British Open im Golf:Ein Majorsieger, der Rehe erlegt

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Da ist die Karaffe! Brian Harman staunt selbst, dass er die British Open gewonnen hat. (Foto: Kyle Terada/USA TODAY Network/Imago)

Der Amerikaner Brian Harman gewinnt zur Überraschung der Golfwelt die British Open. Sein zielsicheres Spiel bringt er tatsächlich auch mit seinem Hobby in Verbindung- er geht gerne mit Bogen und Pfeil auf die Jagd.

Von Gerald Kleffmann

Selbst am Ende, als Brian Harman längst die Trophäe in den Händen hielt, die Claret Jug, wurde es ihm nicht leicht gemacht. Der Regen peitschte von oben auf seine Glatze, er wischte sich Tropfen aus dem Gesicht. In der Sportwelt, das gehört zu den schrägen Besonderheiten dieses Kosmos, ist es ja Usus, trotz Sintfluten mannhaft ohne Schirm oder sonstigem Schutz auszuharren. Wie Jogi Löw einmal nass wie ein Wischmopp ein Länderspiel coachte, ist bis heute legendär. Andererseits, dieser Brian Harman, 36, aus Savannah im US-Bundesstaat Georgia, ist wirklich ein robuster Kerl. Der hält viel aus.

Beschimpft worden war er am Samstag, während der dritten von vier Runden, die er mit Tommy Fleetwood absolvierte. Der Liebling der Briten im Royal Liverpool Golf Club wurde bejubelt, angefeuert, abgeklatscht. Einmal rief jemand Harman zu: "Du hast nicht die Eier!" - "das half", sagte er später und grinste. Wenn Trotz richtig kanalisiert wird, kann er eben zu Siegen verhelfen. So war es tatsächlich dieser für Golfverhältnisse kleine, weil nur 1,70 Meter große Linkshänder, der seinen Fünf-Schläge-Vorsprung vom Samstag am Sonntag souverän mit 13 Schlägen unter Par (67+65+69+70) ins Ziel rettete. So demonstrierte er den Briten, dass auch einer wie er, der bisher nie etwas Großes gewann, Druck standhält.

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So mancher der - Achtung! - 261 180 Besucher bei der 151. Open Championship, dem vierten Major der Saison, dürfte Harman später etwas mehr ins Herz geschlossen haben, denn dessen Ankündigung, noch am Abend "einige Pints" aus dem Siegerpokal zu trinken, entsprach ja den landestypischen Gepflogenheiten. Natürlich hätte es bessere, zumindest schlagzeilenkräftigere "Champions Golfer of the Year" gegeben, wie sich der Gewinner des ältesten Golfwettbewerbs der Welt nennen darf. 1860, auch Gründungsjahr eines sehr fragwürdigen Fußballvereins, hatte William Park senior für seinen Sieg damals noch den "Challenge Belt" erhalten, der bis 1870 überreicht wurde.

Der Nordire Rory McIlroy, der 2014 in Liverpool seinen einzige Open-Titel errungen hatte, spielte diesmal eine Spur zu solide und wurde Sechster (-6). Fleetwood, mit der Entspanntheit eines langzeitgestrandeten Goa-Rucksackreisenden ausgestattet, fiel zurück auf Rang zehn. Vier Profis tummelten sich schlaggleich im Endklassement auf Rang zwei, und jeder dieses Quartetts hätte mit einem Triumph wenig Erstaunen in der Branche ausgelöst. Im Verfolgerfeld waren Tom Kim, der kometenhaft aufgestiegene Amerikaner, die früheren Weltranglistenersten Jon Rahm aus Spanien und Jason Day aus Australien sowie der Österreicher Sepp Straka, der vor der British Open auf der US PGA Tour siegte.

29 Top-Ten-Platzierungen in den vergangenen sechs Jahren

Harmans Erfolg ist aber keinesfalls eine Sensation, auch wenn er bislang nur einen Titel in den USA errang und ansonsten einer von vielen auf der Tour ist. Nur: Er ist eben einer von vielen Weltklassegolfern - und bislang schwamm er auf hohem Niveau vorzüglich mit. Davon zeugen mehr als 22 Millionen erspielte Preisgeld-Dollar. Und 29 Top-Ten-Platzierungen in den vergangenen sechs Jahren. Harmans größte Fähigkeit ist das schlaue Spiel; weil er die Bälle bei weitem nicht so weit schlägt wie die meisten Kollegen, hat er sich auf Präzision spezialisiert. Und gerade bei den British Open, mit den welligen Fairways und Grüns, war es wichtig, die richtigen Flecken anzuspielen, damit der Ball für den nächsten Schlag ideal liegt.

Einen beklemmenden Moment erlebte das Turnier indes im Nachklapp, bei der Pressekonferenz. Ein Journalist führte Harmans Kunst, zielgenau Punkte zu treffen, auf dessen Hobbys zurück - neben dem Bogenschießen ist das eine Beschäftigung, über die man diskutieren kann: Er erlegt gerne Rehe und Enten. Harman berichtete nun, dass er stets aus weiter Entfernung die Tiere abschieße, er mache es sich nicht zu leicht. Als ein Reporter dann den Bogen spannte und meinte, dieses Training würde sein bestechendes kurzes Golfspiel erklären, bestätigte Harman heiter: "Ich habe ein gutes Paar Hände." Da wurde dann gelacht. Zweifelsfrei tierfreundlicher geriet Harmans Ankündigung, dass er seinen Sieg auf originelle Weise feiern werde: Er werde zu Hause mit seinem neuen orangen Traktor den Rasen mähen.

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