Hamilton-Sieg in Shanghai:Es kracht bei der grauen Macht

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Allein an der Spitze: Lewis Hamilton in Shanghai. (Foto: Getty Images)
  • Mercedes-Pilot Lewis Hamilton lässt sich diesmal nicht von Sebastian Vettel ärgern und demonstriert in Shanghai seine Überlegenheit.
  • Der Weltmeister gewinnt vor seinem Teamkollegen Rosberg - der schiebt danach ordentlich Frust. Vettel wird Dritter.
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Von René Hofmann, Shanghai/München

Pole-Position, Sieg, schnellste Rennrunde: Lewis Hamilton hat den Großen Preis von China, das dritte Rennen der Saison, nicht nur gewonnen. Er hat seine Überlegenheit demonstriert. "Ich konnte alles ganz gut kontrollieren", das war der vielsagende Kommentar des Titelverteidigers nach dem Triumph.

Sein Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg konnte als Zweiter erneut nur sagen: "Ich habe alles gegeben." Und er musste einräumen: Es hatte erneut nicht gereicht. Rosberg klang zerknirscht, als er "die Strategie" für seine Niederlage verantwortlich machte und sagte: "Ich bin mit dem Messer zwischen den Zähnen gefahren und habe viel riskiert, aber es hat nicht geklappt."

Rosberg schiebt Frust, er richtet sich gegen das Team und den dominierenden Kollegen: "Lewis ist sehr langsam gefahren und hat Sebastian so aufschließen lassen." Er sei deshalb unter Druck geraten, hätte seine Strategie anpassen müssen und so die Chance auf den Sieg verloren. Rosberg: "Das ärgert mich." Hamilton wies jede Schuld von sich. Teamchef Toto Wolff bestätigte: Die Phase sei "rennentscheidend" gewesen. "Das war aber nicht irgendwie bösartig." Es sei Hamilton lediglich darum gegangen, sicher vor den roten Gegnern zu bleiben. Aus diesem Grund habe auch der Kommandostand nicht eingegriffen.

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Sebastian Vettel, der Überraschungsgewinner von Malaysia, blieb trotzdem ohne Siegchance, er wurde am Ende Dritter. "Wir haben gewartet, dass Mercedes einen Fehler macht", sagte sein Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene, "aber der kam nicht." Vettel war trotzdem zufrieden: "Insgesamt war das ein rundes Wochende. Wir sind mit beiden Autos direkt hinter den Mercedes. Das macht glücklich. Wenn es so weitergeht, sieht es ganz gut aus."

Zum 14. Mal in Serie steht ein Mercedes beim Start vorne

Noch konstanter als die Sonntags-Dominanz von Mercedes ist die Serie der Marke am Samstag: Saisonübergreifend parkte in Shanghai zum 14. Mal nacheinander ein Mercedes ganz vorne. Im dritten Rennen 2015 hieß der Pole-Mann zum dritten Mal: Lewis Hamilton. Der Brite hat an der kleinen Qualifikationsschwäche, die er sich im vergangenen Jahr gegenüber seinem Teamkollegen noch geleistet hatte, offenbar gearbeitet. Seit er zum zweiten Mal Weltmeister ist, ist er in der Disziplin Samstags-Sprint makellos. Rosberg wurde im Aufgalopp erneut nur Zweiter.

In Sepang, beim Rennen zuvor, war es Sebastian Vettel geglückt, sich mit seinem Ferrari zwischen die beiden Mercedes-Männer zu schieben. In Shanghai blieb er als Dritter in der Qualifikation wieder fast eine Sekunde zurück, was ihn in der Einschätzung bestätigte: "Die graue Macht da vorne wird noch ein wenig stehen." Sein realistisches Ziel an diesem Sonntag: "Wir werden versuchen, daran zu rütteln." Es blieb beim Versuch. Als die Startampel erlosch, ließ Hamilton keinen nahe kommen. Er hatte sein Auto auf dem Startplatz bereits leicht nach rechts ausgerichtet, um Rosberg gleich den Weg in die erste Kurve zu verstellen. Der Plan ging auf. Der Deutsche musste sich auch auf den ersten Metern mit Platz zwei begnügen. Immerhin aber konnte er Vettel hinter sich halten.

Ferrari gegen Mercedes - das war das prickelnde Duell beim Großen Preis von Malaysia gewesen. In China wurde wieder die eintönigere Version eines Zweikampfes gegeben: Mercedes gegen Mercedes. Hamilton zog an der Spitze scheinbar mühelos seine Runden. Dahinter mühte sich Rosberg, den Anschluss zu halten. Die Szenerie taugte als Symbol für den bisherigen Saisonverlauf. Enge Duelle an der Spitze blieben aus. Aufregende Überholmanöver zeigte aber Max Verstappen. Der Toro-Rosso-Neuling demonstrierte bei seiner Jagd nach WM-Punkten mehrmals und mehrfach Entschlossenheit und Nervenstärke. Der 17-Jährige ist ein Lichtblick für den Red-Bull-Konzern, der ansonsten erneut viel Schatten erlebte.

Der Renault-Motor im Auto von Daniel Kwiat spukte noch vor der Rennmitte reichlich Rauch, was der Russe mit einem eindrucksvollen Funkspruch seinem Kommandostand meldete: "Feuer! Feuer! Feuer!" Dietrich Mateschitz dürfte es daheim in Österreich nicht gerne gehört und gesehen haben. Der Red-Bull-Chef hatte in der Vorbereitung auf den Grand Prix gedroht, seine Firma werde nur in der Formel 1 bleiben, wenn sie siegfähig sei. Und dafür brauche es nun mal einen siegfähigen Motor.

Den siegfähigsten Motor baut offensichtlich immer noch Mercedes: Lewis Hamilton und Nico Rosberg waren so überlegen, dass sie selten im Bild waren. Erst als Rosberg sich nach dem ersten Boxenstopp beschwerte, Hamilton vor ihm fahre zu langsam, ließ das aufhorchen. Rosberg hatte da mehr als zwei Sekunden Rückstand auf den Führenden. Seine Argumentation, die er am Funk vortrug: Wenn er sich dem Teamkollegen nähere, um diesen zu attackieren, würde er seine Reifen ruinieren. "Wie beim ersten Reifensatz", schimpfte Rosberg.

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Es klang wie ein strategisches Jammern: Der Verdacht, der 29-Jährige wünschte sich einen Wechsel der Renntaktik, um an Hamilton vorbeizukommen, drängte sich auf. Und: Rosberg bekam seinen Willen. Beim zweiten Reifenwechsel wurde er deutlich vor Hamilton einbestellt. An der Reihenfolge aber änderte das nichts: Diese lautete auch in Runde 35 von 56, nachdem alle ihre Pneus zum zweiten Mal getauscht hatten: 1. Hamilton, 2. Rosberg, 3. Vettel.

Pastor Maldonado verpasst die Ausfahrt und legt den Rückwärtsgang ein

Trotz der wenigen Abwechslung: Unterhaltung bot der Grand Prix. Pastor Maldonado but Kurioses: Der Lotus-Fahrer verpasste die Abbiegung in die Boxengasse und musste in der Zufahrt den Rückwärtsgang einlegen. So etwas gibt es selten zu sehen. Ebenfalls ungewöhnlich: der Funkspruch, den Hamilton abgab. "Mein Sitz wird heiß", meldete der Führende.

Sein Schlussspurt blieb trotzdem unwiderstehlich. Weder Rosberg noch Vettel konnten ihm auch nur einmal gefährlich nahe kommen. Aufregung gab es auch in dieser Phase nur im Verfolger-Feld: Red-Bull-Fahrer Daniel Ricciardo (am Ende Neunter) presste sich - mit zwei Rädern auf dem Randstein - am Sauber-Gesandten Marcus Ericsson (am Ende Zehnter) vorbei. McLaren-Fahrer Jenson Button (am Ende Dreizehnter) fuhr bei einem Zick-Zack-Duell in das Lotus-Heck von Pastor Maldonado (musste daraufhin aufgeben).

Von dem Unfall profitierte Fernando Alonso (am Ende Zwölfter) über den sich vorher sein ehemaliger Teamkollege Kimi Räikkönen beschwert hatte. Der Ferrari-Fahrer (am Ende Vierter) hatte sich beim Überholen leicht höhnisch beschwert: "Schafft mir diesen McLaren aus dem Weg."

Ein Defekt am Toro Rosso von Max Verstappen führte dann für alle zu einem vorzeitigen Ende des Arbeitstages. Sein Wagen blieb mit blockierten Hinterrädern auf der Start- und Zielgeraden liegen. Um ihn sicher bergen zu können, kam das Safety Car und bremste das Feld ein. Hamilton konnte seinen Feuerstuhl so ganz gemächlich als Erster ins Ziel reiten.

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