Auswahl der einstigen Sowjetunion in Seoul Gold gewonnen. Bester Werfer bei den Russen war Andrej Kirilenko vom NBA-Club Minnesota Timberwolves mit 19 Punkten. Für den dreimaligen olympischen Bronzemedaillengewinner Litauen traf Rimantas Kaukenas mit ebenfalls 19 Punkten am häufigsten. Russland hatte sich in der North Greenwich Arena Mitte des dritten Viertels bereits auf 14 Punkte abgesetzt (51:37), musste am Ende aber doch noch zittern. Zu Beginn des Schlussabschnitts verkürzten die Litauer auf einen Zähler (54:53), doch dann zogen die Russen wieder davon.

Hockey: Die deutschen Hockeydamen haben durch einen 4:1 (2:1)-Sieg gegen Südkorea die Olympischen Spiele in London auf dem siebten Platz beendet. Lisa Hahn (6., 16.), Fanny Rinne (55.) und Marie Mävers (69.) schossen die Tore für das Team von Bundestrainer Michael Behrmann, das zum Abschluss des Turniers spielerisch seine beste Leistung zeigte. Cheon Seul Ki (8.) war für die Asiatinnen erfolgreich. Mit dem Spiel beendeten die deutsche Fahnenträgerin Natascha Keller, Kapitänin Rinne und Verteidigerin Mandy Haase ihre internationale Karriere. Alle drei standen im Team, das 2004 sensationell in Athen die Goldmedaile gewann. Rekordnationalspielerin Keller nahm an fünf Olympischen Spielen teil und bestritt insgesamt 425. Länderspiele. Sie bereitete gegen Südkorea drei Treffer vor, das 210. Länderspieltor gelang der 35-Jährigen jedoch nicht mehr.

Leichtathletik, 4x100-Meter-Staffel: Beim Kampf um Olympia-Gold muss die jamaikanische 4x100-Meter-Staffel am Wochenende auf Asafa Powell verzichten. Der ehemalige Weltrekordler hatte bereits am Sonntag im Finale über 100 Meter eine Adduktorenverletzung im linken Bein erlitten, er muss seine Saison vorzeitig beenden. 2008 in Peking hatte er mit dem Staffel-Quartett Gold in Weltrekordzeit geholt.

Ringen: Ringerin Alexandra Engelhardt ist nach nur einem Kampf im olympischen Turnier ausgeschieden. Nachdem die 29 Jahre alte Sportsoldatin am Mittwoch in der ExCeL-Arena ihren Auftaktkampf im Limit bis 48 Kilogramm gegen Mayelis Yesenia Caripa Castillo aus Venezuela mit 1:4 verloren hatte, scheiterte ihre Bezwingerin in der nächsten Runde an der Ukrainerin Irini Merlini nach einer Schulterniederlage. Damit war das Aus für die gebürtige Münchnerin besiegelt.

Taekwondo: Sümeyye Manz aus Nürnberg hat beim olympischen Turnier in London ihren Auftaktkampf verloren. Die 22-Jährige unterlag der an Nummer zwei gesetzten Vize-Weltmeisterin Yang Shu-Chun aus Taiwan deutlich mit 3:10. "Vier Jahre lang habe ich hart gearbeitet, und dann platzt mein Traum in sechs Minuten", sagte Manz, "ich kann viel mehr, als ich hier gezeigt habe. Das war Mist." Manz, die bei ihrem Olympiadebüt 2008 in der ersten Runde gescheitert war, kann noch die Trostrunde am Abend erreichen, wenn Yang ins Finale einzieht.

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