Zum Tod von Gordon Banks:Die Parade des Jahrhunderts

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2004 übergab Gordon Banks in London Pele ein Foto der berühmten Parade von 1970. (Foto: picture-alliance/ dpa)

Der Torwart Gordon Banks gewann mit England die Heim-WM 1966. Weltruhm erlangte er aber mit dem "Save of the century" gegen Pelé.

Nachruf von Thomas Hummel

Da hält man eine Karriere lang Bälle wie kaum ein Zweiter, wird Weltmeister, zweimal englischer Ligapokal-Sieger, ist Träger des britischen Ritterordens - und am Ende bleibt eine einzelne Aktion in Erinnerung. Es ist der Fluch der besten Tat, des "Save of the century", der Jahrhundertparade. Als jetzt auf der Insel die Meldung die Runde machte, Gordon Banks sei gestorben, lief die Wiederholung der Szene auf allen Kanälen.

Es sind Fernsehbilder von der ersten Fußball-WM in Farbe, WM 1970 in Mexiko, das Gruppenspiel England gegen Brasilien. Nach zehn Spielminuten fliegt eine Flanke in den englischen Strafraum, auf der Höhe des zweiten Pfostens, etwa acht Meter vor dem Tor, köpfelt Pelé den Ball wuchtig in die Ecke. Ein perfekter Kopfball, schulmäßig nach unten gedrückt, die Kugel setzt zwei Meter vor der Linie auf, für den Torwart kaum zu berechnen. Pelé reißt die Arme nach oben, ruft angeblich schon "Golo" - Tor. Doch "aus dem Nichts", wie Pelé später sagen wird, fliegt Banks mit raubtierhafter Gewandtheit heran und lenkt den Ball mit der Hand senkrecht nach oben über die Latte. Der Torwart liegt dabei horizontal mit verrenkten Gliedmaßen in der Luft. Die Szene läuft so schnell, dass alle den Ball erst mal im Tor suchen.

Tod von Gordon Banks
:"Einer der großartigsten Torhüter aller Zeiten"

Gordon Banks galt als einer der besten Torhüter seiner Zeit und gewann mit England 1966 den WM-Titel - nun ist er mit 81 Jahren gestorben. Berühmt wurde Banks für eine Parade gegen Pelé.

Das tat auch Gordon Banks. "Ich landete im Tornetz und hatte keine Ahnung", sagte er. Erst als er sah, dass Pelé nicht jubelte, sondern die Hände verzweifelt vors Gesicht hielt, realisierte er: kein Tor. Pelé sagte: "Ich dachte, der Ball wäre drin!" Banks antwortete: "Ich auch!" Nur Bobby Moore kramte noch vor dem folgenden Eckball den englischen Humor heraus: "Du wirst alt, Banksy, früher hast du den Ball festgehalten."

England verlor das Gruppenspiel trotzdem 0:1. Gordon Banks aber stieg mit dieser Parade in den Olymp seines Torwartberufs auf. Zeitungen in aller Welt berichteten. Dass Pelé sagte, es sei die beste Parade gewesen, die er je gesehen hatte, tat ein Übriges. Die Tat steht in England im Rang der Legende, auch weil auf der Insel später nicht mehr allzu viele Torwartmythen hinzukamen.

Sein Spitzname: "Banksy of England"

Gordon Banks war durchaus stolz auf seinen Rettungsflug. Doch mit seinem rationalen Gemüt konnte er diesen auch einordnen. So überraschte er in seiner Autobiografie mit dem Hinweis, dass ihm 1971 im Spiel seines Klubs Stoke City gegen Manchester City eine noch bessere Aktion gelungen sei. Er konnte alles behaupten, sonst aber durfte niemand in England unwidersprochen einen sonstwo abgewehrten Ball mit jener Parade gegen Pelé vergleichen. Das war nur ihm selbst vorbehalten.

1970 wurde dem Letzten klar, wie wichtig dieser Torwart für den WM-Sieg vier Jahre zuvor gewesen war. Im Turnier 1966 blieb Banks vier Spiele ohne Gegentor. Erst im Halbfinale ließ er einen Elfmeter des Portugiesen Eusébio passieren. Und im 4:2 gewonnenen Finale gegen Deutschland rettete er seine Mannschaft in der Verlängerung vor dem lange drohenden 3:3. Sein Spitzname: "Banksy of England". Als bei der WM 1970 sein Magen rebellierte und er ausfiel, verspielte England prompt im Viertelfinale gegen Deutschland einen 2:0-Vorsprung und schied aus.

Die größte Herausforderung seiner Karriere stand ihm allerdings noch bevor. Mit 34 Jahren verschuldete er einen Autounfall und erblindete auf dem rechten Auge. Trotz dieses Handicaps feierte er 1976 in der amerikanischen Profiliga ein bestauntes Comeback, zwei Spielzeiten stand der einäugige Banks für die Fort Lauderdale Strikers im Tor - und wurde zum wertvollsten Schlussmann der Liga gekürt.

Doch auch nach diesem ungewöhnlichen Finale seiner Laufbahn sagte er: Den Platz in der Fußballgeschichte sichere ihm "diese Parade 1970 - sie ist es, was in Erinnerung bleiben wird, wenn ich einmal gehe". Gordon Banks starb am Dienstag mit 81 Jahren an den Folgen von Nierenkrebs.

© SZ vom 13.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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