Fußball:Schalkes ehemaliger Clubarzt fordert Umdenken der Clubs

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Gelsenkirchen (dpa) - Der ehemalige Mannschaftsarzt des FC Schalke, Thorsten Rarreck, hat vor den Folgen der extremen Belastung im Profifußball gewarnt.

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Gelsenkirchen (dpa) - Der ehemalige Mannschaftsarzt des FC Schalke, Thorsten Rarreck, hat vor den Folgen der extremen Belastung im Profifußball gewarnt.

„Der Aufsichtsrat drückt auf den Sportvorstand, der drückt auf den Trainer und der auf die medizinische Abteilung. Das ist bei jedem Verein so - es sei denn, man hat keine Verletzungen. Aber das ist ja bei keinem Verein mehr der Fall“, sagte der Orthopäde in einem Interview auf „derwesten.de“.

Rarreck, der den zurückgetretenen Bayern-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt als einen seiner „medizinischen Ziehväter“ bezeichnete, schilderte die aus seiner Sicht fatale Handlungskette. „Die Belastung des Fußballs ist an eine Grenze gekommen“, sagte er. So habe die Anzahl der Spiele zugenommen. „Spitzenspieler machen zehn bis 15 Spiele mehr in der Saison als früher.“

Der 51-Jährige, der bis Oktober 2014 Schalker Clubarzt war, warnt zudem vor den Gefahren von schmerzstillenden Spritzen, aber auch vor den Folgen der Selbstmedikation von Spielern. Es würden auch Schmerzmittel ohne Kenntnis der Ärzte eingenommen. Der Sportmediziner fordert mehr Aufklärung. „Denn diese Mittel können, wenn man sie auf Dauer einnimmt, Magengeschwüre oder Herzrhythmusstörungen auslösen. Untersuchungen haben ergeben, dass über 30 Prozent aller Spieler sich mit diesen Mitteln quasi einsatzbereit halten.“

Vor allem bei Clubs mit internationaler Verpflichtungen sei die Zahl der Verletzten „in diesem Jahr unfassbar“. Mit der Zahl der Ausfälle und dem Misserfolg steige der Druck auf medizinische Abteilungen. „Solange der Verein den erwarteten Tabellenplatz belegt, spielen die Verletzungspausen keine größere Rolle. Unter Druck stehen Arzt und Physiotherapeuten aber dann, wenn es sportlich nicht läuft und bestimmte Schlüsselspieler ausfallen“, sagte Rarreck.

Den Rücktritt von Müller-Wohlfahrt kann er nachvollziehen: „Er hat seinen individuellen Stil, die Sportmedizin hat ihm extrem viel zu verdanken. Wenn man sich mit dieser immensen Erfahrung solche Vorwürfe, ausgesprochen oder nicht ausgesprochen, gefallen lassen muss, dann ist das seiner Person unwürdig.“ Bereits vor einem halben Jahr habe er mit seinem Kollegen darüber gesprochen: „Schon damals habe ich ihm gesagt, dass ich absolutes Verständnis für ihn hätte, wenn er sofort die Brocken hinschmeißen würde.“

Müller-Wohlfahrt und sein Stab hatten am vorigen Donnerstag bekanntgegeben, ihre Tätigkeit für den Rekordmeister niederzulegen. Der Mediziner sagte mit Blick auf das 1:3 im Viertelfinal-Hinspiel beim FC Porto, dass nach der Partie „aus uns unerklärlichen Gründen die medizinische Abteilung für die Niederlage hauptverantwortlich gemacht“ worden sei. Dadurch sehe man das notwendige Vertrauensverhältnis nachhaltig beschädigt.

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