Fußball: 1860 München:Gesucht: 5,3 Millionen Euro

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"Die Stimmung ist im Keller": Weil der finanziell klamme TSV 1860 einen Liquiditätsnachweis in Millionenhöhe benötigt, kommt wohl ein umstrittener Investor ins Spiel. Die Krisensymptome werden immer deutlicher.

G. Kleffman und M. Schäflein

Niemand will seinen Namen in der Zeitung lesen, die Lage für die Angestellten sei zu ernst. "Die Stimmung ist im Keller", sagt jemand. Eine andere Person klagt, "dass ich seit Wochen nicht schlafen kann", "jeder hat Angst hier". Hier, das ist 1860 München. Neu ist es nicht, dass der Fußball-Zweitligist seit Jahren finanziell nicht gut dasteht. Neu ist aber, wie sehr sich die Lage jetzt zugespitzt hat.

Geprasst statt gespart? 1860-Sportchef Miroslav Stevic hat den offenbar zu teuren Kader der "Löwen" zu verantworten. (Foto: ag.dpa)

Krisensymptome wie zurzeit gab es in den vergangenen Jahren jedenfalls nie. Und diese Jahre boten wahrlich viel Negatives. Der Teammanager und Pressesprecher der Mannschaft, Robert Hettich, hat gerade mündlich die Kündigung erhalten. Weitere betriebsbedingte Entlassungen drohen.

Der neue Geschäftsführer Robert Schäfer hat dies "explizit nicht ausgeschlossen". Die rund 40 Mitarbeiter sowie die meisten Profis stimmten bereits einem zehnprozentigen Gehaltsverzicht zu. Im Winter stehen diverse Spieler zum Verkauf. Für die Sechziger hat ein Rennen gegen die Zeit begonnen.

An der kurzen Leine geführt

Denn sie müssen nach SZ-Informationen bald schon den Nachweis über 5,3 Millionen Euro erbringen: Spätestens am 14. Januar 2011 müssen sie bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) Auflagen erfüllt haben. "Es geht bei diesem Termin darum, für den Rest der Saison Liquidität nachzuweisen", gab der neue Vizepräsident Dieter Schneider am Sonntag nach dem 1:1 beim FC Ingolstadt zu. "Wir machen unsere Hausaufgaben, aber diese reichen nicht aus. Deswegen muss man Liquidität über Banken oder Investoren schaffen."

1860 wird von der DFL an der kurzen Leine geführt, weil der Klub beim Lizenzierungsverfahren für diese Saison "unzureichende Informationen" angegeben hatte. So lautete die Begründung Mitte Oktober, als der Klub einen Zwei-Punkte-Abzug kassierte. Unter anderem hatte 1860 hohe Transfererlöse und Einnahmen aus einer herausgegebenen Fan-Anleihe angegeben, die bei weitem nicht erzielt wurden.

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Ende Oktober war der Klub dann nur knapp der Insolvenz entgangen, auch, weil 1860-Funktionäre privates Geld bereitstellten; allein Vizepräsident Schneider, ein erfolgreicher Unternehmer aus der Nähe von Dachau, soll einen sechsstelligen Betrag beigesteuert haben.

Wie es überhaupt so weit kommen konnte? Vize Schneider - wie Schäfer zu kurz im Amt, um mit der Schuldfrage belastet zu werden - sagte: "Wir haben gerade zwei Wochen gebraucht, um die Dinge zu durchschauen. Das hätte jeder andere zuvor schon machen können." Sein Vorwurf richtet sich demnach an die 1860-Führungen der vergangenen Jahre, die offenbar Kosten verschleppt, nicht gespart und generell Missmanagement betrieben haben. "Mit jedem Monat und jedem Jahr ist es immer schlimmer geworden", sagte Schneider.

Auch in jüngerer Vergangenheit wurde offenbar geprasst statt gespart. Der aktuelle Kader, den Sportchef Miroslav Stevic verantwortet, kostet 3,5 Millionen Euro mehr als der von 2007 - das hatte Schneider nach seinem ersten Blick in die Bücher festgestellt. Von dem Liquiditätsnachweis sei er indes keineswegs überrascht, versicherte Schneider: "Das ist nichts, was uns erst seit gestern bekannt geworden ist." Die fehlende Summe von 5,3 Millionen Euro dementierte er nicht.

Die Frage ist nun, wie 1860 schnell an Geld kommt. Wahrscheinlich ist, dass der Immobilienhändler und Spielerberater Nicolai Schwarzer, der bereits eine Millionen-Summe bei 1860 und der 1860-Tochterfirma LSV investierte, Anteile erwirbt. Pikant: Anfang 2009 hatte Schwarzers Einstieg die DFL auf den Plan gerufen, weil er offenbar Mitspracherechte einforderte. Er dürfte seine Forderung bald erneuern.

© SZ vom 13.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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