Gladbachs erste Meisterschaft:Die Fohlenelf galoppiert durch die Liga

Vor genau 50 Jahren wurde die Borussia das erste Mal deutscher Meister - es folgte das erfolgreichste Jahrzehnt der Klub-Historie. Rückblick auf viele Titelgewinne, ein gebrochenes Tor und große Namen auf der Trainerbank.

Von Christopher Gerards

Vor 50 Jahren

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(Foto: imago images / Horstmüller)

Dass Borussia Mönchengladbach eine sehr erfolgreiche Vergangenheit hat, das ist im Grunde heute noch bei jedem Spiel zu sehen - zumindest, wenn man genau hinschaut. Zwei Sterne trägt die Mannschaft über ihrem Wappen auf dem Trikot, das dürfen nur jene Teams, die fünf Mal Meister geworden sind. Und Gladbach: wurde fünf Mal Meister, innerhalb von neun Jahren übrigens. Den ersten Titel holte die Borussia vor genau 50 Jahren, am 30. April 1970, nach einem 4:3 am vorletzten Bundesliga-Spieltag gegen den HSV. Es war der Anfang eines ausgesprochen erfolgreichen Jahrzehnts in der Klub-Historie.

Der Aufstieg und die ersten Jahre Bundesliga

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(Foto: imago/Horstmüller)

Schon 1960 feierte die Borussia einen großen Erfolg: Man gewann den DFB-Pokal. Aber als 1963 die Bundesliga gegründet wurde, waren die Gladbacher nicht dabei. Sie kickten in der zweitklassigen Regionalliga West. Schon damals standen Menschen auf und neben dem Platz, deren Namen noch immer eng mit den Erfolgen der Gladbacher verbunden sind. 1963 war Günter Netzer vom 1. FC Mönchengladbach gekommen, im Jahr darauf begann die Zeit von Trainer Hennes Weisweiler und Angreifer Jupp Heynckes bei der Borussia. 1965 gelang der Aufstieg, zusammen übrigens mit dem FC Bayern. Und kontinuierlich verbesserte sich die Mannschaft (zu der nun auch Berti Vogts gehörte): Wurde man in der ersten Bundesliga-Saison 13., folgte ein achter Platz, schließlich zwei dritte. Aus jener Dekade stammt auch der Begriff "Fohlenelf". Ein Reporter der Rheinischen Post soll geschrieben haben, die Borussia-Spieler seien wie junge Fohlen.

Die Meister-Elf

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(Foto: imago/Pfeil)

In der Meister-Saison 1969/1970 erkannten zeitgenössische Beobachter einen neuen Stil der Borussia. So hielt die SZ nach einem Gladbacher 1:0 im Spitzenspiel Ende November gegen Köln fest: "An die Stelle von Verspieltheit und Unkonzentriertheit sind jetzt Disziplin und taktisches Geschick getreten. Statt von Unbekümmertheit wird das Spiel von nüchternem Erfolgsstreben geprägt." Auch drei Niederlagen in Serie Mitte April verhinderten den späteren Titel-Gewinn nicht (darunter waren zwei Nachholspiele, da der strenge Winter zur Verlegung vieler Partien geführt hatte). Am 30. April, einem Donnerstag, gewann das Team schließlich am Bökelberg mit 4:3 gegen den HSV - und war erstmals in seiner Historie Meister. "Ein Meister ohne Tradition", wie die SZ in einer Kommentar-Überschrift über den erstmaligen Titelträger festhielt. Als Gründe für den Erfolg identifizierte der Autor die Kombination von spielerischer Stärke mit neuer Härte, dazu Zugänge in der Abwehr und eine größere Erfahrung. Zum Kader gehörten Spielmacher Netzer, Torjäger Herbert Laumen, Torwart Wolfgang Kleff, Berti Vogts, Herbert Wimmer oder auch der spätere Coach Horst Köppel. Jupp Heynckes sollte erst im Sommer wieder zur Mannschaft stoßen - er war 1967 nach Hannover gegangen.

Wenn der Pfosten bricht

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(Foto: imago/WEREK)

Das Timing für die Rückkehr war dabei aus heutiger Sicht nicht schlecht. Im Gegenteil: Heynckes und der Borussia boten sich viele weitere Chancen, Titel zu gewinnen. Das war schon in der folgenden Saison so. Und selbst eine der kurioseren Begebenheiten der Bundesliga-Historie verhinderte den Titel nicht: der Pfostenbruch vom Bökelberg. Er fiel auf den 3. April 1971, die Borussia spielte gegen Werder Bremen. 1:1 stand es, als Angreifer Laumen beim Versuch, eine Flanke zu erreichen, ins Tornetz sprang und sich hochzuziehen versuchte. Die Folge: Das Tor fiel um. Der Schiedsrichter entschied schließlich, das Spiel abzubrechen, ein Wiederholungsspiel gab es nicht, stattdessen wurde die Partie gegen Gladbach gewertet. In den folgenden Wochen duellierte sich das Team mit dem FC Bayern um den Meistertitel, vor dem letzten Spieltag führten die Münchner die Tabelle an. Doch während Bayern in Duisburg verlor, gewann Gladbach 4:1 in Frankfurt - und hatte seinen Titel verteidigt.

Netzer wechselt Netzer ein

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(Foto: imago/Pressefoto Baumann)

Zwar brachten die folgenden Saisons keine Titel ein. Doch in sie fielen Spiele, derer sich Fans heute noch erinnern. Da etwa war das sogenannte Büchsenwurfspiel, bei dem Gladbach im Landesmeister-Pokal 7:1 gegen Inter Mailand gewann. Doch das Ergebnis zählte nachträglich nicht, Inter-Spieler Roberto Boninsegna war von einer Getränkebüchse getroffen worden. Das Wiederholungsspiel endete 0:0 - und die Borussia schied aus, da sie das Hinspiel 2:4 verloren hatte. Ein weiteres dieser erinnerungswürdigen Spiele: das DFB-Pokal-Finale 1973. Gladbach spielte gegen Köln, und auf der Bank saß: Günter Netzer. Erst zur Verlängerung wurde er eingewechselt: von sich selbst. Kurz darauf entschied er das Spiel. Es war Netzers letzter Auftritt für die Borussia, er ging zu Real Madrid.

Titelserie mit neuem Trainer

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(Foto: imago sportfotodienst)

Im Sommer 1975 war die Zeit ohne Titel für die Borussia wieder vorbei. In der Bundesliga folgte der dritte Meistertitel des Klubs, und auch den Uefa-Pokal gewann die Mannschaft von Trainer Hennes Weisweiler in den Finalspielen gegen Twente Enschede (nachdem man 1973 das Finale noch verloren hatte). Auf der Vereins-Homepage heißt es über die Mannschaft von damals, es sei "vermutlich die beste Borussenmannschaft aller Zeiten" gewesen. Zu dieser Mannschaft gehörten mit Henning Jensen und Allan Simonsen inzwischen auch zwei Dänen - Simonsen sollte 1977 den Titel als "Europas Fußballer des Jahres" gewinnen. Der Sommer 1975 brachte zunächst aber einen großen Umbruch: Trainer Hennes Weisweiler verließ die Borussia, für ihn übernahm Udo Lattek, der zuvor mit dem FC Bayern Meisterschaften und den Landesmeistertitel geholt hatte. Und auch unter Lattek sollten die Erfolge anhalten: Zwei weitere Meisterschaften gelangen und damit eine seinerzeit historische Serie.

Internationale Endspiele

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(Foto: imago/Sven Simon)

Im Landesmeister-Finale setzte sich 1977 dagegen der FC Liverpool durch, dennoch durfte die Borussia im Weltpokalfinale gegen die Boca Juniors antreten, verpasste allerdings auch hier den Titel. Aus der Saison 1978 stammt indes ein Rekord, der weiter Bestand hat: der höchste Bundesliga-Sieg, ein 12:0 am letzten Spieltag gegen den BVB. Zum Ende der Dekade wandelte sich jedoch das Gesicht der Mannschaft: So beendeten Jupp Heynckes und Herbert Wimmer ihre Karriere, Rainer Bonhof wechselte nach Valencia. Und sportlich lief es äußerst durchwachsen: In der Bundesliga reichte es gerade mal zu Platz zehn, immerhin gewann die Borussia den Uefa-Pokal. Bis zum DFB-Pokalsieg 1995 sollte es der letzte Titel für Gladbach bleiben. Nach der Saison verließ Trainer Lattek die Borussia, es übernahm der Mann, der vorher schon zu seinem Assistenten ernannt worden war, der einige der größten Erfolge des Klubs als Spieler miterlebt hatte: Jupp Heynckes.

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