Golf:Antwort in Dollarscheinen

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Bye-bye, St Andrews: Tiger Woods zeigt Emotionen bei den British Open. (Foto: Paul Ellis/AFP)

Um dem massiven Druck durch die saudi-arabische LIV-Tour zu widerstehen, präsentiert die amerikanische PGA Tour vergleichsweise radikale Neuerungen. Dabei geht es natürlich um Geld - aber auch um ein Versprechen von Tiger Woods.

Von Felix Haselsteiner, München/Atlanta

Normalerweise enden die Dinge in East Lake - und beginnen nicht von Neuem. Seit 2004 ist der Golfklub wenige Kilometer südlich von Georgias Hauptstadt Atlanta Austragungsort des finalen Turniers der PGA Tour, der Tour Championship. In East Lake geht es im Saisonfinale von Donnerstag bis Sonntag für die besten 30 Spieler um den Sieg in der FedEx-Cup-Rangliste, um Prestige und selbstverständlich auch um einen Haufen Geld. In diesem Jahr allerdings, in dem im Golfsport nicht viel normal ist, geht es am Rande auch um die Zukunft.

Der Druck auf die PGA Tour, Antworten auf die saudi-arabische LIV-Tour zu finden, war in den vergangenen Wochen und Monaten stetig gewachsen. Einen Topstar nach dem anderen präsentierten die Saudis, ihr aggressives Vorgehen traf die "alte" Golfwelt mitten in ihr Herz, weil nun auch dem letzten Beobachter klar wurde: In erster Linie geht es den meisten Spielern ums Geld und nicht etwa um moralische Bedenken und die Frage, woher die Dollar-Scheine kommen.

Am Mittwoch nun präsentierte Jay Monahan, der Commissioner der US-Tour, in East Lake eine Reihe von Neuerungen, die genau darauf abzielen - und in den meisten Fällen drehen sich die Antworten um Dollarscheine. Zum ersten Mal ist die Tour nun im Angesicht der schwerreichen Konkurrenz bereit, mit einigen ihrer Grundregeln zu brechen. Eine dieser ungeschriebenen Regeln lautete, kein Geld an Spieler zu zahlen, die es sich sportlich nicht verdient hatten: Wer den Cut nach zwei Runden verpasste, bekam kein Geld - ab der kommenden Saison soll es dafür 5000 US-Dollar und eine Unterstützung bei den Reisekosten geben. Ein fixiertes Einkommen war bislang ebenso tabu, auch hier kommt die PGA Tour den Spielern aber nun entgegen: Wer eine dauerhafte Startberechtigung hat, bekommt fortan eine garantierte Summe von 500 000 US-Dollar, unabhängig vom Erfolg.

Ganz neu im Golf: ein fixiertes Einkommen

Bislang war auf der PGA Tour jeder qualifizierte Spieler gleichgestellt, egal ob er die Nummer eins oder die Nummer 160 der Weltrangliste war. Auch das ist nun nicht mehr der Fall. Über ein Verfahren, in das Werbe- und Öffentlichkeitsstatistiken wie die Google-Suchfrequenz einfließen, wird eine Elitegruppe an prominenten, erfolgreichen Spielern gebildet, die den Kern der Tour bilden sollen. Es gehe darum, die Golfer zu belohnen, die "den meisten Einfluss auf unsere wachsende Fan-Gruppe haben", sagte Monahan. Diese Spieler verpflichten sich auch, zukünftig an allen 14 sogenannten Elite-Events teilzunehmen und somit sicherzustellen, dass diese Turniere nicht nur höhere Preisgelder, sondern auch einen entsprechenden sportlichen Stellenwert haben.

Auf den ersten Blick handelt es sich um technische Neuerungen, die Folgewirkungen für die Spieler unterschiedlicher Ranghöhen sind jedoch spürbar: Die Topakteure haben die Gelegenheit, in neue finanzielle Sphären vorzustoßen. Die Nachwuchsspieler können mit den fixierten Gehältern ohne existenzielle Sorgen spielen und sich für die Topgruppe qualifizieren, wo das große Geld wartet. Und alle anderen bekommen eine finanzielle Unterstützung, die den Haupt-Abwanderungsgedanken vieler Spieler zur LIV-Tour unterbinden dürfte: Vielen ging es der eigenen Aussage nach auch darum, die Familie auch in weniger erfolgreichen Karrierephasen (luxuriös) zu ernähren.

Plädoyer für Auftrittsgarantien: Rory McIlroy geht zum Beraterkreis. (Foto: Nick Wass/AP)

Entstanden sind die Neuerungen in einem engen Austausch zwischen den drei Personen, die die Zukunft der traditionellen Golfwelt wohl am meisten prägen werden: Monahan, Tiger Woods und Rory McIlroy haben sich laut Medienberichten in den vergangenen Monaten mehrfach zusammengesetzt, um mögliche Antworten auf die LIV-Tour zu finden. Am vergangenen Wochenende flog Woods dann zum Playoff-Turnier in Delaware ein, um vor Ort einen Kreis der Topspieler auf die neue Zukunft einzuschwören - zum ersten Mal sehen sich die Spieler damit auch als Team, in einem offenen Kampf gegen LIV.

Die radikalen Schritte akzeptierten alle, auch wenn sie erst einmal dazu führen werden, dass die Topspieler ein kleines Stück ihrer Freiheit als unabhängige Einzelsportler aufgeben und zukünftig erstmals in ihrer Karriere Auftritte garantieren: "Wenn ich ein Formel-1-Rennen anschaue, erwarte ich, Lewis Hamilton zu sehen", sagte McIlroy dazu. Es sei verständlich, dass vor allem die Fernsehzuschauer mehr Interesse daran hätten, auch außerhalb der vier Major-Turniere regelmäßig die Besten zu sehen - und nicht mehr nur dann, wenn es denen gerade in den Kalender passt.

Monahan, Woods und McIlroy sind sogar offen für Experimente: Ab 2024 sollen mehrmals im Jahr an Montagabenden nächtliche Mann-gegen-Mann-Turniere stattfinden, in einer Arena mit Musik und Show, ausgerichtet von einer neuen Firma namens TMRW, die dem Duo Woods und McIlroy gehört. Das soll auch die Nicht-Golfexperten unter den Sportfans näher an den Sport heranführen und dürfte allein deshalb hohe TV-Einnahmen einbringen, weil der bekannteste Spieler der Geschichte seine Zusage gegeben hat, den die LIV-Tour mit der absurden Summe von 800 Millionen US-Dollar lockte, aber nicht bekam: Tiger Woods will die PGA Tour nicht nur in Strategie-Meetings retten, sondern hat angekündigt, trotz seiner Altersteilzeit an den Showevents an Montag-Abenden teilzunehmen.

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