Golf: US Open:Gefeiertes Biest

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In schwierigen Zeiten versammeln sich die Golfer zu den US Open gerne auf dem tückischen Kurs in Bethpage. Auf dem Golfplatz wird es ab Donnerstag zugehen wie im Football-Stadion.

Petra Himmel

Die vier Männer sitzen draußen auf der Ladefläche ihres Trucks und ziehen sich die Golfschuhe an. Dann schultern sie die Golftaschen und gehen Richtung Klubhaus - kein extravagantes Gebäude, kein exklusiver Pro-Shop, kein freundliches, um Service bemühtes Personal. Zwischen einigen Holzgeländern reiht sich Golfer an Golfer, um das Greenfee für die Runde zu bezahlen. Willkommen im Bethpage State Park auf Long Island, wo Public-Golf für jedermann praktiziert wird. "Pay and play" ist hier das Motto, bezahl' und spiel'. 300.000 Runden spielen sie im Jahr auf den fünf Plätzen, die Namen wie "Grün" oder "Gelb" tragen. Einer dieser Kurse genießt einen Sonderstatus: "Black", der schwarze Kurs, ist bekannt als tückisches Biest.

Tiger Woods auf einer Proberunde in Bethpage. (Foto: Foto: AP)

"Warnung", liest man auf dem Schild, das am Weg zum ersten Abschlag steht. Und: "Der Black-Kurs ist ein extrem schwieriger Platz, den wir nur extrem guten Golfern empfehlen." In dieser Woche mangelt es hier nicht an exzellenten Spielern. Die US Open, das zweite Major-Turnier des Jahres, findet zum zweiten Mal nach 2002 wieder in Bethpage statt. Auf dem Parkplatz vor dem Klubhaus stehen nicht mehr die Trucks, sondern die Karossen der Herren Woods & Co.

Wer hier außerhalb der US Open morgens um fünf vorbeikommt, trifft auf eine Schlange von Autos, in denen die Golfer übernachten, um am nächsten Morgen eine der begehrten Startzeiten zu ergattern. "Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass ich in einem Auto übernachte, nur um eine Runde Golf spielen zu können", hat der frühere US-Open-Champion Jim Furyk am Montag kopfschüttelnd gemeint, "aber daran erkennt man auf jeden Fall, welch' besondere Anlage dies für die Menschen ist, die hier leben - und wie gut der Golfplatz ist."

Immer, wenn es um die Stimmung der Amerikaner nicht allzu gut steht, ist Bethpage zur Stelle: Während der Depression um 1930 fanden hier Tausende einen Job, weil ein Golfplatz überarbeitet wurde und drei 18-Löcher-Plätze dazu gebaut wurden. 2002 waren die Angst und der Schmerz der Anschläge vom 11.September in New York City noch allgegenwärtig, als die US Open den Menschen Auftrieb gab.

"Ich glaube, damals suchte die ganze Stadt nach irgend- etwas, was sie umarmen konnte, irgendwas, eine Sportveranstaltung, nur um selbst aus dieser ganzen Szenerie rauszukommen. Die US Open war diese Veranstaltung", resümierte dieser Tage Tiger Woods, der damals mit 277 Schlägen vor Phil Mickelson gewann. "Ich habe gut gespielt und gewonnen, aber die bleibende Erinnerung dieser Veranstaltung war die Woche an sich. Kaum zu glauben, wie viele Dankeschöns wir Spieler bekommen haben: Danke, dass ihr gekommen seid, um New York zu unterstützen."

Jetzt ächzt die Metropole unter der Finanzkrise. Nichts kommt den sportbegeisterten New Yorkern mehr gelegen als eine Ablenkung. Unter den Spielern aber sind diese Fans fast ein wenig gefürchtet. Auf dem Golfplatz von Bethpage wird es ab Donnerstag zugehen wie im Football-Stadion. Da wird laut gebrüllt, geklatscht, angefeuert, gepfiffen. Der Spanier Sergio Garcia, auch diesmal einer der Favoriten, geriet 2002 schwer ins Kreuzfeuer, als er vor jedem Schlag mehrmals seinen Griff änderte. Schon am zweiten Tag begannen die Zuschauer neben den Spielbahnen, die Griffänderungen laut mitzuzählen - das Nervenkostüm des Spaniers war schnell zerrüttet.

Woods will 15. Titel

Männer wie Phil Mickelson oder Tiger Woods dagegen leben in der begeisterten Menge auf. Da werden Hände geschüttelt, Autogramme verteilt, Schultern geklopft. Dass Woods nach seinem überragenden Sieg beim Memorial Turnier vor zwei Wochen der Favorit ist, steht außer Frage. Genau ein Jahr, nachdem er sich mit einem kaputten Knie seinen letzten Major-Titel im Playoff über 18 Löcher bei der US Open in Torrey Pines gegen Rocco Mediate sicherte, hat der Weltranglistenerste nun seinen 15.Majortitel im Visier.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ihm ein Europäer den Titel streitig macht, ist eher gering. Dem Briten Tony Jacklin gelang zuletzt 1970 ein Erfolg bei diesem Major, das für die Amerikaner noch vor dem Masters in Augusta als die wichtigste Golfveranstaltung gilt. Martin Kaymer jedenfalls, dem einzigen Deutschen im Feld, werden noch nicht einmal Außenseiterchancen eingeräumt. Die USOpen gelten als ein Fall für Meister in Sachen Putten. Genau damit aber hat der Deutsche zuletzt am meisten gehadert.

© SZ vom 18.06.2009/jüsc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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:Üben auf dem Biest

Noch ist es ruhig auf dem Golfkurs in Bethpage - von Donnerstag an soll es zugehen wie in einem Football-Stadion.

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