Fußball:Maradonas bizarre Auftritte: Pöbeleien und Stinkefinger

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Rio de Janeiro (dpa) - Diego Maradona kennt kein Pardon. Der 53-Jährige pöbelt bei dieser WM gegen Pelé, stänkert gegen Franz Beckenbauer und kritisiert sogar die argentinische Mannschaft für ihren Spielstil. Nur Lionel Messi kritisiert er nicht. Im Gegenteil.

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Rio de Janeiro (dpa) - Diego Maradona kennt kein Pardon. Der 53-Jährige pöbelt bei dieser WM gegen Pelé, stänkert gegen Franz Beckenbauer und kritisiert sogar die argentinische Mannschaft für ihren Spielstil. Nur Lionel Messi kritisiert er nicht. Im Gegenteil.

Den Weltstar des FC Barcelona nimmt er sogar in Schutz: „Der Junge ist ziemlich allein. Wenn ihm mal nichts gelingt, sollten wir ihn nicht für die argentinische Katastrophe verantwortlich machen.“

Maradonas WM-Auftritte waren bisher bizarr. Seine Kommentare über das Fußball-Spektakel am Zuckerhut waren für den venezolanischen TV-Sender „Telesur“ zweifellos ein PR-Coup, sein Ruhm aber könnte weiter leiden. Viel mehr als ein Stinkefinger vor laufender Kamera und jede Menge Beleidigungen bleiben als WM-Erinnerung kaum übrig.

Mit scharfen Worten nutzte er die TV-Bühne auch zur Abrechnung mit alten Weggefährten. Sichtlich aufgebracht über einen boshaften Vorwurf von Verbandschef Julio Grondona zeigte der ehemalige Weltstar in seiner Sendung „De Zurda“ (Mit links) dem 83 Jahre alten Spitzenfunktionär vor laufender Kamera den Stinkefinger und nannte ihn einen „armen Dummkopf“.

Noch drastischer fielen seine Worte Richtung Pelé und Beckenbauer aus. Dass die beiden sich nicht gegen die drakonische Strafe von neun Spielen und vier Monaten für Uruguays Beißer Luis Suárez aussprachen, erzürnte Maradona ganz besonders: „Diese beiden kommen aus dem Museum, um zu sprechen, und sagen dumme Dinge, weil sie zwei Idioten sind.“

Ansonsten analysierte der Weltmeister von 1986 in der Sendung auch die Auftritte seiner potenziellen Nachfolger und scheute sich dabei nicht vor klaren Aussagen. Zu Beginn der K.o.-Phase wetterte er im Studio, er fühle „Bitterkeit“ und „Wut“. Die Spieler hätten nicht begriffen, um was es gehe. In dieser Woche monierte Maradona erneut, die Mannschaft habe „keinen Rhythmuswechsel und keine Bewegung im Angriff“. Dabei hatte Maradona als Coach der argentinischen Nationalmannschaft bei der WM 2010 in Südafrika die meisten Leistungsträger der heutigen Auswahl selbst trainiert. „Jeder kann seine Meinung haben“, sagte Ángel di María mit größtmöglicher Gelassenheit auf die aktuelle Kritik.

Nach dem kläglichen Viertelfinal-Aus 2010 durch das 0:4 gegen Deutschland hatte sich Maradona selbst heftige Medienschelte wegen taktischer Schwächen anhören müssen. Wenig später war seine Zeit als Nationalcoach schon wieder vorbei - nicht mal zwei Jahre schaffte er. 2011 bekam er einen Job beim Club Al-Wasl in Dubai. „Maradona gilt als eines der Weltwunder, ich sehe ihn als das achte Wunder“, schwärmte damals ein Vereins-Funktionär. Zwei Jahre sollte Maradona eigentlich bleiben. 13 Monate wurden es. Die Trennung vom „Weltwunder“ gab Al-Wasl per Twitter bekannt.

„Skandale, Streit mit den Fans, aber keinen Titel“, resümierte damals eine argentinische Zeitung. Danach arbeitete die Ikone noch ein paar Spiele als Mentaltrainer für den fünftklassigen argentinischen Club Deportivo Riestra. Zu Jahresbeginn dementierte der mittlerweile körperlich wieder deutlich fitter wirkende Maradona Gerüchte, nach denen er für den Verein möglicherweise noch mal ein Comeback mit 53 geben könnte. Seine Welt ist mittlerweile eine andere.

Trotz seiner zahlreichen Skandale haben Maradonas Worte in der Heimat noch immer sehr viel Gewicht. Schließlich hatte er Argentinien beim WM-Triumph 1986 nach einem Elfmeter-Tor in der Vorrunde mit vier Treffern in der K.o.-Phase fast im Alleingang ins Finale geschossen. Sein Möchtegern-Erbe Messi wartet in Brasilien dagegen seit den vier Toren in der Gruppenphase auf seinen fünften WM-Treffer.

Einen besseren und symbolhafteren Zeitpunkt, als mit einem Tor im Endspiel am Sonntag gegen Deutschland endgültig aus Maradonas Schatten zu treten, gibt es nicht. Maradona würde es Messi gönnen. Nur im Stadion wird er am Sonntag nicht sitzen. Er würde der Mannschaft Pech bringen, erklärte Verbandschef Grondona.

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