Fußball:Warum Leroy Sanés U-21-Auftritt keine Degradierung ist

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Schon erprobt in einem EM-Halbfinale, aber auch noch gut geeignet fürs U21-Team: Leroy Sané von Manchester City. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Flügelspieler steht stellvertretend für eine neue Funktion der U-21-Nationalmannschaft: als Stufe auf dem Weg nach oben. Spannend wird aber sein, wo er den Sommer 2017 verbringt.

Von Christopher Gerards, Ingolstadt

Das Wochenende von Leroy Sané kann man vermutlich nicht bewerten, ohne über das Wochenende von Julian Brandt nachgedacht zu haben. Beide sind 20, beide halten sich gerne vorne auf einer Flügelposition auf, und beide haben mal zusammen in der A-Nationalmannschaft gespielt, am 29. Mai, bei der hübschen Wasserschlacht in Augsburg gegen die Slowakei. Einige Gemeinsamkeiten verbinden Sané und Brandt, aber ihr Wochenende fiel insgesamt sehr unterschiedlich aus. Brandt spielte für Joachims Löws A-Nationalmannschaft. Sané spielte für Stefan Kuntz' U 21, was auch bedeutet: Sané spielte nicht für Löws A-Nationalmannschaft.

Sané degradiert! Pep-Profi muss nachsitzen! Eine aufregende Geschichte hätte das Wochenende ja bereithalten können: Da ist also dieser 20 Jahre alte Fußballer, der schon in einem EM-Halbfinale mitwirken durfte und den Guardiola für 50 Millionen Euro zu Manchester City holte. Und dann: Spielt derselbe Sané plötzlich nur noch in der U 21, bei einem 4:3 in Ingolstadt gegen Russland. Das Problem war nur, dass die Geschichte nichts taugte, ihr ist nämlich die Fallhöhe abhanden gekommen.

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Ja, Sané hat für die U 21 gespielt. Aber nein, als Degradierung oder Nachsitzen geht das nicht durch. Sanés Einsatz enthält genau genommen nur eine Geschichte, wenngleich eine ebenfalls interessante. Die Geschichte handelt davon, dass das DFB-eigene Forschungsprogramm mit dem Namen "U 21" eine neue Aufgabe bekommen hat.

Spannend wird sein, wo Sané und Co. ihren Sommer 2017 verbringen

"Die Idee ist, dass es keine Trennung von A-Mannschaft und U 21 gibt, sondern ein Miteinander" - diesen Satz hat U-21-Trainer Kuntz vor dem Spiel gegen Russland gesagt. Es war ein Satz, der das Ergebnis von Absprachen mit Löw und DFB-Sportdirektor Hansi Flick enthielt. Anlass dieser Absprachen war vor allem eine Gruppe von jungen Spielern, die so talentiert sind, dass Löw sie ohne Bedenken in sein Team einbauen könnte. Andererseits sind die Mitglieder dieser Gruppe noch nicht so weit entwickelt, dass sie der U 21 komplett entwachsen wären, deshalb sollen sie auch mal unten aushelfen. Es ist eine Gruppe im Zwischenstatus, eine Art A 21; ihr gehört Jonathan Tah genau so an wie Julian Brandt, Matthias Ginter, Niklas Süle, Max Meyer - und eben Leroy Sané.

Die Überlegung geht so: Wenn Sané zum Beispiel nur 52 Minuten in der Liga gespielt hat, also insgesamt, dann lohnt sich für ihn womöglich eher ein Ausflug zur U 21. Dann helfen ihm 89 Minuten gegen Russland - und wohl einige weitere an diesem Dienstag gegen Österreich - mehr als null bis zehn Minuten mit der A-Elf gegen Tschechien. Und, das nur nebenbei: Schaden tut's der U 21 auch nicht.

"Dienstleister für die Spieler" - das ist die Definition, die Kuntz seinem Team verpasst hat. Ein umfassendes Service-Paket bietet er an, für jeden Bedarf ist was dabei. Die Innenverteidiger Tah und Süle haben ein paar schöne Zweikämpfe geschenkt bekommen, Sané eine Vorlage. Aber vor allem umfasst der Service, dass jeder hinreichend lange Fußball spielen darf.

Spannend wird sein, wo Tah, Brandt, Ginter, Süle, Meyer und Sané ihren Sommer 2017 verbringen. Zur Auswahl stehen die U-21-Europameisterschaft in Polen, für die sich das DFB-Team am Freitag qualifiziert hat, und der Confed Cup in Russland. Ein Einsatz beim einen Turnier schließt den beim anderen jedenfalls aus. Die EM startet am 16. Juni - einen Tag vor dem Confed Cup.

© SZ vom 10.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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