Golf:Tiger Woods steht vor seinem größten Sieg

Lesezeit: 3 min

Er spielt wieder ohne Schmerzen: Tiger Woods beim Training auf den Bahamas. (Foto: USA TODAY Sports)
  • Noch im Frühsommer drohte Tiger Woods das Karriereende, der Golfprofi musste sogar in eine Entzugsklinik.
  • Beim Comeback sagt er nun, er fühle sich "fantastisch". Hat er sein Leben endlich wieder in den Griff bekommen?

Von Gerald Kleffmann, Nassau/München

Brad Faxon war ein vorzüglicher Profi, auf der US-PGA-Tour errang er sieben Siege, der heute 56-Jährige war aber auch stets jemand, der es schätzte, anderen das Rampenlicht zu überlassen. Und doch konnte er es diesmal nicht unterbinden, dass die Golfbranche jedes Wort von ihm aufsog, als berichte da jemand als Zeuge, der eine schlimme Katastrophe als einziger überlebt habe.

Dabei hatte Faxon nur mit Tiger Woods eine Runde Golf gespielt.

Woods spielt schmerzfrei

Auch Donald Trump, Präsident der USA, sowie Dustin Johnson, der Weltranglisten-Erste, waren in dem Flight dabei gewesen, der in der vergangenen Woche in Jupiter im US-Bundesstaat Florida, wo Woods lebt, 18 Löcher bewältigte. Wobei letzteres Wort womöglich falsch ist, denn es impliziert Qualen (die man als Trump'scher Golfpartner vielleicht ja haben kann). Woods spürte jedenfalls keine Schmerzen. Er traf den Ball gut und präzise. Vor allem: "Er sah großartig aus, richtig entspannt", erzählte Faxon in den US-Medien: "Er hat sich auch keine Sorgen darüber gemacht, hart zu schwingen und mit dem Driver abzuschlagen." Weiter schwärmte der Zeuge, sein Landsmann habe sogar diverse komplizierte Schläge geschafft. Sein Fazit: Woods sei "in wunderbarer mentaler und körperlicher Verfassung".

SZ PlusGolfspieler Hideki Matsuyama
:Der Unsichtbare wird sichtbar

Hideki Matsuyama war lange Zeit nur der Mann auf der Tour, der dem Tsunami entkam. Heute ist der Japaner der drittbeste Golfer der Welt. Bei der 99. PGA Championship in Charlotte hofft er auf seinen ersten Major-Erfolg.

Von Gerald Kleffmann

War der Ausflug der Gruppe noch weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehalten worden, so blickt der Golfkosmos von diesem Donnerstag an umso neugieriger nach Nassau auf den Bahamas. Woods spielt erstmals seit neun Monaten ein Turnier; wie im vorigen Jahr versucht er wieder ein Comeback, von denen so viele gescheitert sind nach zwischenzeitlichem Hoffnungsschimmer, bei seinem eigenen Event. Die Einnahmen der Hero World Challenge, an der nur 18 Spieler in einem Luxusresort teilnehmen, fließen in die Stiftung des Ende Dezember 42 Jahre alt werdenden Milliardärs.

Geld ist jedoch nur am Rande die Geschichte, um die es geht. Die wahre offenbarte Tiger Woods höchstselbst, als er am Dienstag erstmals wieder öffentlich in seiner Funktion als aktiver Profi sprach. "Die Tatsache, dass ich im unteren Bereich des Rückens keine Schmerzen mehr habe, verglichen mit den Jahren zuvor, ist - einfach bemerkenswert", sagte er: "Es war ein Kampf über Jahre." Der erstaunlichste Satz klang so: "Ich liebe mein Leben jetzt." Das beinhaltete so vieles: dass es ihm wieder prächtig geht. Und dass es ihm vorher sehr schlecht ging.

Grob unterteilt lässt sich Woods' Weg, seitdem er von Vater Earl schon als Kind gedrillt wurde, in zwei Kapitel unterteilen. Zunächst Aufstieg und Regentschaft eines Golfphänomens. Dann: Selbstdemontage, gepaart mit körperlichen Rückschlägen. Zwischen 1997 und 2008 sammelte Woods 14 Titel bei Major-Turnieren, nichts schien den Modellathleten dabei stoppen zu können, den Rekord von Jack Nicklaus mit 18 Trophäen zu überbieten. Mit dem Auffliegen seines Ehebetrugs begann eine Ereigniskette, in der es zunehmend seltener um Sport ging. In den vergangenen dreieinhalb Jahren hat Woods nur 19 Turniere gespielt, sein letzter Sieg stammt aus dem Jahr 2013. Vier Operationen am Rücken musste er seitdem ertragen. Seinen letzten Auftritt, im Februar in Dubai, brach er ab, er gab auf, offiziell wegen Rückenkrämpfen. Alsbald sollten sich andere Einblicke in den vorübergehenden Zustand dieser Ausnahmeperson ergeben.

Im Mai wurde Woods unweit seines eigenen Restaurants "The Woods" in Jupiter nachts von der Polizei schlafend im Auto aufgefunden. Er musste aufs Revier, die Bilder des auf einen Stuhl gesackten, völlig benebelten Menschen drangen nach außen und gingen um die Welt. Nachdem er bereits aufgrund seines unsteten Liebeslebens in therapeutischer Behandlung gewesen war, begab sich Woods nun in eine Entzugsklinik; auch, um das Sorgerecht für seine Kinder nicht zu verlieren. In seinem Körper wurde ein Medikamentenmix gefunden, den ein Arzt als lebensbedrohlich bezeichnete. Er hatte Schmerz- und Betäubungsmittel genommen sowie Mittel gegen Angstzustände und Schlafmangel.

Die Golf-Experten in den USA spekulierten über das Ende seiner Laufbahn, einer fragte brüsk im Fernsehen: "Was will Woods genau mit dem Rest seiner Karriere anfangen?" Im September noch nährte Woods diese Gedanken selbst, indem er den nahen Abschied vom Profisport als "absolut möglich" beschrieb. Er könne sich schon wegen des Rückens kaum so bewegen, wie es in seiner Disziplin notwendig sei. Ein paar kurze Pitches, Schläge aus 50, 60 Metern, schaffe er - mehr nicht. Umso überraschender klingt der Tenor der Einschätzungen in den letzten Wochen.

Plötzlich wirkt Woods wieder fit

Sein langjähriger Manager Mark Steinberg gab bekannt, dass Woods laut ärztlicher Diagnose wieder sportlich voll belastbar sei. Ende Oktober stellte Woods erste Mini-Videosequenzen ins Internet, auch seinen berühmten Stinger, einen flach und weit geschlagenen Ball mit dem Eisen, führte er vor. Tatsächlich sah er nicht mehr aus wie das Wrack aus dem Frühsommer: Da stand ein durchtrainierter Spieler.

Auch bei seinem Auftritt am Dienstag auf den Bahamas wirkte er fit, mit gesunden Gesichtszügen. "Ich bin auf der anderen Seite wieder herausgekommen und fühle mich fantastisch", so fasste Woods seine Berg- und Talfahrt zusammen: "Ich freue mich einfach auf diese vier Runden, damit ich auch sehen kann, wo ich stehe."

Es geht jetzt wieder in erster Linie um Sport. Und das ist für Tiger Woods bereits eine Art Sieg. Es könnte sein größter werden.

© SZ vom 30.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Curling-Profi Baumann
:"In Kanada werde ich auf der Straße erkannt"

Alexander Baumann ist Deutschlands einziger Curling-Profi. Ein Gespräch über Einschaltquoten, Medaillen-Druck und die verzweifelte Suche der Nationalmannschaft nach einem Trainer.

Interview: Julian Budjan

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: