Fußball:Weltmeister sehnen sich nach Weihnachten - Löw grantelt

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Nürnberg (dpa) - So groß war der Ärger von Joachim Löw dann doch nicht: Nach einer kurzen Nacht in Nürnberg und dem üblichen Beine-Ausschütteln am Morgen entließ der Bundestrainer seine fußballmüden Weltmeister in ein freies Wochenende.

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Nürnberg (dpa) - So groß war der Ärger von Joachim Löw dann doch nicht: Nach einer kurzen Nacht in Nürnberg und dem üblichen Beine-Ausschütteln am Morgen entließ der Bundestrainer seine fußballmüden Weltmeister in ein freies Wochenende.

Auf die Idee, Thomas Müller und Co. aus Frust über das magere 4:0 (3:0) gegen Gibraltar die versprochene Freizeit zu streichen, wäre Löw nicht gekommen. „Es ist auch nicht notwendig, dass die Spieler zwei Tage im Hotel sitzen. Was das Training betrifft, können wir keine Akzente setzen in ein, zwei Tagen“, begründete der Bundestrainer die schöpferische Pause vor dem letzten Kraftakt des WM-Jahres gegen Europameister Spanien.

Am Dienstag in Vigo muss Löw allerdings auf Torwart Manuel Neuer verzichten. Der Schlussmann vom FC Bayern reiste am Samstag wegen Beschwerden im rechten Kniegelenk ab. „Gegen Spanien hätte ich gerne mit der besten Mannschaft gespielt, aber wir wollen bei Manuel kein Risiko eingehen“, sagte Löw und verwies auf die „hervorragenden Alternativen“ Roman Weidenfeller und Ron-Robert Zieler. Die Ersatzmänner waren von Torwarttrainer Andreas Köpke schon vor dem Neuer-Ausfall im DFB-Programmheft für das Gibraltar-Spiel gelobt worden. „Ich bin mir sicher, dass wir auch mit Robert oder Ron im Tor Weltmeister geworden wären“, sagte Köpke.

Das bizarre Spiel gegen die Extrem-Verteidiger vom Südzipfel Europas schien schon kurz nach dem Abpfiff wie eine skurrile Randnotiz im Abspann des rauschenden WM-Jahres. „Jede Mannschaft kann heutzutage mit neun Mann hinten drin stehen und verteidigen. Wir hätten uns ein paar Tore mehr gewünscht. Den Sieg nehmen wir mit“, fasste Toni Kroos die Ereignisse vom Freitagabend aus Spielersicht zusammen.

Müller hatte auch als Doppeltorschütze keinen großen Spaß. „Solche Spiele sind eh für uns Spieler nicht ganz so angenehm. Und für die Zuschauer ist es auch nur eine gewisse Zeit erträglich. Ob man unseren Profikalender mit solchen Pflichtspielen auffüllen muss, ist die große Frage“, sagte er deutlich.

Der Bayern-Profi, der vier der bislang sieben deutschen Tore in der EM-Qualifikation erzielte, erläuterte auch die Sehnsucht der Weltmeister nach einer längeren Auszeit. „Grundsätzlich ist es gut, dass wir näher Richtung Weihnachten kommen. Mal zwei, drei Wochen Pause zu haben, schadet nicht.“ Dieses Gefühl kann auch Löw teilen. „Im neuen Jahr, nach einer Winterpause und drei Wochen Vorbereitung, bin ich mir sicher, dass sie auch körperlich und geistig frischer sind“, sagte der DFB-Chefcoach.

Löw hatte sich an der öffentlichen Diskussion über die Jagd nach dem 16:0-Rekordsieg gegen Russland aus dem Jahr 1912 nicht beteiligt. Eine harsche Kritik für den unerwartet niedrigen Sieg und die misslungene Umsetzung der taktischen Vorgaben konnte er seinen Titelhelden aber nicht ersparen. „Ich bin nicht zufrieden, weil ein 4:0 ganz einfach für uns zu wenig ist und zu wenig Tore gefallen sind. Ich hätte mir von der Mannschaft mehr erwartet“, grantelte Löw.

Fehlendes Tempo, schlechtes Passspiel und mangelnde Torgefahr bemängelte der Bundestrainer - wie auch schon nach dem 1:1 gegen Irland im Oktober. Gegen den UEFA-Neuling reichte es neben den Müller-Treffern (12./29.) nur noch zu Toren von Mario Götze (38.) und Yogan Santos (67./Eigentor). „In der zweiten Halbzeit laufen wir rum, als ob es ein Freizeitspiel ist. Das kann es nicht sein“, sagte Jérôme Boateng deutlich nach seinem 50. Länderspiel.

Löw konnte sich nicht einmal zu einem Lob für den wackeren Gegner durchringen. „Ich war nicht beeindruckt von Gibraltar. Ich habe gesehen, dass Gibraltar gelernt hat zu verteidigen. Sie müssen verteidigen, sie spielen immer so. Aber wenn wir unser Spiel mit aller Konsequenz durchgezogen hätten, hätten sie einige Tore mehr kassiert.“

Dieses Manko sprach Löw offen an. „Von dem einen oder anderen Spieler, der eine Chance bekommen hat, hätte ich mir mehr erwartet. Da muss mehr kommen“, monierte Löw. Namen nannte er nicht, aber weder Max Kruse noch der eingewechselte Kevin Volland konnten sich offensiv aufdrängen. Neuling Jonas Hector hinterließ bei seinem kurzen Debüt in der Dreier-Abwehr hingegen einen ordentlichen Eindruck. Und Lukas Podolskis Situation hat sich trotz zwei Torvorlagen in seinem ersten Länderspiel über 90 Minuten seit der USA-Reise im Sommer 2013 nicht nachhaltig verbessert. „Letztendlich müssen wir überlegen, und er sich auch, was das nächste Jahr für ihn bringt“, sagte Löw.

Durch den relativ knappen Sieg verbesserte sich die DFB-Elf in der Gruppe D mit sieben Zählern nur auf den dritten Rang hinter den punktgleichen Iren, die Gibraltar immerhin sieben Tore einschenkten. Im kommenden Jahr soll dann auf dem weiter fest anvisierten Weg zur EM-Endrunde in Frankreich auch Spitzenreiter Polen (10 Punkte) möglichst rasch eingeholt werden.

Am späten Sonntagabend müssen die Nationalspieler im Teamhotel am Münchner Flughafen sein, bevor es am Montag zum Jahresabschluss nach Vigo zum Duell mit dem alten Rivalen Spanien geht. „Da muss jeder an die Grenze gehen, das ist eine Weltklasse-Mannschaft, auch wenn die im Umbruch sind“, sagte Boateng. So sieht es auch Löw: „Spanien hat eine ganz andere Spielanlage, eine andere Qualität der Spieler. Spanien ist eine Mannschaft, die in der Offensive gut ist, die in der Spielanlage gut ist. Daher wird es eine andere Aufstellung und ein anderes Spiel.“

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