Fußball-Transfermarkt:Der Zirkus zieht zu lange durchs Land

Lesezeit: 2 min

Wechselt Neymar noch? Weiß man nicht. (Foto: AFP)

Eine Verkürzung des Transferfensters wäre sportlich sinnvoll und attraktiver für die Fans - doch es bleibt wohl ein Wunschtraum.

Kommentar von Sebastian Fischer

Mehr als 40 000 Zuschauer kommen im Schnitt zu Heimspielen von Werder Bremen, es werden also auch an diesem Sonntag viele Menschen die Partie gegen den FC Augsburg ansehen - und das ist beachtlich. Testspiele, bei denen beide Mannschaften ausprobieren, wie die Zusammenarbeit in einem neuen Kader so funktioniert, finden ja sonst im Trainingslager auf einem Sportplatz mit Alpenpanorama statt, wo nur die Fans zugucken, die ihren Sommerurlaub im Trikot verbringen. Die Besonderheit ist diesmal, dass beim Testen bereits Punkte vergeben werden. Die Begegnung in Bremen ist Bestandteil des dritten Bundesligaspieltags.

Am Montag endet in den meisten europäischen Ligen die Periode, in denen Fußballer den Verein wechseln können, das sogenannte Transferfenster schließt. Bis dahin wird das Internet ein vorerst letztes Mal voll sein mit Breaking News über Transferpakete, Leihgeschäfte mit Kaufoption und leistungsbezogene Verträge ohne Ausstiegsklausel. "Deadline Day" nennt das der Sender Sky. Am Ende wird wohl sogar der Brasilianer Neymar endlich von Paris Saint-Germain zum FC Barcelona gewechselt sein, womöglich für ein Paket mit vielen Millionen Euro und den Spielern Ivan Rakitic und Ousmane Dembélé. Vielleicht legt Barça auch noch 17 katalanische Esel drauf.

MeinungTransfermarkt
:Die Grenzen des hemmungslosen Geldausgebens

Selbst die größten Klubs geraten in Turbulenzen, wenn ein teurer Transfer schiefgeht. Doch die Exzesse lassen womöglich nach - der Coutinho-Deal lässt sich als Beleg dafür deuten.

Kommentar von Philipp Selldorf

Nun ist es nichts Neues, dass der Fußball-Transfermarkt ein kapitalistischer Zirkus ist. Es ist aber in diesem Sommer in der Bundesliga besonders anschaulich zu sehen, dass es dem Sport zum Nachteil gereicht, wie lange dieser Zirkus durchs Land zieht, während längst Fußball gespielt wird. Beispiel Bremen: Dort kam nun zur Leihe aus Gladbach Michael Lang für die Abwehrreihe - also jenen Mannschaftsteil, der das Einspielen in der Vorbereitung eigentlich am nötigsten hat. Ein weiterer neuer Verteidiger soll folgen.

Frankreich und Spanien sind gegen einen gemeinsamen Transferschluss

Beispiel Augsburg: Dort kamen vor dem 1:1 gegen Union Berlin die beiden neuen Verteidiger Stephan Lichtsteiner und Tin Jedvaj, was zwischenzeitlich zu Missverständnissen führte, die man zu einem Pannen-Stummfilm hätte zusammenschneiden können. Trainer Martin Schmidt erklärte, die Mannschaft brauche Eingewöhnungszeit. Top-Spieler seien für kleinere Vereine nun mal nicht im Juni zu bekommen, wenn das Gedränge auf dem Transfermarkt groß ist. In dieser Woche kam dann noch Verteidiger Felix Uduokhai aus Wolfsburg hinzu. Das Spiel in Bremen wird zum großen Kennenlernen unter Wettkampfbedingungen.

Die Premier League, die dank ihrer TV-Verträge reichste Liga der Welt, beschloss 2017 ein früheres Ende ihrer Transferphase: Nach dem ersten Spieltag dürfen die Klubs in England keine Spieler mehr verpflichten. Es ergibt sportlich Sinn, dass Mannschaften zum Auftakt fertig zusammengestellt und möglichst eingespielt sind. Es ist zudem für die Zuschauer attraktiv und nachvollziehbar. Dass sich andere Ligen dem englischen Modell anschließen, ist im Rest Europas deshalb ein oft geäußerter Wunsch. Doch eine Einigung bleibt wohl ein Wunschtraum.

Frankreich und Spanien seien gegen einen gemeinsamen Transferschluss, sagte Gladbachs Sportdirektor Max Eberl dem kicker. Eine Verkürzung der Bundesliga-Wechselzeit ohne Abstimmung mit den anderen Top-Ligen wäre ein zu großes Risiko; Spieler könnten gehen, aber keine neuen kommen. So mancher Bundesliga-Manager sieht es auch eher als Vorteil an, wenigstens ein paar Wochen ohne die bedrohliche Finanzkraft englischer Klubs mit möglichen Zugängen verhandeln zu können. Und so wird die längst manifestierte Ungleichheit im europäischen Vereinsfußball eben sichtbar, wenn Bremen gegen Augsburg spielt. Immerhin: In Portugal ist sogar erst am 22. September "Deadline Day".

© SZ vom 31.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Kai Havertz und der FC Bayern
:Das große Wettbieten beginnt jetzt

Leverkusen findet sich damit ab, dass Kai Havertz den Verein nach der Saison für mindestens 100 Millionen Euro verlassen wird. Europas Klubs stehen Schlange - und Bayern ist im Vorteil.

Von Philipp Selldorf

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: