Irgendwann sagt Sejad Salihovic einen Satz, den man im Fußballgeschäft nur selten hört. Drei Wörter, die für einen kurzen Moment zeigen, wie erbarmungslos manchmal die letzte Phase einer Fußballkarriere sein kann. Wie der globalisierte Transfermarkt ganze Karrierepläne ändert. "Ich vermisse Deutschland", sagt Salihovic, bevor es wieder still wird in seiner Pekinger Wohnung, nur wenige Kilometer entfernt vom Trainingsgelände seines neuen Arbeitgebers Beijing Renhe - einem chinesischen Zweitligisten.
Wenn er ehrlich sei, sagt Salihovic, "hätte ich nie daran gedacht, jemals in China zu landen". Er habe immer davon geträumt, seine Karriere in der Bundesliga beenden zu dürfen. In Hoffenheim, dem Klub, der seit 2005 eigentlich sein Zuhause war. Mit dem er von der dritten bis in die erste Liga aufstieg, Herbstmeister wurde, den Abstieg vermied. Hoffenheim und Salihovic, das war eine Beziehung, die halten sollte.
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Die TSG schätzte Salihovics strammen und zugleich kunstvollen Linksschuss, mit dem er in der Bundesliga viele Freistoßtore erzielte. Salihovic wiederum schätzte das Vertrauen des Vereins. Nie stand sein Kaderplatz zur Debatte, obwohl der Klub beinahe jeden Sommer den halben Kader austauschte. Salihovic war die Hoffenheimer Identifikationsfigur. Einer, der so etwas wie Kontinuität personifizierte.
In Peking kann Salihovic nur mit Mundschutz herumlaufen
In der vergangenen Saison aber wurde Salihovics Schusstechnik plötzlich nicht mehr gebraucht, er wurde immer weniger eingesetzt, der auslaufende Vertrag nicht mehr verlängert. "Wir haben uns im Guten getrennt", sagt Salihovic in Peking, bevor er anfügt: "Ich will eigentlich nur Fußball spielen." Es ist ein Teil der Antwort, warum er jetzt plötzlich in Peking wohnt. Ohne Familie, die immer noch in Deutschland lebt. Aber dafür mit Mundschutz, weil der Pekinger Smog sonst die Lunge angreifen würde. Salihovic sagt: "Das geht schon."
Glaubt man dem Mittelfeldspieler, dann war das Angebot vom Pekinger Zweitligisten "richtig perfekt". Vom Zeitpunkt her, von der Option her, noch einmal Fußball spielen zu dürfen - und vor allem von der finanziellen Situation her. "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich das nicht wegen des Geldes mache", erklärt Salihovic. Schließlich ist er jetzt 31 Jahre alt. In einem Alter, bei dem es im Fußball darum geht, sich finanziell für die Zukunft abzusichern.
Chinesische Klubs haben im Winter 301 Millionen Euro für Transfers ausgegeben
Das geht derzeit in China besonders gut. Die chinesische Liga hat diesen Winter mit rund 301 Millionen Euro mehr Geld für neue Spieler ausgegeben als jede andere Liga weltweit. So wechselte der Brasilianer Alex Teixeira mal eben für 50 Millionen Euro von Donezk zu Jiangsu Suning, jenem Verein, der nur Tage zuvor für 28 Millionen Euro auch Ramires vom FC Chelsea verpflichtete. Erst diese Woche verließ der argentinische Stürmer Ezequiel Lavezzi den französischen Meister Paris Saint-Germain für 30 Millionen Euro Richtung Hebei China Fortune.
Die Klubbesitzer, meistens reiche Immobilienmakler oder Vorstandsvorsitzende bei Medizin- und Technikunternehmen, sind gerade dabei, sich gegenseitig bei den Ablösesummen zu überbieten. Wohl auch, um in der Gunst des chinesischen Präsidenten Xi Jinping aufzusteigen. Dieser liebt den Sport so sehr, dass er erst im vergangenen Jahr einen 50-Punkte-Plan ausgerufen hat, um den chinesischen Fußball zu verbessern. Der Präsident ist es leid, dass sein Land eine untergeordnete Rolle im Weltfußball spielt. China ist derzeit nur Nummer 93 der Weltrangliste - einen Platz vor den Färöern.
Die chinesische Liga verkaufte ihre Fernsehrechte für 1,1 Milliarden Euro
"Die Chinesen", sagt Salihovics Spielerberater Tolga Dirican, "wollen in zehn Jahren zur mächtigsten Fußball-Liga der Welt aufsteigen." Wie ernst es der Staat damit meint, zeigte sich kürzlich, als das staatliche Medienunternehmen Xinhua die Fernsehrechte der chinesischen Liga für 1,1 Milliarden Euro erwarb - das 30-Fache des vorherigen Vertrags.
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Damit ist die chinesische Liga der Bundesliga, die nur 628 Millionen Euro pro Spielzeit erlöst, um einiges voraus. Aber ansonsten, sagt Salihovic, hinke China in allen Belangen weit hinterher. "Das Niveau hier kann man nicht mit der Bundesliga vergleichen", sagt er. Klar, es werde um jeden Punkt, um jeden Zweikampf gerungen. Aber Salihovic hofft trotzdem darauf, dass das Niveau etwas besser wird, wenn nun mehr Spieler aus dem Ausland kommen. "Bis China aber das europäische Niveau erreicht", sagt er, "werden noch Jahre vergehen."
Trotzdem versucht Salihovic, die Zeit in China zu genießen. Schließlich, sagt er, wollte er eine neue Kultur kennenlernen, ein anderes Land sehen. Auch wenn die Kommunikation mit den chinesischen Teamkollegen mehr als schwierig ist. Viele könnten kein Englisch, in der Halbzeitpause übersetzt ein Dolmetscher die Ansprache des chinesischen Trainers.
Auch die frühe Anreise vor den Spielen findet Salihovic gewöhnungsbedürftig. Die chinesischen Klubs reisen zu allen Samstagsspielen schon am Donnerstag an, er verbringt deshalb viel Zeit in Hotels. Die Klubs wollen, dass ihre Spieler ausgeruht zum Spiel antreten. "Das ist okay, das ist alles interessant", sagt Salihovic. Sein Vertrag läuft in zwei Jahren aus. So lange will er auf jeden Fall noch in China bleiben. Und Deutschland vermissen, um weiter Fußball zu spielen.